Seit April 2016 habe ich mich darauf gefreut, und gestern war es endlich soweit: das Jubiläumskonzert “40 Jahre Spider Murphy Gang” in der Olympiahalle in München.
Und was für eine phantastische Veranstaltung es geworden ist. Eine Mischung aus den klassischen Spider-Hits, einem kleinen Akustik-Einschub mit zwei Stücken aus dem zu Recht vergessenen vorletzten Album “Keine Lust auf schlechte Zeiten” neben der bekannten Unplugged-Neuinterpretation von Chuck Berrys “Johnny B. Goode”, großartigen Gästen und einer grandiosen Stimmung. Die Halle war ausverkauft, also über 10000 Fans waren mit am Start. Heute wird sich das Spektakel vermutlich wiederholen – zweimal Olympiahalle ausverkauft, Respekt.
Wie von diversen Jubiläumskonzerten bekannt, trat die Gang mit Unterstützung an. Wolfgang Götz, Dieter Radig und die dreiköpfige Bläserformation rund um Otto Staniloi machen den Sound runder und voller – “volle Kapelle” eben. Otto überraschte nebenbei mit einer gewagten neuen Haartracht.
Eine interessante Frage bei den Konzerten ist immer: was wird der Opener? In den klassischen Feuerwehrzeltkonzerten ist das oft “So a Nacht” oder “Mir san a bayrische Band”. Diesmal gingen die Vermutungen von “Rock’n’Roll Schuah” über “Viva la Rock’n’Roll” bis zu “Überdosis Rock’n’Roll”. Mit letzterem leiteten die Spiders dann tatsächlich das Konzert ein, und es wurde sofort klar: auch im gesetzten Alter ist der Sound immer noch “Original”. Und bezüglich Bühnenshow von den Lichteffekten bis zu den Videoleinwänden kann man fast schon von “opulent” reden.
Eine Auswahl der gespielten Lieder (irgendeines habe ich vermutlich vergessen…):
- Überdosis Rock’n’Roll
- Rock’n’Roll Schuah
- Vis-a-vis
- So a Nacht
- Sommer in der Stadt
- Ich grüße alle und den Rest der Welt
- Mit’m Frosch im Hois und Schwammerl in de Knia
- Schickeria
- Akustisch: Unter’m Kastanienbaum
- Akustisch: Renate
- Pfüati Gott, Elisabeth
- Wer wird denn woana
- Cadillac (mit Willy Ray Ingram an der Mundharmonika)
- Sch-bum (a-capella mit “Viva Voce”)
- Ich schau’ Dich an
- Skandal im Sperrbezirk
- Achterbahn (mit Willy Ray Ingram am Sax)
- Herzklopfen
- Mir san a bayrische Band
Erster Gast war Claudia Koreck, die zwei ihrer Songs zusammen mit den Spiders spielte. Nicht mein Geschmack. Die “kölsche Jungs” von Brings waren am Start mit dem unvermeidlichen Klassiker “Superjeilezick” sowie “Kölsche Jung” – das ging stimmungsmäßig gut ab, aber man konnte jetzt nicht sagen, dass die Halle besonders textsicher war. Willy Astor brachte sein “Senioren-Medley” zu Gehör, mit zwei speziellen Varianten von Schickeria (“Schick’ a Rührei”) und Skandal im Sperrbezirk (“Sandal’n von Rosie”) eingeflochten – wie immer zum Totlachen. Danach gab’s akustisch zusammen mit Günther und Barny den Curry-Landler. Mindestens so gut wie beim 30er. Oder war’s das 25er?
Mit der A-capella-Formation “Viva Voce” sang Günther “Sch-bum” aka “S’Lebn is wiar a Traum”. Schön, und mal was anderes – beinahe ein Kontrapunkt zum Rest des Konzertes.
Bei zwei Liedern wurde die Gang vom früheren Bandmitglied Willy Ray Ingram unterstützt.
Mit “Ich schau’ Dich an” wurde quasi der “NDW-Block” eingeleitet. Mit Stefan Zauner von der Münchner Freiheit wurde “Ohne Dich schlaf’ ich heut’ Nacht nicht ein” intoniert. Mit Friedel Geratsch von Geier Sturzflug natürlich “Bruttosozialprodukt”, und als krönender Höhepunkt sang Peter Schilling den “Major Tom”. Höhepunkt? Der kam dann mit Skandal im Sperrbezirk als Abschluss des NDW-Blocks vor den Zugaben. Wieder einmal verwunderlich, wie textsicher man das alte NDW-Zeugs mitsingen kann, einfach so “aus dem Rückenmark”. Tja, damals hatte man noch Gehirnkapazität um sich die Texte problemlos zu merken…
Für Detailverliebte: der Text von “Bruttosozialprodukt” wurde in der Urform dargebracht – also “amputiert” statt “operiert”, und die Müllabfuhr holt sich einen runter anstatt den ganzen Plunder zu holen. Und Günther Sigl hat bei der Vorstellung von Willie Duncan doch tatsächlich den Schotten-Gag versaut.
Nach gut dreieinhalb Stunden (wie bei Altrockern gängig, gab es eine knappe halbe Stunde Pause zwischendrin) das große Finale mit “Mir san a bayrische Band” als letzte Zugabe – damit dieser Fakt auf keinen Fall in Vergessenheit gerät. Ein würdiger Abschluss. Die Legende lebt. Günther Sigl wirkt mit seinen mittlerweile 70 Jahren jedenfalls noch sehr frisch, und die Gang macht den Eindruck als hätten sie weiter einen Heidenspaß dem Publikum ihre Hits vorzuspielen.
Blieben Wünsche offen? Natürlich gibt es Lieder, die ich wirklich gerne mal wieder live erlebt hätte. Überraschend fand ich die Abwesenheit von “Rock’n’Roll Rendezvous” und “Wo bist Du”, die ja nun beide zu den absoluten Konzertklassikern gehören. Persönlich würde ich gerne mal wieder “FFB”, “De nächsten hundert Johr” und “Zwoa Zigaretten” hören, auch das Zeremoniell mit dem Publikumschor bei “Autostop” fehlt mir etwas.
Nebenbei: sogar SPIEGEL Online hatte Notiz vom 40jährigen Jubiläum genommen.
Wer das Konzert nicht live erlebt hat, kann sich schon mal auf Silvester, 20.15h freuen: dort gibt es die Konserve auf ServusTV. Eine Schande für den BR, dass da die Österreicher einspringen müssen.