Es ist noch nicht allzu lange her, als ich irgendwo in den Weiten des Free-TVs (RTL 2 vielleicht?) ein paar Stunden Musikdoku über bekannte und weniger bekannte Cover-Versionen gesehen habe. Unter anderem mit Kommentaren des von mir sehr geschätzten Markus Kavka. Und des von mir weniger geschätzten Nils Bokelberg – der sich meiner Abneigung seit Viva-Zeiten sicher sein kann – der aber in diesem einen speziellen Fall durchaus erkenntnisgewinnbringend kommentierte, wie ich ehrlicherweise sagen muss.

Nun gibt es ja unterschiedliche Herangehensweisen und Varianten, wenn ein Künstler sich dazu entscheidet, einen meist schon gut abgehangenen Song zu covern. Manchmal nimmt man einen Top-Hit, ändert möglichst wenig, und hofft auf die eigene Bekanntheit, um das zum Hit zu machen. Ich denke da an “Father And Son” von Cat Stevens und die spätere Version von Ronan Keating. Oder “Freedom” von George Michael, später neu interpretiert von Robbie Williams. Oder im deutschen Sprachraum “Junimond” von Rio Reiser bzw. als Cover von Echt. Ein wirklich guter Song überlebt eben jeden Interpreten.

Auch gerne genommen: Top-Hit ist schon älter, d.h. die junge Generation kennt den Song nur in Ausnahmefällen. Und dann wird am Cover kräftig soundtechnisch geschraubt und wirklich eine neue Version draus gemacht. Da kommt mir “Sound Of Silence” in den Sinn (Simon & Garfunkel vs. Disturbed).

Dann gibt es die Variante, einen eher unbekannten Song zu nehmen und daraus einen Hit zu machen. Ich denke da an Natalie Imbruglia mit “Torn” (da darf jeder gerne recherchieren, wo da die Originalversion herkommt, das ist eher überraschend). Oder vielleicht sogar an “Flugzeuge im Bauch”, das im Grönemeyer-Original ja eher weniger erfolgreich war, und dann durch eine…interessante Version von Oli P. zum absoluten Top-Hit wurde – inklusive weitgehenden Abwandlungen und eigentlich eines ganzen Genrewechsels.

Und Genrewechsel führen da durchaus manchmal zu interessanten Neuauflagen. Zwei Beispiele, die ich im Ohr habe: “Irgendwie, Irgendwo, Irgendwann” – das ist von Nena schon ziemlich anders als das Cover von den Absolute Beginners mit der sehr…speziellen? charakteristischen? Stimme von Jan Delay. Oder wie wäre es mit “Ding” – Seeed vs. Feuerschwanz. Letztere Band hat übrigens auch sehr besondere Cover-Versionen einer Manowar-Hymne und eines Abba-Klassikers anzubieten.

Nun habe ich durch eine Reihe komischer Zufälle und dank der ein einziges Mal funktionierenden AI von YouTube die Band Fleesh gefunden. YouTube-Kanal hier für die volle Dröhnung. Genauer gesagt gelang der Einstieg über einen meiner All-Time-Favourites, Sugar Mice von Marillion aus der guten alten Fish-Zeit. Hier die Fleesh-Version auf YouTube. Es passiert mir sehr selten, dass ich mich kaum entscheiden kann, ob ich bei einem Lieblingssong die Cover-Version nicht vielleicht sogar ein wenig besser finde. Und weil sich das so gut anließ, habe ich mir gleich das nächste Marillion-Cover reingezogen: Script For A Jester’s Tear. Verdammt noch mal großartig. Und es gibt ein komplettes Marillion-Tribute-Album von Fleesh. Aber bevor ich dazu kam, bin ich stattdessen auf drei Pink Floyd-Coverversionen gestoßen: Comfortably Numb, On The Turning Away, High Hopes. Oder wie wäre es mit einer der besten Balladen der Scorpions namens “Send Me An Angel”?

Sechs absolute Volltreffer. Die Stimme passt sensationell zu diesen Songs – was angesichts der Originalsänger doch einigermaßen erstaunlich ist (und wer jetzt denkt, Fleesh könnten keine Cover-Versionen von Songs mit Sängerinnen machen, wird durch ein Nightwish-Cover eindrucksvoll widerlegt). Und musikalisch sind die Cover-Versionen extrem nah am Original – weil was könnte man bei solchen Klassikern der Rock-Geschichte schon verbessern? Eben.

Jetzt unterstütze ich Fleesh auf Patreon. Da scheint sich ein Muster abzuzeichnen.