Von höchst Erfreulichem soll hier die Rede sein. Seit Mitte 2022 verfolge ich nun das rege Treiben der wunderbaren Sängerin (und Songwriterin und Entertainerin) Charlotte Wessels. Wegen Ihr (bzw. Ihrer Konzerte) bin ich drei Mal in die Niederlande gefahren, habe interessante und liebenswerte Menschen kennengelernt, und habe in der Nach-Corona-Zeit wieder Spaß an Rock-Konzert-Besuchen gefunden.

Charlotte hat den Januar 2024 zum “Patreon Relaunch Month” ausgerufen und ihrer Patreon-Präsenz eine Frischzellenkur verpasst. Wer die Historie nicht kennt: anno 2020 am 13. Mai ins Leben gerufen, sollte das eine Art “Nebenprojekt” sein, mit der Idee, den ganzen Haufen Songs, den Songwriter so produzieren, jeden Monat einem würdigen Release für die zahlende Kundschaft (aka “Patrons”) zuzuführen. Dann war klar: Corona dauert länger, und schließlich hat sich dann auch noch Delain Anfang 2021 getrennt/aufgelöst/neu formiert (je nachdem welchem Narrativ man folgen will). Damit änderte sich der Zweck der Patreon-Präsenz natürlich grundlegend: von einem lustigen kleinen Nebenprojekt zum Hauptbroterwerb einer jetzt auf Solo-Pfaden wandelnden Künstlerin. Aber eines blieb konstant: der Output von einem neuen Song pro Monat (inzwischen 46 an der Zahl – Stand 13. Januar 2024). Sogar noch mit ein paar Bonussongs zwischendrin. Zwei Alben wurden released, dann der erste unvergessliche Live-Auftritt im Oktober 2022 in Utrecht, gefolgt von vier Konzerten im Rahmen der “Dutch Clubtour”.

Und jetzt die Arbeiten zusammen mit der Band (noch namenlos – man arbeitet dran) am neuen Album. Im Gegensatz zu den beiden “Tales From Six Feet Under”-Alben zuvor, die in weitgehender Isolation (nämlich in eben jenem heimischen “Six Feet Under Studio”) mit Cubase und allerlei Plugins entstanden sind und mehr Compilations gleichen (nämlich die Sammlung der Patreon Songs Of The Month), soll es jetzt die eher klassische Herangehensweise sein: Songs aus einem Guss, viel Arbeit an ausgefeilten Arrangements, echte Musiker im Studio, die alle ihren Input liefern. Alles in allem ein neues Kapitel in der Solokarriere der Charlotte Wessels. Wenn das kein Grund ist, den Stand der Dinge mal anzuschauen. Zu “reviewen” wie es heutzutage so schön heißt. Und so durften wir Patrons einen ausgefuchsten Fragebogen beantworten und unseren Input liefern: warum wir welchen Unterstützerlevel gewählt haben, was coole neue Benefits wären, welche Benefits wir bisher toll fanden und welche eher verzichtbar sind.

Das alles mündete dann Anfang Januar 2024 im “Relaunch”. Und was soll ich sagen: ich empfinde die überarbeitete Version als vollen Erfolg. Bewährtes beibehalten, Neues einführen. Mit Bedacht, aber auch mit Mut. Mit der Möglichkeit, nun jährlich im Voraus die Mitgliedschaft zu zahlen, im Austausch für 10% Rabatt und dem Extra-Bonus, das neue Album frisch zum Release kostenlos dazuzubekommen. Aber lest selbst. Besonders der rege Informationsfluss zum neuen Album, von der Live-Reportage aus dem Studio bis zu Details der Song-Produktion erfreut mich sehr.

Also: jetzt Patron werden. Geht auch im neuen “Free Tier”, wo man per Patreon-Blog-Posts auf dem Laufenden gehalten wird, aber natürlich nicht Zugriff auf die exklusiven Inhalte bekommt. Aber schon für 3€ pro Monat (zzgl. MwSt. natürlich) gibt es Zugriff auf den “Song Of The Month” – und alle bisher releasten Songs ebenfalls. Wenn jemals “Value For Money” das passende Schlagwort war – hier trifft es absolut zu. Wer noch nicht überzeugt ist: gerade wurde zum “Relaunch Month” das großartige Duett mit Alissa White-Gluz namens Fool’s Parade für alle veröffentlicht, ein “Song Of The Month” von Oktober 2022.

Genug geschwärmt. Den Blog-Post-Titel könnte man als Zitat des Untertitels des zweiten, eher unerfreulichen Teil der Matrix-Filmreihe verstehen. Aber das, was Charlotte hier macht, passt eigentlich eher zum dritten Teil. Eine – zumindest kleine – Revolution. Oder besser: A Soft Revolution (trotz monatlich größer werdender Konkurrenz immer noch mein Lieblingssong).

Die Vorgeschichte dieses Konzertbesuchs im Colos-Saal zu Aschaffenburg beginnt im April diesen Jahres. Ich weilte in den Niederlanden zwecks eines großartigen Konzertereignisses im weltweit bekannten Musik-Hotspot De Bosuil in Weert, Provinz Limburg. Support-Act aka “Special Guest” bei der wunderbaren Charlotte Wessels war die niederländische Combo Blackbriar mit der ebenso wunderbaren Zora Cock als Sängerin. Und was die da performt haben, fand ich schon ziemlich gut. Als dann eine Double-Headliner-Tour zusammen mit Ad Infinitum (da kannte ich zu diesem Zeitpunkt nur die Sängerin Melissa Bonny, allerdings nur in ihrer Funktion als Sängerin von The Dark Side Of The Moon mit dem May-It-Be-Duett zusammen mit Charlotte Wessels (ja, ein Enya-Cover), und auch aus einem sehr sehens- und hörenswerten Gastauftritt beim Song und Video von “Ding” in der Coverversion von Feuerschwanz) angekündigt wurde, war Aschaffenburg terminlich und räumlich die Konzertlocation der Wahl.

Wie sich dann herausstellte, kam auch noch Phantom Elite als Support-Act dazu. Eine eher unbekannte niederländisch-brasilianische Metal-Band, die konsequenterweise auch nur bei der niederländischen Wikipedia einen Eintrag hat. Also eine mir bekannte und zwei mir unbekannte Bands mit dem einigenden Attribut “Heavy Metal”. Ob das gutgeht? Zudem mein erstes Konzert, bei dem ich von keinem der Beteiligten einen Tonträger zu Hause habe. Was kann schon schiefgehen.

Zuerst also Phantom Elite. Ich bin kein Experte bei den zig Metal-Stilrichtungen von Symphonic Metal über Metalcore bis Progressive Metal, die angeblich oder tatsächlich bei Phantom Elite zusammengebraut werden. Ich kann nur sagen: das fetzt, das rockt, das bangt. Die Sängerin Marina La Torraca ist eine Naturgewalt, sowohl was das gesangliche Vermögen als auch die Bühnenpräsenz angeht. Dazu ein alter Bekannter auf der Bühne: Siebe Sol Sijpkens, im Hauptberuf Bassist bei Blackbriar und damit an diesem Abend gleich doppelt im Einsatz, mischt auch bei Phantom Elite mit. Seine Hyperaktivität auf der Bühne macht einfach Spaß beim Zuschauen. Strich drunter: eine großartige Stunde Musik. Bin jetzt Fan.

Als Nächstes: Blackbriar. Mit einem ähnlichen Set am Start wie damals bei Charlotte, bin ich erneut begeistert. Zoras Gesang ist etwas ganz Besonderes, zwischen zerbrechlich und ver- und bezaubernd, die Songs mit wunderschöner Melodieführung, dazu die zwei Jungs an der Stromgitarre und Siebe am Bass noch dazu – großes Kino. Ist es jetzt Goth Metal oder Symphonic Metal oder Alternative Metal? Wurscht. Es ist einfach großartig. War, bin und bleibe Fan.

Kommen wir zu Ad Infinitum. Melissa Bonny war gesundheitlich leicht angeschlagen – dass man das aber nur bei den Ansagen zwischendurch gemerkt hat und nicht bei der Performance der Songs, spricht für ihre unglaubliche Professionalität. Und was diese Frau auf der Bühne abzieht und zudem souverän zwischen Clean und Harsh Vocals hin- und herwechselt – erneut: ganz großes Kino. Bin jetzt Fan.

Damit bleibt nach etwa vier Stunden die Erkenntnis des Abends: wieder sind aller guten Dinge drei. In diesem Falle alle drei. Und nach meinem Empfinden ging es dem Rest des Publikums im pickepackevollen Saal genauso.

Und was ist mit Kritik? Nur (Neu-)Fanboy-Geschreibsel hier? Aber nein. Denn leider leider hat ein sehr tauber Toningenieur am Mischpult den Konzertgenuss doch etwas getrübt. Zu viel Bass, zu viel Drums, zu wenig Gesang. Shame on you, Mister Sound Engineer. Denn während meistens mehr tatsächlich mehr ist, wäre in diesem Falle weniger mehr gewesen.

Schrieb ich oben was über die völlige Abwesenheit physischer Tonträger dieser Bands in meinem Besitz? Beim nächsten Konzert, und zwar egal von welcher dieser drei Bands, werde ich das nicht mehr schreiben können.

Für die Zwecke einer schönen Alliteration wäre es besser gewesen, den Titel “Müde Männer machen Musik” zu wählen, aber nichts könnte weiter von meinem Eindruck vom letzten Sonntag entfernt sein. Vielleicht “Muntere Männer machen Musik”? Warum nicht gleich “Musik macht müde Manner munter”? Naja – wir sind doch hier nicht bei Axel Frischmilch.

Scherz beiseite. Tatort war die Liederhalle in Stuttgart, der “wunderbar geschmückte Hegel-Saal” (Zitat Günther Sigl). Obwohl Ankündigung und Ticket eher auf “Double Headliner” schließen ließ, war die Aufteilung der Auftrittsdauer ganz in meinem Sinne: etwa 1h machte die Münchener Freiheit den Anheizer, nach etwa 20min Umbaupause kam dann die Spider Murphy Gang mit ihrem vollen Set von über zwei Stunden zum Einsatz.

Die Jungs von Grachmusikoff traten zuletzt unter dem selbstironischen Motto “Too old to die young” auf, und besonders bei den Spiders mit den zwei Gründungsmitgliedern Günther Sigl und Barney Murphy (aka Gerhard Gmell – Randnotiz: Wikipedia, IMDB, Spider-Homepage, seine eigene Homepage und der Rest der Welt scheinen sich uneinig, ob er nun “Barny” oder “Barney” heißt…die Wikipedia verwendet konsequenterweise beide Schreibweisen, um die Verwirrung noch zu steigern) – seit 1977 zusammen auf Tour in Sachen Rock’n’Roll – trifft dieses sicherlich voll zu. Bei der Münchener Freiheit, gegründet 1980, ist immerhin noch Gitarrist Aron Strobel, der auch zusammen mit dem ehemaligen Sänger Stefan Zauner die bekannten Hits geschrieben hat, als Gründungsmitglied an Bord. Mit Jahrgang 1958 ist er aber über 10 Jahre jünger als “Bühnensenior” Günther Sigl.

Das eher honorige Ambiente der Stuttgarter Liederhalle – wie gesagt, der wunderbar geschmückte Hegel-Saal war Ort der Handlung – wo tendenziell eher klassische Konzerte und ab und an auch Konferenzen stattfinden war also durchaus angemessen für diese beiden Bands, die vor allem in den 80ern des vergangenen Jahrhunderts deutsche Musikgeschichte geschrieben haben. Auch schon wieder 40 Jahre her.

Natürlich war es unvermeidlich in den 80ern, die Lieder der Münchener Freiheit zu kennen. Kaum jemand aus meiner Generation hat nicht “Ohne Dich schlaf’ ich heut’ Nacht nicht ein” oder “Solang man Träume noch leben kann” gehört und gekannt. Zumindest den Refrain kann praktisch jeder mitsingen. Und ich durfte feststellen, dass mein 80er-Gedächtnis noch voll intakt ist und ich von den 13 gespielten Liedern die damals mir bekannten 10 weiterhin weitgehend textsicher mitsingen kann. Immer noch nicht voll mein Geschmack, weil etwas zu poppig und schlagerartig, aber man kann sich das sehr gut eine Stunde lang anhören ohne es zu hassen. Und das ist ja wirklich für einen “Support Act” schon eine herausragende Leistung. Mindestens der halbe Saal jedenfalls war ziemlich begeistert. Auch wenn ich zugeben muss, dass mich der Sänger (nicht mehr Gründungsmitglied Stefan Zauner, sondern seit 2012 Tim Wilhelm) nicht ganz abgeholt hat – die Stimmfarbe ist einfach anders und klingt für mich, der ich die Lieder nur im Original und aus der Konserve kenne, irgendwie “falsch”. Nicht schlecht, aber eben anders. Hier die Setlist zum Nachlesen.

Nebenbemerkung: keines der Gründungsmitglieder ist gebürtiger Münchener, im Gegenteil haben sich da drei waschechte Schwaben (zwei württembergische, ein bayerischer) in das Lineup gemischt. Der Name war und ist also nicht unbedingt Programm wenn man so will.

Sehr angenehm fand ich, dass die Lieder live einen deutlich rockigeren Eindruck machen als aus der Konserve, die ja doch eher poppig-flauschig-zuckersüß daher kommen. Die E-Gitarre von Aron Strobel ist im Mix sehr präsent und trägt zusammen mit dem Bass von Michael Kunzi den entscheidenden Teil dieser angenehmen Härte bei.

Kommen wir zu den Spiders. Günther war sehr gut aufgelegt und hatte einige erweiterte Ansagen in petto, zuzüglich der Klassiker vor “Mit’n Frosch im Hois und Schwammerl in de Knia” – von Menschen, die auch selbst “Hokuspokus” auswendig kennen, gerne mit einem überraschenden Auftauchen von “Immer auf die Kleinen” in der Setlist verwechselt – und natürlich die feinen Textanpassungen bei “Überdosis Rock’n’Roll” und “Wo bist Du?”, um das Kennerherz zu erfreuen (ich warte ja seit über 20 Jahren darauf, dass die “DDR” mal aus dem Text von “Ich grüße alle und den Rest der Welt” verschwindet). Und immer wieder der Hinweis auf den “wunderbar geschmückten Hegel-Saal”. Gefehlt hat eigentlich nur die Willie-Duncan-Geschichte vom einzigen Schotten weltweit, der bayrisch singt. Aber manchmal ist ja das Weglassen die große Kunst. Sehr gefreut hat mich der kurze Rückblick auf das 40jährigen Jubiläumskonzert, das mir noch in bester Erinnerung ist.

Die Setlist war dann eher Standard:

  • Überdosis Rock ‘n’ Roll
  • Rock ‘n’ Roll Schuah
  • Vis-a-vis
  • So a Nacht
  • Mit’n Frosch im Hois und Schwammerl in de Knia
  • Sommer in der Stadt
  • Ich grüße alle und den Rest der Welt
  • Pfüati Gott Elisabeth
  • Schickeria
  • Wer wird denn woana
  • Ich schau’ dich an (Peep Peep)
  • Wo bist Du?
  • Skandal im Sperrbezirk

Zugaben:

  • Achterbahn
  • Herzklopfen
  • Mir san a bayrische Band

Wie immer hat Günther seinen sehr optimistischen Ausblick auf die nächsten Jahre verkündet, wie lange die Spiders noch auf der Bühne stehen werden. Ich könnte mir vorstellen, dass mindestens das 50jährige Bühnenjubiläum noch ein realistisches Ziel sein dürfte. Auch wenn man bekanntlich, selbst wenn man junggeblieben ist, nicht jünger wird. Im Gegensatz zur Münchener Freiheit jedenfalls ist kaum vorstellbar, dass die Spiders den Sänger wechseln und weitermachen. Das wäre wie die Rolling Stones ohne Mick Jagger. Wobei, Queen ohne Freddy Mercury wurde ja auch versucht…

Seit der VfB Stuttgart wieder anständigen Fußball spielt, lese ich wieder gerne Berichterstattung. Nicht immer eine gute Idee. Nebenan im Politik-Blog ist “Qualitätsjournalismus” ein wiederkehrendes Thema, aber Schludrigkeit und Schlampigkeit ist eben allgemeines Journalismusproblem und kein exlusives Politikjournalismusproblem.

Heute also die sport1-Nachberichterstattung zum VfB-Sieg gegen Darmstadt mit dem Artikeltitel “Die „komplette Palette Guirassy“”. Man lobt den glänzenden Saisonstart, und dann kommt der Grund für die Überschrift dieses Blog-Posts – ich zitiere: “Besser waren die Schwaben nur vor 37 Jahren mit Trainer Joachim Löw und dem „magischen Dreieck“ Krassimir Balakow, Giovane Elber und Fredi Bobic in die Saison gestartet (fünf Siege).” 2023 – 37 ist 1986. Da war Fredi Bobic 15 Jahre alt. Ich halte es für unwahrscheinlich, dass er damals beim VfB Teil des Bundesliga-Teams war, geschweige denn Teil des “magischen Dreiecks” mit dem nochmal ein Jahr jüngeren Elber. VfB-Experten werden jetzt sogar kurz drüber nachdenken müssen, wer eigentlich 1986 Trainer war. Kleiner Tipp: es waren sogar drei, und Benthaus (Meistertrainer von 1984, den werden die meisten noch kennen) war es nicht mehr.

Und immerhin dafür taugt schlampige Berichterstattung: als Recherche-Trigger.

Eine kurze Notiz eines Kabelliebhabers-aber-drahtlos-geht-zur-Not-auch. Im Moment unterziehe ich meinen Sony WH-1000XM3 einem zweiwöchige Hardcore-Praxistest. Verkabelt und Bluetooth gemischt. Ich habe den Sony-Kopfhörer ja schon früher lobend erwähnt, weil er sowohl ein sehr gutes Noise Cancelling hat als auch einen sehr guten Ambient-Modus (aka “Transparenz-Modus”). Und LDAC als einzig wahren Bluetooth-Codec unterstützt. Aber natürlich auch AAC oder aptX HD, wenn man ihn mit minderwertigen Geräten koppeln muss. Und per Kabel auch rein passiv betreibbar, wenn der Saft ausgeht. Ein rundum gelungenes Gerät. Aber das soll gar nicht das Thema sein.

Jetzt stelle ich im Kabellos-Betrieb interessanterweise fest, dass ich immer noch Reflexe habe, um mich nicht mit dem Kabel zu verheddern. Typische Handbewegungen um das Kabel fernzuhalten. Typische Bewegungseinschränkungen um in der Reichweite des bekanntermaßen stets zu kurzen Kabels zu bleiben und nicht aus versehen mit Schwung den Klinkenstecker aus der Laptopbuchse zu entfernen. Schon interessant, was das Hirn so leisten kann. Und gleichzeitig nicht leisten kann.

Kaum hatte ich den vorherigen Kopfhörer-Artikel vollendet, gab es im Rahmen des Prime Day den Nachfolger meines QC35 – mit QC45 auch außergewöhnlich kreativ benannt – zu einem saugünstigen Preis zu erwerben. Da ich schon lange ein zweites Standbein als Kopfhörer-auf-Herz-und-Nieren-Tester aufbauen will, hier mein Review.

Über den QC35 habe ich viel Gutes geschrieben, vor allem wenn man bedenkt, dass das Modell schon 2016 erschienen ist. Die Kurzfassung: sehr hoher Tragekomfort, sehr gutes Noise Cancelling, immerhin ein mittelguter Codec unterstützt (AAC) und ein aus meiner Sicht sehr ansprechendes Bedienkonzept – gut erreichbare Knöpfe, und “Einschalten und Pairing” sehr gut mit einem Schiebeschalter gelöst nebst nützlicher Ansage mit welchem Gerät der Kopfhörer verbunden ist. Viel zu verbessern gab es also nicht. Wenn man mich gefragt hätte: Transparenz-Modus hinzufügen, HD-Bluetooth-Codec-Unterstützung dazubauen (mindestens aptX HD und/oder LDAC, und wenn es als Fernseh- und Heimkino-Kopfhörer taugen soll, auch noch aptX LL), Doppelbelegung der Tasten anders lösen, vielleicht ein neuerer Bluetooth-Standard zwecks energiesparender Funkverbindung, und wenn möglich eine Abkehr von der dämlichen 2,5mm-Klinkenbuchse am Kopfhörer. Längere Akkulaufzeit würde auch nicht schaden, schließlich sind 5 Jahre vergangen zwischen dem Erscheinen des QC35 und der ersten Marktverfügbarkeit des Nachfolgers QC45. Für den selbsternannten Innovationskonzern Bose sollten da doch signifikante Verbesserungen drinliegen.

Äußerlich sind die beiden Modelle kaum zu unterscheiden, und das ist ja auch kein Fehler, da war der QC35 gerade bezüglich Tragekomfort und Bedienkonzept schon vorbildlich. Auch das Hardcase ist quasi identisch, der Lieferumfang der Adapter ist auf “0” geschrumpft, Bose verkauft den Flugzeugadapter separat für sage und schreibe 2,95€ – klar, dass man diese Riesensumme einsparen wollte bei einem Kampf-UVP des Kopfhörers von scharf kalkulierten 300€. Aufladen geschieht nun zeitgemäß per USB-C statt zuvor micro-USB, das mitgelieferte Kabel ist allerdings derart kurz, dass es mit “nett, aber nutzlos” noch wohlwollend umschrieben ist. Immerhin ist auf dem USB-Stecker “Bose” eingraviert, da muss man halt Prioritäten setzen.

Überraschend: das schön metallisch glänzende, ertastbar-erhabene Bose-Logo wurde durch einen simplen weißen Farbaufdruck ersetzt, der doch eher billig wirkt. Mir persönlich ist das wurscht, ich würde auch ganz ohne Firmenlogo zufrieden sein, aber Bose sollte da an die Zielgruppe denken, die auf solche Äußerlichkeiten durchaus Wert legen dürfte – Apple-Nutzer, Beats by Dre-Fans – eben die “Style ist wichtiger als technische Perfektion”-Fraktion.

Kommen wir zu den inneren Werten. Bluetooth ist jetzt bei Version 5.1 angekommen, was sich aber leider nicht auf die Akkulaufzeit auswirkt – schmale 22h bei aktivem NC sind nicht mehr zeitgemäß, wenn die Konkurrenz schon bei jenseits der 40h angekommen ist. Auch bezüglich der verfügbaren Bluetooth-Codecs gibt es keinen Fortschritt: AAC bleibt das Höchste der Gefühle, damit kann man maximal bei iPhone-Nutzern Zufriedenheit erzeugen. Schwache Vorstellung von Bose. Viel schlimmer ist aber: man hat den “kein NC”-Modus wegrationalisiert. Man hat zwar einen “Aware”-Modus dazugebaut, der anderswo “Transparency”-Modus heißt, aber man kann das Noise Cancelling nicht mehr gänzlich deaktivieren, und auch die “schwache NC”-Stufe hat man ersatzlos gestrichen. Und das ist leider eine dramatische Schwäche, denn beispielsweise im Betrieb im Hotelzimmer verfälscht nun der NC-Algorithmus die Musik, und zwar ohne Not. Besonders unangenehm, weil aktives NC bei Bose – zumindest bei mir – ein unschönes Gefühl von “Druck auf dem Ohr” erzeugt. Im Flugzeug nimmt man das gerne in Kauf wegen der sehr guten Lärmminderungseigenschaften, aber in ruhigeren Umgebungen ist das einfach eine sehr schlechte Lösung. Es bleibt dann nur, das Klinkenkabel zu verwenden und “wie früher” den Kopfhörer passiv zu verwenden.

Mal zum Vergleich: für deutlich weniger Geld bietet der Ankbit E700 (Ankbit ist die Kopfhörermarke von 1Mii, die sich einen Namen mit Bluetooth-Audio-Sendern/-Empfängern gemacht haben) alle entscheidenden Bluetooth-Audio-Codecs von aptX LL über aptX HD bis LDAC, mehrstufiges NC das auch komplett abschaltbar ist, funktionierenden Transparenzmodus, 60h Akkulaufzeit ohne und 45h mit NC, alle Adapter im Lieferumfang, und einen außergewöhnlich großen Verstellbereich des Kopfbügels (der ist beim Bose bei mir schon am Anschlag, beim Ankbit ist noch Luft). Und der Vorsprung bei der Qualität des Noise Cancelling – den hat Bose über die Jahre schlicht eingebüßt, die Unterschiede sind inzwischen verschwindend gering.

Unterm Strich: wer Bose will, sollte eher zum QC35-II greifen. Der Rest kann getrost zur Konkurrenz greifen – im höherpreisigen Segment vielleicht der Sony WH-1000XM4 oder WH-1000XM5, der brandneue Teufel Real Blue Pro, Sennheiser Momentum 4, Beyerdynamic Amiron (ohne NC, aber sonst sensationell), B&W PX8, B&O Beoplay HX – die Auswahl ist groß. Noch größer ist sie im tiefpreisigen Segment, da habe ich gute Erfahrungen gemacht mit Ankbit E700, Anker Soundcore Q35 und Avantree Aria Pro. Wie gesagt, das Noise Cancelling ist inzwischen flächendeckend gut, und wenn es den eigenen Qualitätsansprüchen nicht genügt, kann man es immer noch abschalten.

Außer bei Bose natürlich.

Dieser Artikel könnte auch “Die Suche nach dem perfekten Kopfhörer” heißen in Anlehnung an die Kontaktgrillvariante hierzublogs.

Ich bin nun nicht gerade ein HiFi-Kopfhörer-Nerd, aber ich habe inzwischen eine Auswahl an diversen Exemplaren hier angesammelt. Dachte ich mir: schreib’ mal was drüber. In Zeiten von ausgefuchsten Noice-Cancelling-Algorithmen, der Bluetooth-Misere und Taugenix-App-Steuerungen wäre mein IT-Blog natürlich auch ein guter Platz dafür gewesen, aber ich habe mich für einen eher anwenderorientierten Bericht als einen techniklastigen Verriss entschieden.

Ich kann der Ohrenschmalzbohrerbauform aka In-Ear-Plugs nicht ausstehen, deshalb neige ich zu Over-Ear – auch deshalb, weil diese Bauform einen anständigen Noise-Cancelling-Effekt schon durch Physik erreichen kann.

Vier nennenswerte Exemplare der Kategorie “drahtgebunden” habe ich anzubieten. Zwei ohne Noise Cancelling (NC): ein Sennheiser HD600 – bis heute führend in der Kategorie “edle Verpackung” weil in einer schmucken Holzkiste geliefert, und ein Beyerdynamic DT 990 Pro, den ich am Rechner für Musikgenuss verwende. Impedanz 250Ohm, d.h. man braucht schon einen kräftigen KH-Verstärker für anständigen Schalldruck, aber wird belohnt mit sensationellem Tragekomfort und neutralem Klang über den gesamten Frequenzbereich von ziemlich tief bis ganz hoch. Wobei klangtechnisch der Sennheiser in einer ähnlichen Liga spielt. Und auch impedanztechnisch, aber ich hatte ja versprochen, nicht zu techniklastig zu werden. Also zurück zum Kernpunkt der Sache.

Zwecks Sicherstellung der Erträglichkeit von Flugreisen bin ich recht schnell zum NC-Nutzer und -Fan geworden. Zuerst ein Bose QuietComfort 15, der im Prinzip schon ganz anständig war, aber die ärgerliche Macke hatte: ohne Batterien gibt er keinen Mucks von sich – blöd, wenn einem das während des Fluges passiert. Auch blöd, dass das Kabel mit dem eher ungebräuchlichen 2,5mm-Klinkenstecker im Kopfhörer steckt, bei Kabelbruch unterwegs bedeutet das leider meist Ärger. Das hat Teufel mit dem Mute besser gemacht: Standard-Kabel, ohne Batterie gibt es halt kein NC sondern nur einen guten passiven Kopfhörer. Nicht ganz so bequem was den Tragekomfort angeht, und nicht ganz so gut was das NC angeht, aber kostete auch nur ein Drittel.

Und dann begann die Phase der Bluetooth-Kopfhörer. Bluetooth, das ist dieser drahtlose Übertragungsstandard in der mittlerweile fünften Generation, wo es immer noch Pairing-Probleme gibt, abbrechende Verbindungen, lächerlich geringe Reichweite, katastrophalem Default-Codec für Musikübertragung (genannt SBC – die Mutter des “kleinsten gemeinsamen Nenners”), eine dramatisch schlechte Implementierung auf Windows-Rechnern (wie wird der Rechner zum Bluetooth-Receiver? Was passiert, wenn ich zwei Bluetooth-Sender/Receiver in den Rechner stecke? Wie finde ich raus, mit welchem Audio-Codec gerade die Verbindung arbeitet?). Alleine diese Codec-Grütze – SBC, AAC, aptX, aptX HD, aptX LL, LDAC, LC3(plus)…und welcher davon dann tatsächlich unterstützt und aktiv wird, ist oft genug schwer herausfindbar.

Genug gejammert, kommen wir zur Hardware. Meine zwei frühesten Exemplare sind der Bose QuietComfort 35 und der Teufel Real Blue NC (erste Variante, die neueren gleichnamigen Modelle unterscheiden sich erheblich!), es folgten Denon AH-GC20, Sennheiser PXC-550, Sony WH-1000XM3, Avantree Aria Pro und Soundcore Life Q35.

Ich will jetzt nicht seitenlang die Vor- und Nachteile der einzelnen Exemplare abhandeln, aber ich will ein paar Entscheidungskriterien nennen und meine Erkenntnisse dazu. Die Liste ist sortiert nach meinen persönlichen Prioritäten.

  • Tragekomfort?
  • Bedienung – Touch, Tasten, Schalter?
  • Akkulaufzeit mit/ohne Noise Cancelling?
  • rein passiver Betrieb möglich wenn Akku leer?
  • Qualität Noise Cancelling, NC abschaltbar, Transparenzmodus?
  • Bluetooth: unterstützte Codecs? SBC, AAC, aptX, aptX LL, aptX HD, LDAC…
  • Bluetooth: unterstützte Standards? LE?
  • Multipoint-Pairing?
  • Standardkabel (3,5mm auf 3,5mm) oder Spezialkabel?
  • Lieferumfang – anständige Transportbox? 3,5mm-auf-6,3mm-Adapter? Flugzeug-Adapter? USB-Ladekabel? Kabel mit oder ohne Fernbedienung?
  • Betrieb nur als Kopfhörer oder auch als Headset?
  • Konfigurationsmöglichkeiten in der App?
  • USB-C oder Micro-USB?

Tragekomfort ist etwas sehr Persönliches und hängt von Kopfform, Ohrgröße und allerlei anderen individuellen Gegebenheiten und nicht zuletzt von Geschmack und Gewohnheit ab. Für mich wichtig ist ein anständiger, aber nicht zu hoher Anpressdruck (merkt man erst nach stundenlangem Tragen) und die Schwitzneigung durch die Ohrpolster. Hier ist m.E. Stoff gegenüber (Kunst-)Leder vorzuziehen, aber inzwischen sehr selten. Immerhin ist der typischerweise nach kurzer Zeit sich selbst auflösende Schaumstoff jenseits von absoluten Billigmodellen aus der Mode gekommen. Wichtig in jedem Falle: Ohrpolster sollten tauschbar sein, denn nix hält ewig – unbedingt schauen, ob der Hersteller auch noch Ohrpolster längst verblichener Modellreihen auf Lager hat.

Das Bedienkonzept ist auch wichtig, vor allem beim Hören über Gerätschaften, die nicht wie ein Smartphone immer in der Nähe liegen. Das beginnt schon mit dem Ein-/Ausschalten und dem Pairing. Meine favorisierte Lösung ist hier ein Schalter wie beim Bose QC35 direkt auf der rechten Hörmuschel, da gibt es keine uneindeutigen Zustände und mit der Tastfunktion kann man bequem zwischen mehreren gepairten Devices hin- und herwechseln. Viele andere Hersteller haben da einen Knopf, der je nachdem wie lange man ihn drückt oft auch noch mehrere Funktionen hat und verwechselbar nahe an anderen Knöpfen liegt. Intelligent die Lösung bei Sennheiser: durch das Drehen der Muschel wird der Kopfhörer eingeschaltet – clever, weil die Muscheln ja eh drehbar gebaut sein sollten, um den Kopfhörer zum Transport möglichst kompakt zusammenfalten zu können. Auch zum Thema “Bedienung” gehört die eindeutige und leicht erkennbare Kennzeichnung von “links” und “rechts” – es ist erstaunlich, auf welch abwegige Lösungen manch ein Hersteller da kommt (unauffällig eingeritztes L und R ist häufig anzutreffen). Hervorheben will ich da die Modelle von Avantree und Soundcore, die sowohl auf dem Bügel als auch auf der Muschelbespannung eindeutig kennzeichnet. Bonuspunkte für Sennheiser mit der ertastbaren Kennzeichnung der linken Muschel.

Einige Modelle bieten Touch-Bedienung auf einer oder beiden Hörmuscheln. Bin ich kein Fan davon, zumindest in den mir vorliegenden Implementierungen (Sennheiser und Teufel). Reagiert träge und uneinheitlich, und birgt immer die Gefahr einer “Aus-Versehen-Bedienung” wenn man den Kopfhörer abnimmt. Der Soundcore hat eine Trageerkennung, die beim Abnehmen automatisch die Wiedergabe stoppt – gute Idee, funktioniert aber nicht zuverlässig. Lässt sich aber Gott sei Dank über die App abschalten. Generell ist es hilfreich, nur einen Kopfhörer zu besitzen, dann geht einem die Bedienung vor allem bei mehreren Tasten irgendwann leicht von der Hand. Empfehlenswert sind Modelle, die Lautstärke, Pause/Play, Skip und NC-Modus mit separaten Tasten oder Schaltern steuerbar anbieten. Doppelbelegungen (“Skip Forward mit Volume+ wenn man länger als 2s drückt”) sind m.E. eher unhandlich.

Ob man eine lange Akkulaufzeit braucht oder nicht – gängige Modelle liegen bei aktivem Noise Cancelling jenseits der 20h, also auch jenseits der typischen Zeit zwischen zwei Lademöglichkeiten. Hilfreich ist auf jeden Fall, wenn der Kopfhörer bei Kabelbetrieb auch rein passiv, also mit leerem Akku, funktioniert. Bedeutet halt auch, dass das gewünschte Abspielgerät noch eine Klinkenbuchse hat und man das Kabel auch tatsächlich dabeihat. Man könnte sagen: kaum weniger Aufwand, als eine Powerbank mitzuschleppen, aber das wichtigste Prinzip der IT ist ja “Redundanz”. Und da gibt es wieder Bonuspunkte für Sennheiser: die haben sich wohl gedacht, wenn wir schon einen (Micro-)USB-Port in den Kopfhörer einbauen müssen zum Akkuladen, warum hängen wir nicht noch gleich ein bisserl Elektronik dahinter, damit der Kopfhörer auch als USB-Soundkarte fungieren kann? Sehr schöne Idee, zumal damit der Betrieb an nicht-Bluetooth-fähigen Laptops und/oder Geräten, die zwar USB aber keine Klinkenbuchse haben, ermöglicht wird. Oder wenn der Akku leer ist, denn dann kann man gleich mit aufladen und mit nur einer Kabelverbindung weiterhören. Oder wenn es bei analoger Kabelverbindung zu Rauschen oder Brummen kommt. Oder wenn es mit dem Bluetooth-Pairing nicht klappt. Kein essenzielles Feature, aber ich freue mich immer, wenn Ingenieure mitdenken, und ein Kostenfaktor ist das sicher nicht.

Kommen wir zum Noise Cancelling. Die Hersteller nutzen gerne hochtrabendes Geschreibsel, um hier Alleinstellungsmerkmale vorzugaukeln. Am Ende ist Noise Cancelling aber keine Magie, und ein guter Teil der Kapselwirkung kommt schon allein durch die Isolationswirkung der Ohrpolster. Allen NC-Algorithmen gemeinsam ist, dass es bei monotoner Geräuschkulisse (z.B. Flugzeugturbine) sehr gut funktioniert, bei wechselhafter (Kindergeschrei…) aber eher nicht. Ich habe über das ganze Jahrzehnt, seit ich nun diverse Kopfhörer teste, nur bei der allerersten NC-Generation nennenswerte Unterschiede feststellen können. Wichtiger finde ich ehrlich gesagt, dass man das Noise Cancelling auch (einfach!) abschalten kann. Der Transparenzmodus – manchmal auch “Aware-Modus” genannt – ist quasi eine Art umgedrehtes Noise Cancelling: bestimmte Frequenzbereiche werden hier über die Mikrofone auf die Hörmuscheln weitergeleitet. Das ist ein relativ neues Feature von Modellen neuer als 2021, in meinem Falle bietet das beispielsweise der Soundcore, allerdings mit nicht besonders überzeugendem Ergebnis – vor allem Wind sorgt für Störgeräusche, und es fühlt sich einfach nicht natürlich an. Gut habe ich es bisher nur beim Sony erlebt, da ist es sehr natürlich und fühlt sich fast an wie “ohne Kopfhörer”, wenn man es mit der Lautstärke nicht übertreibt.

Der Themenkomplex Bluetooth ist umfangreich. Besonders das Thema “unterstützte Codecs” ist ein ständiges Ärgernis, weil die Unterschiede zwischen “sparsame Qualität” (SBC – der universelle Fallback, der von allen Geräten unterstützt wird), “schon ziemlich gut” (AAC, aptX) und “sehr gut” (aptX HD, LDAC) doch relativ groß und gut hörbar sind. Verwendet man externe Bluetooth-Adapter, ist manchmal der Codec nur per Schalter wählbar (bei meinem 1Mii B06Pro+ beispielsweise zwischen aptX LL, aptX HD und LDAC). Android-Smartphones zeigen immerhin an was an “HD-Audio” gerade aktiv ist (wenn man den Menüpunkt findet), Apple setzt immer noch auf AAC als alleinseligmachende Lösung, was nicht einer gewissen Komik entbehrt, nachdem man bei Apple Music “lossless” streamen kann – klar, super, nur halt der letzte Meter durch die Luft versaut die Qualität, aber bis dahin ist echt alles voll verlustfrei. Und Windows…Schande über Windows. Und Linux…wie immer Glückssache, ob die Bluetooth-Hardware überhaupt unterstützt wird. Nicht mehr so schlimm wie früher, weil sich die USB-Welt inzwischen auf den Billigchipsatz von Realtek geeinigt hat, nur dummerweise gibt es davon ein paar unterschiedliche Revisionen. Nicht hilfreich. Aber zurück zum Kopfhörer: teilweise ist es gar nicht so einfach, herauszufinden, welche Codecs denn nun präzise vom jeweiligen Kopfhörer unterstützt werden und in welcher Reihenfolge mit der Gegenstelle ausgehandelt wird, welcher denn nun aktiv wird. LDAC beispielsweise hat die höchste Qualität, aber nur, wenn die Verbindungsqualität für die höchste Bandbreite ausreicht. Und oft wird nur ein Fallback gemacht, aber bei Verbesserung der Verbindung kein Upgrade mehr. Auch nicht zu vernachlässigen ist für manche Anwendungsgebiete (Fernsehen, Heimnkino) das Thema “Latenz”. Nur aptX LL und der neue LC3 sind hier akzeptabel

Zwei weitere Bluetooth-Details: die Unterstützung des LE-Modus und die Multipoint-Möglichkeit. Ersteres heißt “Low Energy” und ist optionaler Bestandteil von Bluetooth V4.x. Hilfreich sowohl auf Sender- als auch Empfängerseite zum Akku-Sparen, teilweise geht das aber auf Kosten der erzielbaren Reichweite, also eher was für den Anwendungsfall “Smartphone liegt nahe bei”. “Multipoint” bedeutet, dass der Kopfhörer gleichzeitig mit mehreren (in der Praxis: zwei) Sendern gepaired sein kann, wobei immer nur ein Gerät zu Gehör gebracht wird. Boshaft könnte man sagen, dass das ein Workaround für langsames und fehleranfälliges Pairing ist – in die gleiche Kerbe haut der NFC-Support mancher Kopfhörer, der das Pairing mit dem Smartphone deutlich vereinfachen kann. Jedenfalls ist Bluetooth V4.x als Mindestanforderung schon sinnvoll, da erst hier wichtige Audio-Features realisiert wurden. Bluetooth 5.2 (mit einem neuen Standard-Codec – Stichworte “Auracast” und “LC3”) verspricht hier nochmal einen gewaltigen Fortschritt, es gibt aber m.W. bisher noch keine passenden Geräte dazu. Auf Senderseite sollen immerhin Android 13 und Windows 11 schon dafür gerüstet sein. Und kaum freut man sich, dass LC3 der ultimative Audio-Codec sein könnte, schon erfährt man von der (inkompatiblen) Weiterentwicklung LC3plus, die den highfidelen Segen der Japan Audio Society bekommen hat.

Wenn Bluetooth nicht geht, kommt das Klinkenkabel zum Einsatz, das weiterhin alle Hersteller unterstützen – sehr schön. Dumm nur, dass Sennheiser und Bose auf der Kopfhörerseite auf eine ungebräuchliche 2,5mm-Buchse setzen, was im Falle des Kabelbruchs oder beim Wunsch nach einem deutlich längeren Kabel zum Nachteil gereicht. Dumm deshalb, weil beide Kopfhörer eigentlich groß genug sind, dass auch eine 3,5mm-Standardbuchse Platz gehabt hätte.

Beim Lieferumfang kommt es natürlich auch darauf an, was man schon zuhause auf Lager hat. Der siebte Flugzeug- oder 6,3mm-Klinkenadapter ist nun nicht unbedingt essenziell im Einzelfall, aber da es nun auch nicht gerade der entscheidende Kostenfaktor ist, finde ich es schon gut, wenn der Hersteller da für Vollausstattung sorgt. Wichtig finde ich jedenfalls die stabile, leichte und kompakte Transportbox. Da patzt Soundcore, das Innenleben dieser Box ist grauenvolles dünnes Hartplastik, der Rest schenkt sich nicht viel – die Teufel-Box ist am flachsten, die Sony-Box am stabilsten, aber leben kann man mit allen.

Manche Kopfhörer können auch als Headset eingesetzt werden – NC benötigt ja sowieso Mikrofone, um den Algorithmus zur Antischallerzeugung zu befüttern. Warum also nicht gleich ein Headset draus machen? Na, weil Mikrofone am besten funktionieren, wenn sie gut zur Schallquelle (vulgo “Mund”) ausgerichtet sind. Avantree macht es konsequent und bietet ein einstöpselbares Boom-Mikro an.

Für manche unverzichtbar, für mich eher überflüssig: der App-Wahn der Hersteller. Sennheiser baut in sein CapTune gleich einen ganzen Musikplayer ein. Soundcore hat da m.E. einen guten Mittelweg gefunden: was über die Tasten am Kopfhörer manchmal fummelig ist, lässt sich in der App bequem einstellen, man kann per Equalizer den Klang seinen Vorstellungen anpassen (heißt für mich: linearisieren), und die Features werden gut erklärt. Bose leistet(e) sich hier den Fauxpas mit Zwangsupdate der Kopfhörer-Firmware, was im Falle des QC35 einmal leider zu Featureverlust bzw. Klangverschlechterung geführt hat – man studiere die Rezensionen bei Amazon.

Und welcher Kopfhörer ist jetzt mein Liebling? Bose QC35, Sennheiser PXC 550, Sony WH-1000XM3. Der Bose wegen Tragekomfort und Bedienung, der Sennheiser wegen seiner innovativen Features, der Sony aufgrund Verarbeitung, Klangqualität und dem sehr guten Aware-Modus. Wer mit kleinem Budget leben muss, dem würde ich den Soundcore Life Q35 ans Herz legen – klingt gut (und hat LDAC), zudem parametrierbar durch einen Equalizer in der App, guter Ansatz eines Transparenzmodus, recht bequem, mit leichten Bedienschwächen, an die man sich aber gewöhnen kann. Wirklich schlecht ist aber keiner der Kopfhörer. Aktiv abraten würde ich vom ersten (2020er) Modell des Teufel Real Blue NC – damals ein Schnäppchen, aber kein AAC/aptX/LDAC, und manchmal etwas widerspenstig beim Pairing. Das aktuelle Modell macht aber – zumindest auf dem Datenblatt – alles besser.

Noch ein Wort der Warnung: man sollte keinesfalls davon ausgehen, dass ein Nachfolgemodell in allen Aspekten besser oder auch nur gleich gut ist als der Vorgänger. Beispiel Sony: während mein WH-1000XM3 noch sowohl aptX HD als auch LDAC unterstützt, hat Sony beim neuesten Update WH-1000XM5 die aptX-Unterstützung einfach wegrationalisiert. Als wenn es bei einem Preis jenseits der 300 Euro auf ein paar Euro Lizenzgebühren an Qualcomm angekommen wäre. Aber es ist Sony, wie wir es von früher kennen: nur die Lösung aus dem eigenen Haus zählt (ich sag’ nur “MemoryStick” oder “UMD” oder “MiniDisc” oder “ATRAC”). Denn LDAC ist eine Sony-Entwicklung, mit der untypischen Eigenschaft, dass es lizenzkostenfrei verwendbar ist.

Nicht gefeit ist man übrigens vor komischen Macken bei Gerätschaften: der Sony beispielsweise stellt den Bluetooth/NC-Betrieb ein, während man ihn per USB lädt. Dann tut nur noch die gute alte Klinke. Wenn Kabel, dann gleich zwei, scheint man sich in Japan gedacht zu haben.

Dieses Konzert-Review ist einer besonderen Person gewidmet, die leider nicht zum Konzert kommen konnte.

Aller guten Dinge sind drei. Alter Spruch. Zeit, ihn mit Leben zu füllen: nach Utrecht (Oktober 2022, TivoliVredenburg) und Weert (April 2023, De Bosuil) nun der würdige Abschluss der “Tales From Six Feet Under – Live In Concert – Dutch Clubtour” im MEZZ in Breda.

Hinfahrt war zäh – Anreise am Freitag schien eine gute Idee, um einen Tag Entspannung vor dem Konzert zu haben. Aber spätnachmittags durch die Niederlande war der Verkehr eher suboptimal. 8h30min stand am Ende für 560km. “Zäh” scheint da ein angemessener Begriff.

Ich überspringe mal das Drumrum vom Hotel über den Fußmarsch durch Etten-Leur mit Enten- und Gänse-Beobachtung bis zum Sightseeing in Breda (aufgeschoben ist nicht aufgehoben, es gibt noch ein paar sehr holländische Erkenntnisse zu verbloggen) und komme direkt zum Hauptteil: das Review.

Special Guest aka Support-Act aka Vorgruppe war wieder Blackbriar. Diesmal war der Bassist mit dabei. Lag es daran, dass ich die Musik diesmal noch besser fand als in Weert? Und was ist das geeignete Wort für Zoras Gesang? “Enchanting” würde der Engländer wohl sagen. Bezaubernd. Verzaubernd. Ich wähne mich schon auf dem Weg zum Fan. Auch schön zu sehen, wie zahlreich die Blackbriar-Fans wieder am Start waren. Nur die Sache mit der “Dutch Clubtour” hat Blackbriar nicht so verinnerlicht, mir war es recht: Sprache der Wahl zwischen den Songs war Englisch.

Der Anfang von Blackbriar war für mich 20s “Gehirn-Stürm”, um auch mal die Ärzte zu zitieren. “Wow, die Bühne sieht viel kleiner aus als im De Bosuil. Oh, warum ist die Abmischung so schlecht? Man hört Zoras wundervolle Stimme kaum. Moment, warum stehen da drei Jungs mit Gitarren, das waren doch nur zwei in Weert? Stimmt, da hat fürs klassische Lineup 2x Gitarre 1x Bass ja einer gefehlt, warum fällt mir das jetzt erst auf? Kein Wunder, einer mehr, der sich auch noch unglaublich viel bewegt, klar sieht die Bühne dann kleiner aus!” Dann hat der Mensch am Mischpult die Regler geregelt, Zoras Stimme angemessen im Mix platziert, und ich habe mich den Rest der Performance darauf beschränkt, einfach nur zu genießen ohne weiter über unwichtige und ablenkende Details nachzudenken.

Amüsanter Vorfall zwischendurch bei einer von Zoras Ansagen: “The next song is…I don’t know (geht breit lächelnd kurz nach hinten, um auf die Setlist zu schauen)”. Ich erspare mir und den geneigten Lesern (spürt Ihr den Optimismus? Plural! “Den Lesern”!) hier das naheliegende Wortspiel mit “Blackout”. Ooops, doch nicht. Jedenfalls kam es mir fast so vor, dass dieses Nicht-Ereignis ein wenig den Ton für den ganzen Abend setzte: entspannte Wohlfühl-Atmosphäre, wie man es sich zum Tour-Abschluss wünscht. Nicht so zu verstehen, dass es an Spannung und Drive gemangelt hätte, ganz im Gegenteil – aber es war so eine Unverkrampftheit, so ein Verzicht auf den allerletzten Perfektionismus, ein guter “Flow”. Bonuspunkte für Zora für das Weglassen der seltsamen geweihartigen Kopfbedeckung, die mich in Weert irgendwie…irritiert hat.

Trotz der qualitativ hochwertigen Vorgruppe – man kommt ja irgendwie doch für den Haupt-Act. Kurz nach 21.30h war es dann soweit: Charlotte und Band betraten die Bühne. Zuvor gab es eine Animation auf dem großen Schirm aka “das große runde Ding in der Mitte” der Charlotte-Figur aus dem Superhuman-Video, die langsam größer wurde und so ein Näherkommen des Ereignisses symbolisierte. Es sind halt die liebevollen Details, die den geneigten Zuschauer faszinieren, und wenn ich mich recht erinnere, war es auch neu gegenüber dem Weert-Konzert. Also nicht nur liebevolle Details, sondern auch liebevolle Detailoptimierung während die Tour läuft.

Wie immer vorab mal die Setlist zur Orientierung (nach meiner Erinnerung…Fehler und Unvollständigkeiten nicht ausgeschlossen):

  • Ouverture (mit Claire)
  • Human To Ruin
  • Superhuman
  • Afkicken
  • The Phantom Touch
  • Venus Rising
  • Source Of The Flame
  • Cry Little Sister
  • Good Dog
  • Toxic (harsh vocals von George)
  • Mary On A Cross (Ghost-Cover, Duett mit Zora Cock von Blackbriar, und Eli am Cello)
  • I Forget (mit Eli am Cello)
  • Victor (mit Eli am Cello, und mit Claire)
  • A Million Lives
  • FSU (2020)
  • Combustion
  • The Final Roadtrip (mit Eli am Cello)
  • Soft Revolution

Zugaben:

  • Against All Odds
  • All You Are

Outro:

  • Utopia

Der Kenner entdeckt kleine Abweichungen zur Weert-Setlist. The Phantom Touch ist nach vorne gerutscht, und das Duett mit Aafke Romeijn (“Alles wat ik wil”) wurde wie angekündigt ersetzt durch das Duett mit Zora (“Mary On A Cross”, eine Coverversion des Ghost-Originals – Studio oder live). Damit bleibt nun für Aafke nach meiner Meinung nur noch der ehrenwerte dritte Platz in der ewigen Live-Duett-mit-Charlotte-Rangliste, denn Charlotte mit Zora…das ist schon ganz großes Kino. Und noch eine kleine Anmerkung: es herrschte hier für diesen einen Song ein Musikerinnenübergewicht auf der Bühne. Sophia, Eli, Zora und Charlotte stellten auf 4:3. Ich bin mir sicher, das war ein wichtiger Punkt in der Wessels-Bucket-List.

Aber beginnen wir am Anfang. Geschäftssprache war wieder holländisch, wie es sich für eine “Dutch Clubtour” gehört. Charlotte empfahl charmant den nicht im Holländischen Bewanderten die Verpflichtung eines persönlichen Dolmetschers aus dem Publikum, was in meinem Umfeld nicht zu durchschlagendem Erfolg führte (aber dankenswerter Weise konnten hinterher im Discord wichtige Details geklärt werden – danke an alle Beteiligten!). “Claire”, für die Uneingeweihten, ist Charlottes Klarinette. An der Musikhochschule hat sie das Spielen der Klarinette perfektioniert und hat schon scherzhaft bemerkt, dass das für eine Sängerin ein eher ungünstiges Instrument ist. Aber sie baut wann immer es geht die gute Claire in Performances ein. “Eli” hingegen ist eine echte Person, Elianne Anemaat, die mit ihrem Cello einigen der Songs den ganz besonderen Zauber verleiht. Auch dem Duett.

Das neu gebildete Song-Duo “Afkicken” mit “The Phantom Touch” brachte nach “Superhuman” Tempo und etwas Härte in die Geschichte – meines Erachtens eine gute Umstellung in der Setlist. Überhaupt “Afkicken” – neben mir sagte jemand “That’s the Dutch song” – der wächst mir auch dank des Tänzerinneneinsatzes immer mehr ans Herz in der Live-Version. Und ich hatte das Gefühl, dass Charlotte spätestens ab hier im “FSU-Modus” war und noch mehr Power in die Songs legte als gewohnt. “Venus Rising” hat mir auch wieder sehr gut gefallen. Die Ansage zu “Good Dog” schien für den holländischsprachigen Teil des Publikums sehr erheiternd, wenn ich es richtig verstanden habe kam auch die neue Patron-Tradition des “Meows” zur Sprache. Und bei “Toxic” dann der großartige Einsatz von George für die harsh vocals. Nebst Tanzeinlage. Dann “Mary On A Cross” mit Zora im Duett – oben schon angesprochen, aber eine Wiederholung wert. Die beiden Stimmen harmonieren so phantastisch, das Song-Arrangement passt so perfekt – man (also ich!) ist vergeblich auf der Suche nach weiteren Adjektiven, die der Schönheit der Sache gerecht werden.

Wenn dann Otto schon vor den Zugaben den Kittel auszieht und im roten Shirt weiterrockt, weiß man, dass es langsam ernst wird und aber gleichzeitig leider auch schon dem Ende eines wundervollen Abends zugeht.

“FSU” war wieder ein echtes Highlight. Charlotte war absolut im “wir reißen jetzt die Hütte ab”-Modus und legte eine Performance hin…wow. Auch wenn – Kritik auf sehr hohem Niveau, aber da kommt der Bruddler wieder in mir durch – vielleicht an der einen oder anderen Stelle hier die Power auf Kosten der letzten gesanglichen Präzision geht.

Von “Combustion” habe ich im Delain-Kontext nie Notiz genommen. Aber was Timo und Joey da zusammen mit Otto abreißen ist schon allererste Güte. Und nur ein kurzer Zwischenstopp zum Auftakt zum Finale namens “The Final Roadtrip”, der in der Live-Version angenehm rockig rüberkommt.

Den Abschluss vor der Zugabe bildet – kann man nach fünf Konzerten schon “traditionell” sagen? – “Soft Revolution”. Diesen Song habe ich schon ausgiebig gelobt und ich halte ihn für ein Meisterwerk. Aber die Live-Performance ist etwas sehr besonderes: zum Ende gibt es die dreistimmige Charlotte über die Loopstation, und dann spielt Timo allein mit der Gitarre weiter – einer der zahlreichen Gänsehautmomente. Und danach dann “Against All Odds” in der Akustik-Trio-Formation, das ruhige Stück vor dem Finale mit “All You Are” mit einem weiteren Versuch, der Publikumsmeute Gesang zu entlocken. Es würde mich wirklich interessieren, wie sich das auf der Bühne anhört…von meiner Position aus klang es – wie soll ich es optimistisch formulieren – nicht so besonders überzeugend.

Und dann war es auch schon wieder vorbei. Zwei Stunden Musik und Show können verdammt schnell rum sein, so wie es bei allen grandiosen Dingen eben ist. Die Zeit verfliegt. Und man wünscht sich eine professionelle Videoaufzeichnung, um den Moment immer wieder erleben zu können. So bleibt es leider bei den bekannten Unzulänglichkeiten des eigenen Erinnerungsvermögens. Möge dieses Review dabei helfen, die Erinnerungen wachzuhalten.

Charlottes Konzertendeansprache war sehr emotional, so ein letztes Konzert einer Tour ist eben etwas besonderes. Jetzt geht es wieder ins Studio, neues Album steht an, und ich bin schon gespannt wann ich das genießen darf. Und ich bin sicher, alle bei diesem Konzert Anwesenden werden auch die dann hoffentlich folgende Tour wieder besuchen, wenn es sich irgendwie einrichten lässt. Charlotte hat schon mehrfach anklingen lassen, dass sie nun ein “klassisches” Album machen will, eine lange Writing Session mit Song-Flow aus einem Guss. Ich bin ja klassischer Album-Höhrer und Traditionalist, aber ich konnte bei den Tales From Six Feet Under-Alben da keine Mängel feststellen im Song-To-Song-Flow, das hat alles super zusammen gepasst nach meinem Gefühl. Interessant wird sein, inwiefern bestehende Songs Of The Month in überarbeiteter Form dann auf dem neuen Album erscheinen. Was könnte man bei “Chasing Sunsets” oder “The Butterfly Effect” oder “Vigor & Valor” oder “Fool’s Parade” noch verbessern? Keine Ahnung, für mich klingen die schon perfekt. Deshalb ist es ja so spannend. Wobei natürlich “Instrumente von echten Musikern einspielen statt Cubase-Instrumentenplugins verwenden” Verbesserungspotenzial verspricht.

Auch diesmal gab es die nachkonzertlichen Ohrwürmer, die mir Charlotte eingepflanzt hat – “Victor” und “A Million Lives”. Vor mich hingesummt auf dem ganzen Weg zum Hotel. Warum sind das eigentlich immer andere Songs? Weil die Liste der potenziellen Ohrwürmer eben sehr viele Einträge hat. Das ist für mich auch Teil der Charlotte-Magie.

Harter Themenwechsel. Rückfahrt war super. Sonnig, trocken, 6h15 (mit Pausen). Ich betrachte die Autobahn als rehabilitiert. Zumindest am Sonntag. Der Haken: 5h30 reine Fahrzeit ist zu lang für die “Charlotte Wessels Songs of the Month”-Playlist – selbst wenn man “Chasing Sunsets” noch ein paar mal wiederholen lässt. 2h39min ist derzeit die Playlist lang mit allen 38 Songs of the Month. Rund 3h fehlen also noch, macht also satte 45 klassische 4min-Songs. Way to go, Charlotte! Alternativ wäre natürlich ein Konzert in der Nähe eine im wahrsten Sinne des Wortes naheliegende Lösung für dieses Dilemma. Andere mögliche Lösungswege wie epische Progrock-Songlängen…ich will niemand auf schlechte Ideen bringen.

Daheim angekommen, aus dem Auto ausgestiegen, und zwei völlig andere Songs waren in meinem Kopf: “Wees Liever Boos” (einer der “Lost Songs Of The Month” der wohl nie live gespielt werden wird – wann hätte der besser gepasst als bei der “Dutch” Clubtour?) und das schon erwähnte “Chasing Sunsets”, der neueste Song Of The Month. Wenn letzterer nicht auf dem nächsten Album ist und prominent auf der Setlist der nächsten Tour auftaucht, falle ich vom Glauben ab.

Bleibt die Frage: wer ist eigentlich dieser George? Schien bekannt zu sein, nur mir natürlich wieder nicht. Ein bisserl recherchiert, Charlottes Nach-Konzert-Instagram-Post intelligent interpretiert, 3 und 7 zusammengezählt…ich tippe mit 98,3%iger Sicherheit auf George Oosthoek, (unter anderem) einer der Sänger bei MaYan (nur echt in der niederländischen Wikipedia). Ich versuche weiter, Experte für niederländische Musikberühmtheiten zu werden, auch wenn ich für das laufende Jahrzehnt da wenig Hoffnung sehe.

Aktualisiert 2023-06-01 – etwas mehr Text, bessere Formulierungen

Manche Dinge dauern etwas länger. Meine Ausrede ist, dass ich ja kaum ein Konzert besuchen kann, wenn ich noch nicht mal die Band kenne. Und leider tue ich das – wie hier beschrieben – erst seit vergleichsweise kurzer Zeit. Kann man nicht ändern – dann halt mein erstes Delain-Konzert erst in der post-Charlotte-Ära. Ort der Handlung: Das Wizemann in Stuttgart, genauer der “Club”. Nahezu ausverkauft würde ich sagen, also mindestens 500 Fans bei eher sparsamer Belüftung. Eben “Club”.

Anreise per Auto in der Stau- und Baustellenhauptstadt Stuttgart erfordert akribische Planung, und so hat das leidlich funktioniert. Das Parkhaus fürs Wizemann-Areal ist etwas abenteuerlich – die Zufahrt, die gleichzeitig Ausfahrt ist, ist breitentechnisch grob einspurig und sehr kurvig, da wäre Gegenverkehr sehr unangenehm, wenn auch im Setting eines solchen Veranstaltungsortes eher unwahrscheinlich – und zudem innen dubios aufgeteilt mit jeder Menge reservierter Parkplätze für “alles-außer-Wizemann-Besucher”. Ein überwindbares Hindernis und nicht mehr als Randnotiz. Und wenn man es nach Konzertende langsam angehen lässt – beispielsweise indem man noch mit freundlichen Fans quatscht – ist das alles entspannt.

Zum Event selbst. Vorgruppe war Xandria. Symphonic Metal aus Bielefeld mit einer langen und wechselhaften Geschichte, die populärste Episode war vermutlich mit Sängerin Dianne van Giersbergen (und “hatte eine niederländische Sängerin” ist nicht die einzige Parallele der Bandgeschichte zu Delain). Von Xandria kannte ich vorher keinen einzigen Song. Hinterher auch nicht, und vermutlich wird sich das auch so schnell nicht ändern. Es war nicht schlecht oder so, sondern im Gegenteil durchaus nett anzuhören. Aber eben auch schnell wieder vergessen. Da mein einziger Wunsch bezüglich Vorgruppen ist, mich nicht zu nerven, war ich also recht zufrieden mit dem “Support Act”. Der Rest des Publikums hatte wohl eher einen Bezug zu Xandria und schien zufrieden bis begeistert. Schön!

Dann also Delain. Meine Eintrittskarte, recht früh erworben, kündete noch von der “The Masters of Destiny Tour”, bezugnehmend auf das Album “Apocalypse & Chill” (genau einmal live performed im Februar 2020, dann kam Corona und dann auch noch der Band-Split) mit dem großartigen aber leider bei diesem Konzert nicht performten Song “Masters of Destiny”. Dann erschien (Release Mitte Februar 2023) aber das neue Album “Dark Waters”, und so wurde daraus die “Dark Waters Tour”.

Die Setlist:

  • The Cold
  • Suckerpunch
  • Burning Bridges
  • Invidia
  • The Quest and the Curse
  • April Rain
  • Underland
  • The Hurricane
  • Beneath (mit Paolo Ribaldini)
  • Queen of Shadow (mit Paolo Ribaldini)
  • Your Body Is a Battleground (mit Paolo Ribaldini)
  • The Gathering (mit Paolo Ribaldini)
  • Don’t Let Go
  • Moth to a Flame
  • Not Enough

Zugaben:

  • Mother Machine
  • Sing To Me (mit Paolo Ribaldini)
  • We Are The Others

Wie man sieht eine bunte Mischung von allen Alben vom Debütalbum bis zum neuesten Release. Logischerweise mit einem Überhang des aktuellen Albums, ein bisserl Album-Promotion ist bei einer Tour ja unvermeidlich.

Wie jede Setlist dieser Welt ist auch diese kritikwürdig – hier ist meine (Achtung – Geschmacksache!): “The Cold” ist einer der schwächsten Songs auf dem neuen Album, warum ausgerechnet der als Intro taugen soll – keine Ahnung. Entsprechend verhalten reagierte nach meiner Beobachtung das Publikum. Und ob man nun unbedingt “Your Body Is a Battleground” braucht, ist fast schon keine Geschmackssache mehr. Der Song ist nicht mal in meiner Delain-Top-50.

Aber dieser Tiefpunkt der Setlist ist gleichzeitig der Anknüpfungspunkt für einen der gewichtigsten Gründe, warum ich dieses Konzert unterm Strich für irgendwas zwischen ziemlich gut und sensationell halte. Denn der Song wird im Duett mit Paolo Ribaldini performt, was der Qualität sehr zuträglich ist – wie überhaupt die Duette von Diana und Paolo live sehr gut rüberkommen. Die beiden Stimmen harmonieren ganz wundervoll. Zwei meiner Delain-Favoriten, “The Gathering” und “Sing To Me”, waren wirklich in dieser Kombination eine absolut großartige Sache. Und “The Gathering” ist ja ursprünglich ein Duett mit Marko Hietala, und diesem Highlight gerecht zu werden – Respekt. Wie ich anderen Setlisten zu dieser Tour entnehme, wurde bei den Zugaben manchmal “Control The Storm” gespielt – da bevorzuge ich “Sing To Me” auf jeden Fall. Glück gehabt.

Ich könnte natürlich eine Menge Lieder aufzählen, die ich gerne zum und beim ersten Mal live gehört hätte. “Tell me, Mechanist”. “Are You Done With Me”. “Get The Devil Out Of Me”. Das schon genannte “Masters Of Destiny”. “We Had Everything”. Aber insgesamt muss man sagen: das hat schon so gepasst. Gute Songauswahl. Sehr überraschend fand ich “Invidia” in der Setlist. Warum war ich eigentlich überrascht? Ein großartiger Song.

Hervorheben will ich auch die gute Soundqualität (im hinteren Bereich von Konzerthallen oft nicht so prickelnd) und das großartige Publikum, das sichtlich Spaß hatte und enthusiastisch bei der Sache war.

Kommt am Ende jetzt der unvermeidliche Sängerinnenvergleich? Da winde ich mich jetzt mal elegant raus und sage, dass ich (leider!) nie live zugegen war, als Charlotte einen Delain-Song live performt hat und mir deshalb logischerweise gar kein Vergleich möglich ist. Was ich aber mit Sicherheit sagen kann: Diana ist genau wie Charlotte eine großartige Sängerin. Und sie singt sowohl alte als auch neue Delain-Songs absolut überzeugend. Und ich kann ehrlich gesagt nicht nachvollziehen, warum einige Fans der Meinung sind, die Stimmen würden sich übermäßig ähneln – ich finde das ganz und gar nicht.

Jedenfalls kann ich für mich festhalten, dass Delain in der Neubesetzung unbedingt einen Konzertbesuch wert sind. Ich freue mich schon auf das nächste. Delain lebt.

Die Inflation, das Schreckgespenst unserer Zeit. Auch nebenan in der Politikabteilung schon mal beleuchtet, vor etwa einem Jahr. Da hier aber “Verschiedenes” und nicht “Politik” ist, gibt es jetzt die launisch-leichtgewichtige Variante am nicht unbedingt ernst gemeinten aber dennoch realen Beispiel.

Anno 2015 hatte ich das Preisniveau “S-Bahn zum Frühlingsfest” und “Achterbahn fahren” schon in der Überschrift verewigt. Im Prinzip ein Mini-Warenkorb aus “Mobilität” und “Freizeitvergnügen” – na wenn das nicht Potenzial hat um den Big-Mac-Index abzulösen. Leider habe ich mir die Burgerpreise (Wasenburger – warum gehört da Mozzarella drauf? Egal, trotzdem lecker) nicht gemerkt.

Jedenfalls hat auch 2023 die S-Bahn ihren Vorsprung verteidigt, auch wenn der Abstand geringer wurde: 7,40€ für Hin- und Rückfahrt sind hier fällig, während sich die Achterbahn (endlich wieder die Alpina-Bahn, immer noch mein Favorit unter den transportablen Nicht-Looping-Achterbahnen) mit 7€ begnügt. Zurückgerechnet auf die 8 Jahre liegt damit die jährliche Inflationsrate bei etwa 4%. Also etwas über dem Schnitt, aber nicht dramatisch.

Deutlich schlimmer ist übrigens die Inflation bei den S-Bahn-Verspätungszeiten geworden: 5min auf der Hinfahrt, 10min auf der Rückfahrt. In den ersten 10 Jahren ihres Bestehens war die S-Bahn im Stuttgarter Verkehrsverbund noch ein Synonym für Pünktlichkeit (kein Wunder, damaliger Vergleichsmaßstab war der vorher übliche DB-Nahverkehr (die Älteren erinnern sich noch an die typischen “Silberling”-Waggons, den Jüngeren sei gesagt, dass immerhin schon die E-Lok fuhr und nicht mehr mit Dampf gearbeitet wurde), der schon damals das heute DB-übliche Verspätungsniveau erreichte). Auch Mitte der 90er war außerhalb der besonderen Situation “erster kräftiger Schneefall” noch alles in Butter. Heute ist man eher auf dem Niveau “notorisch unzuverlässig und unpünktlich” angekommen. Also wieder auf DB-Fernverkehr-Niveau. Das spricht dann wieder für die Achterbahn in der Inflationsbetrachtung: dort war die abgelieferte Qualität absolut konstant.

Sonst etwas bemerkenswertes? Faszinierend finde ich immer die Losbuden, weil man am dort verfügbaren Plüschtierbestand einschätzen kann, was bei der jungen Zielgruppe gerade “in” ist. Inzwischen bin ich schon so alt, dass ich nur noch einige wenige Figuren überhaupt identifizieren kann – Spider-Man (Zeichentrick, nicht Film oder Comic), Pikachu, Sonic, Minions, Patrick (von Sponge-Bob), Grogu, ein Glücksbärchi…Ende. Daneben jede Menge unidentifizierbares Zeugs. Kein Scratch, kein Nemo, keine Dorie, kein Sid. Kein Dönertier. Und weil ich gerade gestern einen gesehen habe: auch kein Kirby! Ein Skandal.