Dieser Artikel könnte auch „Die Suche nach dem perfekten Kopfhörer“ heißen in Anlehnung an die Kontaktgrillvariante hierzublogs.

Ich bin nun nicht gerade ein HiFi-Kopfhörer-Nerd, aber ich habe inzwischen eine Auswahl an diversen Exemplaren hier angesammelt. Dachte ich mir: schreib‘ mal was drüber. In Zeiten von ausgefuchsten Noice-Cancelling-Algorithmen, der Bluetooth-Misere und Taugenix-App-Steuerungen wäre mein IT-Blog natürlich auch ein guter Platz dafür gewesen, aber ich habe mich für einen eher anwenderorientierten Bericht als einen techniklastigen Verriss entschieden.

Ich kann der Ohrenschmalzbohrerbauform aka In-Ear-Plugs nicht ausstehen, deshalb neige ich zu Over-Ear – auch deshalb, weil diese Bauform einen anständigen Noise-Cancelling-Effekt schon durch Physik erreichen kann.

Vier nennenswerte Exemplare der Kategorie „drahtgebunden“ habe ich anzubieten. Zwei ohne Noise Cancelling (NC): ein Sennheiser HD600 – bis heute führend in der Kategorie „edle Verpackung“ weil in einer schmucken Holzkiste geliefert, und ein Beyerdynamic DT 990 Pro, den ich am Rechner für Musikgenuss verwende. Impedanz 250Ohm, d.h. man braucht schon einen kräftigen KH-Verstärker für anständigen Schalldruck, aber wird belohnt mit sensationellem Tragekomfort und neutralem Klang über den gesamten Frequenzbereich von ziemlich tief bis ganz hoch. Wobei klangtechnisch der Sennheiser in einer ähnlichen Liga spielt. Und auch impedanztechnisch, aber ich hatte ja versprochen, nicht zu techniklastig zu werden. Also zurück zum Kernpunkt der Sache.

Zwecks Sicherstellung der Erträglichkeit von Flugreisen bin ich recht schnell zum NC-Nutzer und -Fan geworden. Zuerst ein Bose QuietComfort 15, der im Prinzip schon ganz anständig war, aber die ärgerliche Macke hatte: ohne Batterien gibt er keinen Mucks von sich – blöd, wenn einem das während des Fluges passiert. Auch blöd, dass das Kabel mit dem eher ungebräuchlichen 2,5mm-Klinkenstecker im Kopfhörer steckt, bei Kabelbruch unterwegs bedeutet das leider meist Ärger. Das hat Teufel mit dem Mute besser gemacht: Standard-Kabel, ohne Batterie gibt es halt kein NC sondern nur einen guten passiven Kopfhörer. Nicht ganz so bequem was den Tragekomfort angeht, und nicht ganz so gut was das NC angeht, aber kostete auch nur ein Drittel.

Und dann begann die Phase der Bluetooth-Kopfhörer. Bluetooth, das ist dieser drahtlose Übertragungsstandard in der mittlerweile fünften Generation, wo es immer noch Pairing-Probleme gibt, abbrechende Verbindungen, lächerlich geringe Reichweite, katastrophalem Default-Codec für Musikübertragung (genannt SBC – die Mutter des „kleinsten gemeinsamen Nenners“), eine dramatisch schlechte Implementierung auf Windows-Rechnern (wie wird der Rechner zum Bluetooth-Receiver? Was passiert, wenn ich zwei Bluetooth-Sender/Receiver in den Rechner stecke? Wie finde ich raus, mit welchem Audio-Codec gerade die Verbindung arbeitet?). Alleine diese Codec-Grütze – SBC, AAC, aptX, aptX HD, aptX LL, LDAC, LC3(plus)…und welcher davon dann tatsächlich unterstützt und aktiv wird, ist oft genug schwer herausfindbar.

Genug gejammert, kommen wir zur Hardware. Meine zwei frühesten Exemplare sind der Bose QuietComfort 35 und der Teufel Real Blue NC (erste Variante, die neueren gleichnamigen Modelle unterscheiden sich erheblich!), es folgten Denon AH-GC20, Sennheiser PXC-550, Sony WH-1000XM3, Avantree Aria Pro und Soundcore Life Q35.

Ich will jetzt nicht seitenlang die Vor- und Nachteile der einzelnen Exemplare abhandeln, aber ich will ein paar Entscheidungskriterien nennen und meine Erkenntnisse dazu. Die Liste ist sortiert nach meinen persönlichen Prioritäten.

  • Tragekomfort?
  • Bedienung – Touch, Tasten, Schalter?
  • Akkulaufzeit mit/ohne Noise Cancelling?
  • rein passiver Betrieb möglich wenn Akku leer?
  • Qualität Noise Cancelling, NC abschaltbar, Transparenzmodus?
  • Bluetooth: unterstützte Codecs? SBC, AAC, aptX, aptX LL, aptX HD, LDAC…
  • Bluetooth: unterstützte Standards? LE?
  • Multipoint-Pairing?
  • Standardkabel (3,5mm auf 3,5mm) oder Spezialkabel?
  • Lieferumfang – anständige Transportbox? 3,5mm-auf-6,3mm-Adapter? Flugzeug-Adapter? USB-Ladekabel? Kabel mit oder ohne Fernbedienung?
  • Betrieb nur als Kopfhörer oder auch als Headset?
  • Konfigurationsmöglichkeiten in der App?
  • USB-C oder Micro-USB?

Tragekomfort ist etwas sehr Persönliches und hängt von Kopfform, Ohrgröße und allerlei anderen individuellen Gegebenheiten und nicht zuletzt von Geschmack und Gewohnheit ab. Für mich wichtig ist ein anständiger, aber nicht zu hoher Anpressdruck (merkt man erst nach stundenlangem Tragen) und die Schwitzneigung durch die Ohrpolster. Hier ist m.E. Stoff gegenüber (Kunst-)Leder vorzuziehen, aber inzwischen sehr selten. Immerhin ist der typischerweise nach kurzer Zeit sich selbst auflösende Schaumstoff jenseits von absoluten Billigmodellen aus der Mode gekommen. Wichtig in jedem Falle: Ohrpolster sollten tauschbar sein, denn nix hält ewig – unbedingt schauen, ob der Hersteller auch noch Ohrpolster längst verblichener Modellreihen auf Lager hat.

Das Bedienkonzept ist auch wichtig, vor allem beim Hören über Gerätschaften, die nicht wie ein Smartphone immer in der Nähe liegen. Das beginnt schon mit dem Ein-/Ausschalten und dem Pairing. Meine favorisierte Lösung ist hier ein Schalter wie beim Bose QC35 direkt auf der rechten Hörmuschel, da gibt es keine uneindeutigen Zustände und mit der Tastfunktion kann man bequem zwischen mehreren gepairten Devices hin- und herwechseln. Viele andere Hersteller haben da einen Knopf, der je nachdem wie lange man ihn drückt oft auch noch mehrere Funktionen hat und verwechselbar nahe an anderen Knöpfen liegt. Intelligent die Lösung bei Sennheiser: durch das Drehen der Muschel wird der Kopfhörer eingeschaltet – clever, weil die Muscheln ja eh drehbar gebaut sein sollten, um den Kopfhörer zum Transport möglichst kompakt zusammenfalten zu können. Auch zum Thema „Bedienung“ gehört die eindeutige und leicht erkennbare Kennzeichnung von „links“ und „rechts“ – es ist erstaunlich, auf welch abwegige Lösungen manch ein Hersteller da kommt (unauffällig eingeritztes L und R ist häufig anzutreffen). Hervorheben will ich da die Modelle von Avantree und Soundcore, die sowohl auf dem Bügel als auch auf der Muschelbespannung eindeutig kennzeichnet. Bonuspunkte für Sennheiser mit der ertastbaren Kennzeichnung der linken Muschel.

Einige Modelle bieten Touch-Bedienung auf einer oder beiden Hörmuscheln. Bin ich kein Fan davon, zumindest in den mir vorliegenden Implementierungen (Sennheiser und Teufel). Reagiert träge und uneinheitlich, und birgt immer die Gefahr einer „Aus-Versehen-Bedienung“ wenn man den Kopfhörer abnimmt. Der Soundcore hat eine Trageerkennung, die beim Abnehmen automatisch die Wiedergabe stoppt – gute Idee, funktioniert aber nicht zuverlässig. Lässt sich aber Gott sei Dank über die App abschalten. Generell ist es hilfreich, nur einen Kopfhörer zu besitzen, dann geht einem die Bedienung vor allem bei mehreren Tasten irgendwann leicht von der Hand. Empfehlenswert sind Modelle, die Lautstärke, Pause/Play, Skip und NC-Modus mit separaten Tasten oder Schaltern steuerbar anbieten. Doppelbelegungen („Skip Forward mit Volume+ wenn man länger als 2s drückt“) sind m.E. eher unhandlich.

Ob man eine lange Akkulaufzeit braucht oder nicht – gängige Modelle liegen bei aktivem Noise Cancelling jenseits der 20h, also auch jenseits der typischen Zeit zwischen zwei Lademöglichkeiten. Hilfreich ist auf jeden Fall, wenn der Kopfhörer bei Kabelbetrieb auch rein passiv, also mit leerem Akku, funktioniert. Bedeutet halt auch, dass das gewünschte Abspielgerät noch eine Klinkenbuchse hat und man das Kabel auch tatsächlich dabeihat. Man könnte sagen: kaum weniger Aufwand, als eine Powerbank mitzuschleppen, aber das wichtigste Prinzip der IT ist ja „Redundanz“. Und da gibt es wieder Bonuspunkte für Sennheiser: die haben sich wohl gedacht, wenn wir schon einen (Micro-)USB-Port in den Kopfhörer einbauen müssen zum Akkuladen, warum hängen wir nicht noch gleich ein bisserl Elektronik dahinter, damit der Kopfhörer auch als USB-Soundkarte fungieren kann? Sehr schöne Idee, zumal damit der Betrieb an nicht-Bluetooth-fähigen Laptops und/oder Geräten, die zwar USB aber keine Klinkenbuchse haben, ermöglicht wird. Oder wenn der Akku leer ist, denn dann kann man gleich mit aufladen und mit nur einer Kabelverbindung weiterhören. Oder wenn es bei analoger Kabelverbindung zu Rauschen oder Brummen kommt. Oder wenn es mit dem Bluetooth-Pairing nicht klappt. Kein essenzielles Feature, aber ich freue mich immer, wenn Ingenieure mitdenken, und ein Kostenfaktor ist das sicher nicht.

Kommen wir zum Noise Cancelling. Die Hersteller nutzen gerne hochtrabendes Geschreibsel, um hier Alleinstellungsmerkmale vorzugaukeln. Am Ende ist Noise Cancelling aber keine Magie, und ein guter Teil der Kapselwirkung kommt schon allein durch die Isolationswirkung der Ohrpolster. Allen NC-Algorithmen gemeinsam ist, dass es bei monotoner Geräuschkulisse (z.B. Flugzeugturbine) sehr gut funktioniert, bei wechselhafter (Kindergeschrei…) aber eher nicht. Ich habe über das ganze Jahrzehnt, seit ich nun diverse Kopfhörer teste, nur bei der allerersten NC-Generation nennenswerte Unterschiede feststellen können. Wichtiger finde ich ehrlich gesagt, dass man das Noise Cancelling auch (einfach!) abschalten kann. Der Transparenzmodus – manchmal auch „Aware-Modus“ genannt – ist quasi eine Art umgedrehtes Noise Cancelling: bestimmte Frequenzbereiche werden hier über die Mikrofone auf die Hörmuscheln weitergeleitet. Das ist ein relativ neues Feature von Modellen neuer als 2021, in meinem Falle bietet das beispielsweise der Soundcore, allerdings mit nicht besonders überzeugendem Ergebnis – vor allem Wind sorgt für Störgeräusche, und es fühlt sich einfach nicht natürlich an. Gut habe ich es bisher nur beim Sony erlebt, da ist es sehr natürlich und fühlt sich fast an wie „ohne Kopfhörer“, wenn man es mit der Lautstärke nicht übertreibt.

Der Themenkomplex Bluetooth ist umfangreich. Besonders das Thema „unterstützte Codecs“ ist ein ständiges Ärgernis, weil die Unterschiede zwischen „sparsame Qualität“ (SBC – der universelle Fallback, der von allen Geräten unterstützt wird), „schon ziemlich gut“ (AAC, aptX) und „sehr gut“ (aptX HD, LDAC) doch relativ groß und gut hörbar sind. Verwendet man externe Bluetooth-Adapter, ist manchmal der Codec nur per Schalter wählbar (bei meinem 1Mii B06Pro+ beispielsweise zwischen aptX LL, aptX HD und LDAC). Android-Smartphones zeigen immerhin an was an „HD-Audio“ gerade aktiv ist (wenn man den Menüpunkt findet), Apple setzt immer noch auf AAC als alleinseligmachende Lösung, was nicht einer gewissen Komik entbehrt, nachdem man bei Apple Music „lossless“ streamen kann – klar, super, nur halt der letzte Meter durch die Luft versaut die Qualität, aber bis dahin ist echt alles voll verlustfrei. Und Windows…Schande über Windows. Und Linux…wie immer Glückssache, ob die Bluetooth-Hardware überhaupt unterstützt wird. Nicht mehr so schlimm wie früher, weil sich die USB-Welt inzwischen auf den Billigchipsatz von Realtek geeinigt hat, nur dummerweise gibt es davon ein paar unterschiedliche Revisionen. Nicht hilfreich. Aber zurück zum Kopfhörer: teilweise ist es gar nicht so einfach, herauszufinden, welche Codecs denn nun präzise vom jeweiligen Kopfhörer unterstützt werden und in welcher Reihenfolge mit der Gegenstelle ausgehandelt wird, welcher denn nun aktiv wird. LDAC beispielsweise hat die höchste Qualität, aber nur, wenn die Verbindungsqualität für die höchste Bandbreite ausreicht. Und oft wird nur ein Fallback gemacht, aber bei Verbesserung der Verbindung kein Upgrade mehr. Auch nicht zu vernachlässigen ist für manche Anwendungsgebiete (Fernsehen, Heimnkino) das Thema „Latenz“. Nur aptX LL und der neue LC3 sind hier akzeptabel

Zwei weitere Bluetooth-Details: die Unterstützung des LE-Modus und die Multipoint-Möglichkeit. Ersteres heißt „Low Energy“ und ist optionaler Bestandteil von Bluetooth V4.x. Hilfreich sowohl auf Sender- als auch Empfängerseite zum Akku-Sparen, teilweise geht das aber auf Kosten der erzielbaren Reichweite, also eher was für den Anwendungsfall „Smartphone liegt nahe bei“. „Multipoint“ bedeutet, dass der Kopfhörer gleichzeitig mit mehreren (in der Praxis: zwei) Sendern gepaired sein kann, wobei immer nur ein Gerät zu Gehör gebracht wird. Boshaft könnte man sagen, dass das ein Workaround für langsames und fehleranfälliges Pairing ist – in die gleiche Kerbe haut der NFC-Support mancher Kopfhörer, der das Pairing mit dem Smartphone deutlich vereinfachen kann. Jedenfalls ist Bluetooth V4.x als Mindestanforderung schon sinnvoll, da erst hier wichtige Audio-Features realisiert wurden. Bluetooth 5.2 (mit einem neuen Standard-Codec – Stichworte „Auracast“ und „LC3“) verspricht hier nochmal einen gewaltigen Fortschritt, es gibt aber m.W. bisher noch keine passenden Geräte dazu. Auf Senderseite sollen immerhin Android 13 und Windows 11 schon dafür gerüstet sein. Und kaum freut man sich, dass LC3 der ultimative Audio-Codec sein könnte, schon erfährt man von der (inkompatiblen) Weiterentwicklung LC3plus, die den highfidelen Segen der Japan Audio Society bekommen hat.

Wenn Bluetooth nicht geht, kommt das Klinkenkabel zum Einsatz, das weiterhin alle Hersteller unterstützen – sehr schön. Dumm nur, dass Sennheiser und Bose auf der Kopfhörerseite auf eine ungebräuchliche 2,5mm-Buchse setzen, was im Falle des Kabelbruchs oder beim Wunsch nach einem deutlich längeren Kabel zum Nachteil gereicht. Dumm deshalb, weil beide Kopfhörer eigentlich groß genug sind, dass auch eine 3,5mm-Standardbuchse Platz gehabt hätte.

Beim Lieferumfang kommt es natürlich auch darauf an, was man schon zuhause auf Lager hat. Der siebte Flugzeug- oder 6,3mm-Klinkenadapter ist nun nicht unbedingt essenziell im Einzelfall, aber da es nun auch nicht gerade der entscheidende Kostenfaktor ist, finde ich es schon gut, wenn der Hersteller da für Vollausstattung sorgt. Wichtig finde ich jedenfalls die stabile, leichte und kompakte Transportbox. Da patzt Soundcore, das Innenleben dieser Box ist grauenvolles dünnes Hartplastik, der Rest schenkt sich nicht viel – die Teufel-Box ist am flachsten, die Sony-Box am stabilsten, aber leben kann man mit allen.

Manche Kopfhörer können auch als Headset eingesetzt werden – NC benötigt ja sowieso Mikrofone, um den Algorithmus zur Antischallerzeugung zu befüttern. Warum also nicht gleich ein Headset draus machen? Na, weil Mikrofone am besten funktionieren, wenn sie gut zur Schallquelle (vulgo „Mund“) ausgerichtet sind. Avantree macht es konsequent und bietet ein einstöpselbares Boom-Mikro an.

Für manche unverzichtbar, für mich eher überflüssig: der App-Wahn der Hersteller. Sennheiser baut in sein CapTune gleich einen ganzen Musikplayer ein. Soundcore hat da m.E. einen guten Mittelweg gefunden: was über die Tasten am Kopfhörer manchmal fummelig ist, lässt sich in der App bequem einstellen, man kann per Equalizer den Klang seinen Vorstellungen anpassen (heißt für mich: linearisieren), und die Features werden gut erklärt. Bose leistet(e) sich hier den Fauxpas mit Zwangsupdate der Kopfhörer-Firmware, was im Falle des QC35 einmal leider zu Featureverlust bzw. Klangverschlechterung geführt hat – man studiere die Rezensionen bei Amazon.

Und welcher Kopfhörer ist jetzt mein Liebling? Bose QC35, Sennheiser PXC 550, Sony WH-1000XM3. Der Bose wegen Tragekomfort und Bedienung, der Sennheiser wegen seiner innovativen Features, der Sony aufgrund Verarbeitung, Klangqualität und dem sehr guten Aware-Modus. Wer mit kleinem Budget leben muss, dem würde ich den Soundcore Life Q35 ans Herz legen – klingt gut (und hat LDAC), zudem parametrierbar durch einen Equalizer in der App, guter Ansatz eines Transparenzmodus, recht bequem, mit leichten Bedienschwächen, an die man sich aber gewöhnen kann. Wirklich schlecht ist aber keiner der Kopfhörer. Aktiv abraten würde ich vom ersten (2020er) Modell des Teufel Real Blue NC – damals ein Schnäppchen, aber kein AAC/aptX/LDAC, und manchmal etwas widerspenstig beim Pairing. Das aktuelle Modell macht aber – zumindest auf dem Datenblatt – alles besser.

Noch ein Wort der Warnung: man sollte keinesfalls davon ausgehen, dass ein Nachfolgemodell in allen Aspekten besser oder auch nur gleich gut ist als der Vorgänger. Beispiel Sony: während mein WH-1000XM3 noch sowohl aptX HD als auch LDAC unterstützt, hat Sony beim neuesten Update WH-1000XM5 die aptX-Unterstützung einfach wegrationalisiert. Als wenn es bei einem Preis jenseits der 300 Euro auf ein paar Euro Lizenzgebühren an Qualcomm angekommen wäre. Aber es ist Sony, wie wir es von früher kennen: nur die Lösung aus dem eigenen Haus zählt (ich sag‘ nur „MemoryStick“ oder „UMD“ oder „MiniDisc“ oder „ATRAC“). Denn LDAC ist eine Sony-Entwicklung, mit der untypischen Eigenschaft, dass es lizenzkostenfrei verwendbar ist.

Nicht gefeit ist man übrigens vor komischen Macken bei Gerätschaften: der Sony beispielsweise stellt den Bluetooth/NC-Betrieb ein, während man ihn per USB lädt. Dann tut nur noch die gute alte Klinke. Wenn Kabel, dann gleich zwei, scheint man sich in Japan gedacht zu haben.

Dieses Konzert-Review ist einer besonderen Person gewidmet, die leider nicht zum Konzert kommen konnte.

Aller guten Dinge sind drei. Alter Spruch. Zeit, ihn mit Leben zu füllen: nach Utrecht (Oktober 2022, TivoliVredenburg) und Weert (April 2023, De Bosuil) nun der würdige Abschluss der „Tales From Six Feet Under – Live In Concert – Dutch Clubtour“ im MEZZ in Breda.

Hinfahrt war zäh – Anreise am Freitag schien eine gute Idee, um einen Tag Entspannung vor dem Konzert zu haben. Aber spätnachmittags durch die Niederlande war der Verkehr eher suboptimal. 8h30min stand am Ende für 560km. „Zäh“ scheint da ein angemessener Begriff.

Ich überspringe mal das Drumrum vom Hotel über den Fußmarsch durch Etten-Leur mit Enten- und Gänse-Beobachtung bis zum Sightseeing in Breda (aufgeschoben ist nicht aufgehoben, es gibt noch ein paar sehr holländische Erkenntnisse zu verbloggen) und komme direkt zum Hauptteil: das Review.

Special Guest aka Support-Act aka Vorgruppe war wieder Blackbriar. Diesmal war der Bassist mit dabei. Lag es daran, dass ich die Musik diesmal noch besser fand als in Weert? Und was ist das geeignete Wort für Zoras Gesang? „Enchanting“ würde der Engländer wohl sagen. Bezaubernd. Verzaubernd. Ich wähne mich schon auf dem Weg zum Fan. Auch schön zu sehen, wie zahlreich die Blackbriar-Fans wieder am Start waren. Nur die Sache mit der „Dutch Clubtour“ hat Blackbriar nicht so verinnerlicht, mir war es recht: Sprache der Wahl zwischen den Songs war Englisch.

Der Anfang von Blackbriar war für mich 20s „Gehirn-Stürm“, um auch mal die Ärzte zu zitieren. „Wow, die Bühne sieht viel kleiner aus als im De Bosuil. Oh, warum ist die Abmischung so schlecht? Man hört Zoras wundervolle Stimme kaum. Moment, warum stehen da drei Jungs mit Gitarren, das waren doch nur zwei in Weert? Stimmt, da hat fürs klassische Lineup 2x Gitarre 1x Bass ja einer gefehlt, warum fällt mir das jetzt erst auf? Kein Wunder, einer mehr, der sich auch noch unglaublich viel bewegt, klar sieht die Bühne dann kleiner aus!“ Dann hat der Mensch am Mischpult die Regler geregelt, Zoras Stimme angemessen im Mix platziert, und ich habe mich den Rest der Performance darauf beschränkt, einfach nur zu genießen ohne weiter über unwichtige und ablenkende Details nachzudenken.

Amüsanter Vorfall zwischendurch bei einer von Zoras Ansagen: „The next song is…I don’t know (geht breit lächelnd kurz nach hinten, um auf die Setlist zu schauen)“. Ich erspare mir und den geneigten Lesern (spürt Ihr den Optimismus? Plural! „Den Lesern“!) hier das naheliegende Wortspiel mit „Blackout“. Ooops, doch nicht. Jedenfalls kam es mir fast so vor, dass dieses Nicht-Ereignis ein wenig den Ton für den ganzen Abend setzte: entspannte Wohlfühl-Atmosphäre, wie man es sich zum Tour-Abschluss wünscht. Nicht so zu verstehen, dass es an Spannung und Drive gemangelt hätte, ganz im Gegenteil – aber es war so eine Unverkrampftheit, so ein Verzicht auf den allerletzten Perfektionismus, ein guter „Flow“. Bonuspunkte für Zora für das Weglassen der seltsamen geweihartigen Kopfbedeckung, die mich in Weert irgendwie…irritiert hat.

Trotz der qualitativ hochwertigen Vorgruppe – man kommt ja irgendwie doch für den Haupt-Act. Kurz nach 21.30h war es dann soweit: Charlotte und Band betraten die Bühne. Zuvor gab es eine Animation auf dem großen Schirm aka „das große runde Ding in der Mitte“ der Charlotte-Figur aus dem Superhuman-Video, die langsam größer wurde und so ein Näherkommen des Ereignisses symbolisierte. Es sind halt die liebevollen Details, die den geneigten Zuschauer faszinieren, und wenn ich mich recht erinnere, war es auch neu gegenüber dem Weert-Konzert. Also nicht nur liebevolle Details, sondern auch liebevolle Detailoptimierung während die Tour läuft.

Wie immer vorab mal die Setlist zur Orientierung (nach meiner Erinnerung…Fehler und Unvollständigkeiten nicht ausgeschlossen):

  • Ouverture (mit Claire)
  • Human To Ruin
  • Superhuman
  • Afkicken
  • The Phantom Touch
  • Venus Rising
  • Source Of The Flame
  • Cry Little Sister
  • Good Dog
  • Toxic (harsh vocals von George)
  • Mary On A Cross (Ghost-Cover, Duett mit Zora Cock von Blackbriar, und Eli am Cello)
  • I Forget (mit Eli am Cello)
  • Victor (mit Eli am Cello, und mit Claire)
  • A Million Lives
  • FSU (2020)
  • Combustion
  • The Final Roadtrip (mit Eli am Cello)
  • Soft Revolution

Zugaben:

  • Against All Odds
  • All You Are

Outro:

  • Utopia

Der Kenner entdeckt kleine Abweichungen zur Weert-Setlist. The Phantom Touch ist nach vorne gerutscht, und das Duett mit Aafke Romeijn („Alles wat ik wil“) wurde wie angekündigt ersetzt durch das Duett mit Zora („Mary On A Cross“, eine Coverversion des Ghost-Originals – Studio oder live). Damit bleibt nun für Aafke nach meiner Meinung nur noch der ehrenwerte dritte Platz in der ewigen Live-Duett-mit-Charlotte-Rangliste, denn Charlotte mit Zora…das ist schon ganz großes Kino. Und noch eine kleine Anmerkung: es herrschte hier für diesen einen Song ein Musikerinnenübergewicht auf der Bühne. Sophia, Eli, Zora und Charlotte stellten auf 4:3. Ich bin mir sicher, das war ein wichtiger Punkt in der Wessels-Bucket-List.

Aber beginnen wir am Anfang. Geschäftssprache war wieder holländisch, wie es sich für eine „Dutch Clubtour“ gehört. Charlotte empfahl charmant den nicht im Holländischen Bewanderten die Verpflichtung eines persönlichen Dolmetschers aus dem Publikum, was in meinem Umfeld nicht zu durchschlagendem Erfolg führte (aber dankenswerter Weise konnten hinterher im Discord wichtige Details geklärt werden – danke an alle Beteiligten!). „Claire“, für die Uneingeweihten, ist Charlottes Klarinette. An der Musikhochschule hat sie das Spielen der Klarinette perfektioniert und hat schon scherzhaft bemerkt, dass das für eine Sängerin ein eher ungünstiges Instrument ist. Aber sie baut wann immer es geht die gute Claire in Performances ein. „Eli“ hingegen ist eine echte Person, Elianne Anemaat, die mit ihrem Cello einigen der Songs den ganz besonderen Zauber verleiht. Auch dem Duett.

Das neu gebildete Song-Duo „Afkicken“ mit „The Phantom Touch“ brachte nach „Superhuman“ Tempo und etwas Härte in die Geschichte – meines Erachtens eine gute Umstellung in der Setlist. Überhaupt „Afkicken“ – neben mir sagte jemand „That’s the Dutch song“ – der wächst mir auch dank des Tänzerinneneinsatzes immer mehr ans Herz in der Live-Version. Und ich hatte das Gefühl, dass Charlotte spätestens ab hier im „FSU-Modus“ war und noch mehr Power in die Songs legte als gewohnt. „Venus Rising“ hat mir auch wieder sehr gut gefallen. Die Ansage zu „Good Dog“ schien für den holländischsprachigen Teil des Publikums sehr erheiternd, wenn ich es richtig verstanden habe kam auch die neue Patron-Tradition des „Meows“ zur Sprache. Und bei „Toxic“ dann der großartige Einsatz von George für die harsh vocals. Nebst Tanzeinlage. Dann „Mary On A Cross“ mit Zora im Duett – oben schon angesprochen, aber eine Wiederholung wert. Die beiden Stimmen harmonieren so phantastisch, das Song-Arrangement passt so perfekt – man (also ich!) ist vergeblich auf der Suche nach weiteren Adjektiven, die der Schönheit der Sache gerecht werden.

Wenn dann Otto schon vor den Zugaben den Kittel auszieht und im roten Shirt weiterrockt, weiß man, dass es langsam ernst wird und aber gleichzeitig leider auch schon dem Ende eines wundervollen Abends zugeht.

„FSU“ war wieder ein echtes Highlight. Charlotte war absolut im „wir reißen jetzt die Hütte ab“-Modus und legte eine Performance hin…wow. Auch wenn – Kritik auf sehr hohem Niveau, aber da kommt der Bruddler wieder in mir durch – vielleicht an der einen oder anderen Stelle hier die Power auf Kosten der letzten gesanglichen Präzision geht.

Von „Combustion“ habe ich im Delain-Kontext nie Notiz genommen. Aber was Timo und Joey da zusammen mit Otto abreißen ist schon allererste Güte. Und nur ein kurzer Zwischenstopp zum Auftakt zum Finale namens „The Final Roadtrip“, der in der Live-Version angenehm rockig rüberkommt.

Den Abschluss vor der Zugabe bildet – kann man nach fünf Konzerten schon „traditionell“ sagen? – „Soft Revolution“. Diesen Song habe ich schon ausgiebig gelobt und ich halte ihn für ein Meisterwerk. Aber die Live-Performance ist etwas sehr besonderes: zum Ende gibt es die dreistimmige Charlotte über die Loopstation, und dann spielt Timo allein mit der Gitarre weiter – einer der zahlreichen Gänsehautmomente. Und danach dann „Against All Odds“ in der Akustik-Trio-Formation, das ruhige Stück vor dem Finale mit „All You Are“ mit einem weiteren Versuch, der Publikumsmeute Gesang zu entlocken. Es würde mich wirklich interessieren, wie sich das auf der Bühne anhört…von meiner Position aus klang es – wie soll ich es optimistisch formulieren – nicht so besonders überzeugend.

Und dann war es auch schon wieder vorbei. Zwei Stunden Musik und Show können verdammt schnell rum sein, so wie es bei allen grandiosen Dingen eben ist. Die Zeit verfliegt. Und man wünscht sich eine professionelle Videoaufzeichnung, um den Moment immer wieder erleben zu können. So bleibt es leider bei den bekannten Unzulänglichkeiten des eigenen Erinnerungsvermögens. Möge dieses Review dabei helfen, die Erinnerungen wachzuhalten.

Charlottes Konzertendeansprache war sehr emotional, so ein letztes Konzert einer Tour ist eben etwas besonderes. Jetzt geht es wieder ins Studio, neues Album steht an, und ich bin schon gespannt wann ich das genießen darf. Und ich bin sicher, alle bei diesem Konzert Anwesenden werden auch die dann hoffentlich folgende Tour wieder besuchen, wenn es sich irgendwie einrichten lässt. Charlotte hat schon mehrfach anklingen lassen, dass sie nun ein „klassisches“ Album machen will, eine lange Writing Session mit Song-Flow aus einem Guss. Ich bin ja klassischer Album-Höhrer und Traditionalist, aber ich konnte bei den Tales From Six Feet Under-Alben da keine Mängel feststellen im Song-To-Song-Flow, das hat alles super zusammen gepasst nach meinem Gefühl. Interessant wird sein, inwiefern bestehende Songs Of The Month in überarbeiteter Form dann auf dem neuen Album erscheinen. Was könnte man bei „Chasing Sunsets“ oder „The Butterfly Effect“ oder „Vigor & Valor“ oder „Fool’s Parade“ noch verbessern? Keine Ahnung, für mich klingen die schon perfekt. Deshalb ist es ja so spannend. Wobei natürlich „Instrumente von echten Musikern einspielen statt Cubase-Instrumentenplugins verwenden“ Verbesserungspotenzial verspricht.

Auch diesmal gab es die nachkonzertlichen Ohrwürmer, die mir Charlotte eingepflanzt hat – „Victor“ und „A Million Lives“. Vor mich hingesummt auf dem ganzen Weg zum Hotel. Warum sind das eigentlich immer andere Songs? Weil die Liste der potenziellen Ohrwürmer eben sehr viele Einträge hat. Das ist für mich auch Teil der Charlotte-Magie.

Harter Themenwechsel. Rückfahrt war super. Sonnig, trocken, 6h15 (mit Pausen). Ich betrachte die Autobahn als rehabilitiert. Zumindest am Sonntag. Der Haken: 5h30 reine Fahrzeit ist zu lang für die „Charlotte Wessels Songs of the Month“-Playlist – selbst wenn man „Chasing Sunsets“ noch ein paar mal wiederholen lässt. 2h39min ist derzeit die Playlist lang mit allen 38 Songs of the Month. Rund 3h fehlen also noch, macht also satte 45 klassische 4min-Songs. Way to go, Charlotte! Alternativ wäre natürlich ein Konzert in der Nähe eine im wahrsten Sinne des Wortes naheliegende Lösung für dieses Dilemma. Andere mögliche Lösungswege wie epische Progrock-Songlängen…ich will niemand auf schlechte Ideen bringen.

Daheim angekommen, aus dem Auto ausgestiegen, und zwei völlig andere Songs waren in meinem Kopf: „Wees Liever Boos“ (einer der „Lost Songs Of The Month“ der wohl nie live gespielt werden wird – wann hätte der besser gepasst als bei der „Dutch“ Clubtour?) und das schon erwähnte „Chasing Sunsets“, der neueste Song Of The Month. Wenn letzterer nicht auf dem nächsten Album ist und prominent auf der Setlist der nächsten Tour auftaucht, falle ich vom Glauben ab.

Bleibt die Frage: wer ist eigentlich dieser George? Schien bekannt zu sein, nur mir natürlich wieder nicht. Ein bisserl recherchiert, Charlottes Nach-Konzert-Instagram-Post intelligent interpretiert, 3 und 7 zusammengezählt…ich tippe mit 98,3%iger Sicherheit auf George Oosthoek, (unter anderem) einer der Sänger bei MaYan (nur echt in der niederländischen Wikipedia). Ich versuche weiter, Experte für niederländische Musikberühmtheiten zu werden, auch wenn ich für das laufende Jahrzehnt da wenig Hoffnung sehe.

Aktualisiert 2023-06-01 – etwas mehr Text, bessere Formulierungen

Manche Dinge dauern etwas länger. Meine Ausrede ist, dass ich ja kaum ein Konzert besuchen kann, wenn ich noch nicht mal die Band kenne. Und leider tue ich das – wie hier beschrieben – erst seit vergleichsweise kurzer Zeit. Kann man nicht ändern – dann halt mein erstes Delain-Konzert erst in der post-Charlotte-Ära. Ort der Handlung: Das Wizemann in Stuttgart, genauer der „Club“. Nahezu ausverkauft würde ich sagen, also mindestens 500 Fans bei eher sparsamer Belüftung. Eben „Club“.

Anreise per Auto in der Stau- und Baustellenhauptstadt Stuttgart erfordert akribische Planung, und so hat das leidlich funktioniert. Das Parkhaus fürs Wizemann-Areal ist etwas abenteuerlich – die Zufahrt, die gleichzeitig Ausfahrt ist, ist breitentechnisch grob einspurig und sehr kurvig, da wäre Gegenverkehr sehr unangenehm, wenn auch im Setting eines solchen Veranstaltungsortes eher unwahrscheinlich – und zudem innen dubios aufgeteilt mit jeder Menge reservierter Parkplätze für „alles-außer-Wizemann-Besucher“. Ein überwindbares Hindernis und nicht mehr als Randnotiz. Und wenn man es nach Konzertende langsam angehen lässt – beispielsweise indem man noch mit freundlichen Fans quatscht – ist das alles entspannt.

Zum Event selbst. Vorgruppe war Xandria. Symphonic Metal aus Bielefeld mit einer langen und wechselhaften Geschichte, die populärste Episode war vermutlich mit Sängerin Dianne van Giersbergen (und „hatte eine niederländische Sängerin“ ist nicht die einzige Parallele der Bandgeschichte zu Delain). Von Xandria kannte ich vorher keinen einzigen Song. Hinterher auch nicht, und vermutlich wird sich das auch so schnell nicht ändern. Es war nicht schlecht oder so, sondern im Gegenteil durchaus nett anzuhören. Aber eben auch schnell wieder vergessen. Da mein einziger Wunsch bezüglich Vorgruppen ist, mich nicht zu nerven, war ich also recht zufrieden mit dem „Support Act“. Der Rest des Publikums hatte wohl eher einen Bezug zu Xandria und schien zufrieden bis begeistert. Schön!

Dann also Delain. Meine Eintrittskarte, recht früh erworben, kündete noch von der „The Masters of Destiny Tour“, bezugnehmend auf das Album „Apocalypse & Chill“ (genau einmal live performed im Februar 2020, dann kam Corona und dann auch noch der Band-Split) mit dem großartigen aber leider bei diesem Konzert nicht performten Song „Masters of Destiny“. Dann erschien (Release Mitte Februar 2023) aber das neue Album „Dark Waters“, und so wurde daraus die „Dark Waters Tour“.

Die Setlist:

  • The Cold
  • Suckerpunch
  • Burning Bridges
  • Invidia
  • The Quest and the Curse
  • April Rain
  • Underland
  • The Hurricane
  • Beneath (mit Paolo Ribaldini)
  • Queen of Shadow (mit Paolo Ribaldini)
  • Your Body Is a Battleground (mit Paolo Ribaldini)
  • The Gathering (mit Paolo Ribaldini)
  • Don’t Let Go
  • Moth to a Flame
  • Not Enough

Zugaben:

  • Mother Machine
  • Sing To Me (mit Paolo Ribaldini)
  • We Are The Others

Wie man sieht eine bunte Mischung von allen Alben vom Debütalbum bis zum neuesten Release. Logischerweise mit einem Überhang des aktuellen Albums, ein bisserl Album-Promotion ist bei einer Tour ja unvermeidlich.

Wie jede Setlist dieser Welt ist auch diese kritikwürdig – hier ist meine (Achtung – Geschmacksache!): „The Cold“ ist einer der schwächsten Songs auf dem neuen Album, warum ausgerechnet der als Intro taugen soll – keine Ahnung. Entsprechend verhalten reagierte nach meiner Beobachtung das Publikum. Und ob man nun unbedingt „Your Body Is a Battleground“ braucht, ist fast schon keine Geschmackssache mehr. Der Song ist nicht mal in meiner Delain-Top-50.

Aber dieser Tiefpunkt der Setlist ist gleichzeitig der Anknüpfungspunkt für einen der gewichtigsten Gründe, warum ich dieses Konzert unterm Strich für irgendwas zwischen ziemlich gut und sensationell halte. Denn der Song wird im Duett mit Paolo Ribaldini performt, was der Qualität sehr zuträglich ist – wie überhaupt die Duette von Diana und Paolo live sehr gut rüberkommen. Die beiden Stimmen harmonieren ganz wundervoll. Zwei meiner Delain-Favoriten, „The Gathering“ und „Sing To Me“, waren wirklich in dieser Kombination eine absolut großartige Sache. Und „The Gathering“ ist ja ursprünglich ein Duett mit Marko Hietala, und diesem Highlight gerecht zu werden – Respekt. Wie ich anderen Setlisten zu dieser Tour entnehme, wurde bei den Zugaben manchmal „Control The Storm“ gespielt – da bevorzuge ich „Sing To Me“ auf jeden Fall. Glück gehabt.

Ich könnte natürlich eine Menge Lieder aufzählen, die ich gerne zum und beim ersten Mal live gehört hätte. „Tell me, Mechanist“. „Are You Done With Me“. „Get The Devil Out Of Me“. Das schon genannte „Masters Of Destiny“. „We Had Everything“. Aber insgesamt muss man sagen: das hat schon so gepasst. Gute Songauswahl. Sehr überraschend fand ich „Invidia“ in der Setlist. Warum war ich eigentlich überrascht? Ein großartiger Song.

Hervorheben will ich auch die gute Soundqualität (im hinteren Bereich von Konzerthallen oft nicht so prickelnd) und das großartige Publikum, das sichtlich Spaß hatte und enthusiastisch bei der Sache war.

Kommt am Ende jetzt der unvermeidliche Sängerinnenvergleich? Da winde ich mich jetzt mal elegant raus und sage, dass ich (leider!) nie live zugegen war, als Charlotte einen Delain-Song live performt hat und mir deshalb logischerweise gar kein Vergleich möglich ist. Was ich aber mit Sicherheit sagen kann: Diana ist genau wie Charlotte eine großartige Sängerin. Und sie singt sowohl alte als auch neue Delain-Songs absolut überzeugend. Und ich kann ehrlich gesagt nicht nachvollziehen, warum einige Fans der Meinung sind, die Stimmen würden sich übermäßig ähneln – ich finde das ganz und gar nicht.

Jedenfalls kann ich für mich festhalten, dass Delain in der Neubesetzung unbedingt einen Konzertbesuch wert sind. Ich freue mich schon auf das nächste. Delain lebt.

Die Inflation, das Schreckgespenst unserer Zeit. Auch nebenan in der Politikabteilung schon mal beleuchtet, vor etwa einem Jahr. Da hier aber „Verschiedenes“ und nicht „Politik“ ist, gibt es jetzt die launisch-leichtgewichtige Variante am nicht unbedingt ernst gemeinten aber dennoch realen Beispiel.

Anno 2015 hatte ich das Preisniveau „S-Bahn zum Frühlingsfest“ und „Achterbahn fahren“ schon in der Überschrift verewigt. Im Prinzip ein Mini-Warenkorb aus „Mobilität“ und „Freizeitvergnügen“ – na wenn das nicht Potenzial hat um den Big-Mac-Index abzulösen. Leider habe ich mir die Burgerpreise (Wasenburger – warum gehört da Mozzarella drauf? Egal, trotzdem lecker) nicht gemerkt.

Jedenfalls hat auch 2023 die S-Bahn ihren Vorsprung verteidigt, auch wenn der Abstand geringer wurde: 7,40€ für Hin- und Rückfahrt sind hier fällig, während sich die Achterbahn (endlich wieder die Alpina-Bahn, immer noch mein Favorit unter den transportablen Nicht-Looping-Achterbahnen) mit 7€ begnügt. Zurückgerechnet auf die 8 Jahre liegt damit die jährliche Inflationsrate bei etwa 4%. Also etwas über dem Schnitt, aber nicht dramatisch.

Deutlich schlimmer ist übrigens die Inflation bei den S-Bahn-Verspätungszeiten geworden: 5min auf der Hinfahrt, 10min auf der Rückfahrt. In den ersten 10 Jahren ihres Bestehens war die S-Bahn im Stuttgarter Verkehrsverbund noch ein Synonym für Pünktlichkeit (kein Wunder, damaliger Vergleichsmaßstab war der vorher übliche DB-Nahverkehr (die Älteren erinnern sich noch an die typischen „Silberling“-Waggons, den Jüngeren sei gesagt, dass immerhin schon die E-Lok fuhr und nicht mehr mit Dampf gearbeitet wurde), der schon damals das heute DB-übliche Verspätungsniveau erreichte). Auch Mitte der 90er war außerhalb der besonderen Situation „erster kräftiger Schneefall“ noch alles in Butter. Heute ist man eher auf dem Niveau „notorisch unzuverlässig und unpünktlich“ angekommen. Also wieder auf DB-Fernverkehr-Niveau. Das spricht dann wieder für die Achterbahn in der Inflationsbetrachtung: dort war die abgelieferte Qualität absolut konstant.

Sonst etwas bemerkenswertes? Faszinierend finde ich immer die Losbuden, weil man am dort verfügbaren Plüschtierbestand einschätzen kann, was bei der jungen Zielgruppe gerade „in“ ist. Inzwischen bin ich schon so alt, dass ich nur noch einige wenige Figuren überhaupt identifizieren kann – Spider-Man (Zeichentrick, nicht Film oder Comic), Pikachu, Sonic, Minions, Patrick (von Sponge-Bob), Grogu, ein Glücksbärchi…Ende. Daneben jede Menge unidentifizierbares Zeugs. Kein Scratch, kein Nemo, keine Dorie, kein Sid. Kein Dönertier. Und weil ich gerade gestern einen gesehen habe: auch kein Kirby! Ein Skandal.

Man verzeihe mir den schlechten Wortwitz im Titel. Und den Abküfi – es geht um „Tales From 6 Feet Under – Live In Concert“ im Rahmen der „Dutch Clubtour“ von Charlotte Wessels, genauer um das Premierenkonzert im De Bosuil in Weert. Wobei: Premiere war ja im Oktober in Utrecht, aber da war die Idee der „Clubtour“ noch gar nicht offiziell geboren – das Utrecht-Konzert wurde quasi retrospektiv der Tour noch zugeordnet, davon kündet jedenfalls das (wunderschöne) Tour-T-Shirt.

Nun also Weert, verkehrsgünstig gelegen nahe Mönchengladbach – d.h. also verkehrsgünstig aus deutscher und vielleicht noch belgischer und luxemburgischer Sicht, Niederländer außerhalb von Limburg mögen da eine gegenteilige Ansicht vertreten. „De Bosuil“ ist der Club, auch genannt das „Paradiso von Limburg“ – dazu muss man wissen, dass das Paradiso in Amsterdam als quasi der heilige Ort der Club-Konzert-Szene in den Niederlanden gilt. Zumindest habe ich das so verstanden, ich will hier nicht den Experten für niederländische Clubkultur mimen, nichts könnte ferner der Realität sein.

Mein Online-Übersetzungstool erzählt mir, dass „De Bosuil“ übersetzt „Der Waldkauz“ bedeutet – ein genauso spannender wie nutzloser Fakt, und es scheint fast so, als wolle ich das Intro dieses Blog-Posts künstlich in die Länge ziehen, um irgendwie Spannung aufzubauen. Nichts könnte mir ferner liegen. Zur Sache also.

Wobei, eine Kleinigkeit noch vorab: der Name „Dutch Clubtour“ hat sich insofern als (für mich) überraschend zutreffend erwiesen, als dass Charlotte den Abend mit überwiegend holländischen Ansagen bestritten hat. Ich höre die Sprache gerne, aber Charlotte hat da ein Tempo drauf, wann immer man ein „klingt so ähnlich wie im Deutschen“-Wort erhascht hat und einen Sinnzusammenhang versucht herzustellen, ist sie schon zwei Sätze weiter. Und so habe ich beispielsweise die Erläuterungen zum Einsatz des Loopers nur partiell verstanden, als aufmerksamer Teilnehmer der Patreon-Hangouts weiß man aber natürlich trotzdem Bescheid.

Jetzt aber wirklich endlich zum Konzert. Wobei, vor dem Konzert ist immer der Besuch beim Merchandise-Stand angesagt. Charlotte bemüht sich ja immer, auch in der Design-Sparte zu glänzen. Das Club-Tour-T-Shirt ist auch wirklich eine absolute Schönheit geworden, auch wenn ich die von mir vorgeschlagene Fußnote bezüglich der monochromen Rückseite vermisst habe – kleiner Scherz am Rande für Discord-Insider. Lobenswert im „Cards Only“-Paradies Niederlande: Barzahlung war möglich. Auch eine großartige Idee: die Setlist zum Konzert gab es als Stück Holz mit eben jener Setlist eingraviert – mit Datum und Ort! – nebst Autogramm von Charlotte. Angesichts der Unmengen an Zeugs, die bei mir in der Gegend rumstehen, habe ich schweren Herzens von einem Kauf abgesehen, aber es sah schon sehr schmuck aus.

Kommen wir zum Support-Act bzw. „Special Guest“, wie es heutzutage heißt. Wobei, es gab da noch vor dem Auftritt von Blackbriar einen klitzekleinen Fauxpas mit der Vor-Konzert-Playlist – es ist einfach nicht statthaft, das wunderbare „Running Up That Hill“ von Kate Bush so rüde zu unterbrechen. Bemühungen um einen pünktlichen Konzertanfang hin oder her.

Jetzt aber wirklich und endgültig zur Sache. Blackbriar hat fast eine Stunde gespielt, wie sich herausstellte hatte die Sängerin Zora auch noch Geburtstag, was die recht zahlreich anwesenden Blackbriar-Fans als Anlass für das klassische Geburtstagsständchen genommen haben. Erwähnenswert auch, dass Blackbriar unter den Vorgruppen in meiner Kategorie „von denen kenne ich kein einziges Lied“ ganz weit vorne war (was gleichzeitig heißt, dass mein wie immer ambitioniertes Ziel „von denen höre ich mir vor dem Konzert mal ein paar Sachen an“ auch diesmal kläglich gescheitert ist). Sehr interessanter, gut anzuhörender melodischer Goth-Metal-Rock. Und Zora hat eine sehr schöne und auch besondere Stimme. Besonders zauberhaft, dass mit „Mortal Remains“ Charlottes Blackbriar-Lieblingssong in die Setlist aufgenommen wurde. Randnotiz: die beiden Gitarristen konnten sich haar- und bart-technisch nicht auf einen gemeinsamen Nenner einigen, spielten aber zum Ausgleich identisch aussehende Gitarren – nach dem, was ich über die persönlichen Vorlieben dieses besonderen bis eigenwilligen Menschenschlags bisher gelesen und gehört habe, fand ich das ungewöhnlich.

Dann endlich: Charlotte mit dem bereits aus Utrecht bekannten Band-Lineup. Logischerweise ging es auf der kleinen Bühne eines Clubs etwas enger zu als im großen Ronda-Saal im TivoliVredenburg, aber die Adaption an diese etwas intimeren Verhältnisse ist wirklich sehr gut gelungen, mein Kompliment. Der Screen, Claire, Eli am Cello, und sogar die beiden Tänzerinnen konnten sich noch unfallfrei bewegen. Clevererweise hat Charlotte diesmal auf den Kleiderwechsel mitten in der Show verzichtet, das hätte ganz sicher zu Chaos geführt.

Die Setlist:

  • Ouverture
  • Human To Ruin
  • Superhuman
  • Afkicken
  • Venus Rising
  • Source Of The Flame
  • Cry Little Sister
  • Good Dog
  • Toxic
  • Alles Wat Ik Wil (Duett mit Aafke Romeijn)
  • I Forget (mit Eli am Cello)
  • Victor (mit Eli am Cello)
  • A Million Lives
  • FSU (2020)
  • Combustion
  • The Phantom Touch
  • Soft Revolution

Zugaben:

  • The Final Roadtrip (mit Eli am Cello)
  • Against All Odds
  • All You Are

Outro:

  • Utopia

Für die Uneingeweihten: hinter „Eli“ verbirgt sich Elianne Anemaat, die schon zu Delain-Live-Zeiten die Streichersektion personifizierte und auch bei den Patreon-Hangouts ab und an für Kurzweil sorgt. Kompliment auch an Otto – seines Zeichens Bassist der Band – für die „harsh vocals“ bei Toxic. Sauber hingekriegt. Und so langsam werde ich auch warm mit „Good Dog“ und „FSU“, die ich lange in die Sektion „schwächere Songs“ einsortiert hatte. Charlotte war gesanglich in Hochform und hat auch die höchsten Töne makellos getroffen. Und wie immer der perfekte Mix aus Power und Gefühl. So muss Konzert.

Für mich überraschend: auf dem Weg vom Club zum Hotel – ein etwa 30minütiger Fußmarsch durchs nächtliche Weert, dessen Nachtleben am späten Samstagabend/frühen Sonntagmorgen ich nicht gerade als „überbordend“ bezeichnen würde (soll heißen: außer mir war keine Menschenseele unterwegs) – waren zwei Songs präsent in meinem Kopf, die ich vermutlich nicht in der Charlotte-Top-20 einsortiert hätte: „Venus Rising“ und „Alles Wat Ik Wil“. Das eigene Hirn. Da steckste nich drin.

So weit, so großartig und erfreulich. Als geborener Schwabe gibt es aber diesen inneren nicht unterdrückbaren Drang, auch im Falle einer rundherum gelungenen Veranstaltung ein paar „Bruddler-Punkte“ zu benennen. Dr Schwob bruddeld hald gern. Der Engländer würde es wohl als „nitpicking“ bezeichnen. Als Vergleichsmaßstab dient hier – unfairerweise – das Konzert in Utrecht im TivoliVredenburg im Oktober vergangenen Jahres  – das ist zugegebenermaßen eine Latte, die höher nicht liegen könnte.

Also, los geht es mit meinen Mini-Kritikpunkten. Die Setlist fand natürlich nicht meine volle Zustimmung. Keine Überraschung, weil noch keine Setlist in 35 Jahren Konzertbesuche das jemals getan hat. „Masterpiece“, der Feel-Good-Patreon-Song, wurde leider nur vom Band nach dem Konzert partiell gespielt. „Fool’s Parade“, einer meiner Lieblingssongs, hat es – möglicherweise in Ermangelung von Alissa White-Gluz – ebenfalls nicht auf die Setlist geschafft, obwohl ich sicher bin, dass das nicht zwingend eine Duett-Nummer sein muss. Aafke Romeijn wird es mir hoffentlich verzeihen, aber das ziemlich gute „Alles Wat Ik Wil“-Duett kann natürlich „Fool’s Parade“ und „Lizzie“ mit Alissa nicht adäquat ersetzen. Die „All You Are“-Zugabe war publikumsgesangstechnisch naturgemäß deutlich sparsamer ausgestattet als in Utrecht. Der Sound generell hat auch nicht meine ungeteilte Zustimmung gefunden, im Einzelfall nach meinem Geschmack etwas zu übersteuert, und in der Abmischung verbesserungswürdig – als Fan von Charlottes Gesang bevorzuge ich da eine etwas präsentere Abmischung, aber den Kritikpunkt äußere ich auch in schöner Regelmäßigkeit bei den SotM-Abmischungen, es könnte also auch einfach eine persönliche Macke sein.

Und zuletzt muss ich zugeben, dass Charlotte über all die Zeit, in der ich nun ihr rühriges Tun bewundere, bisher immer irgendeine Überraschung aus dem Ärmel gezaubert hat – das hat diesmal gefehlt, die Show war letztlich der auf die kleiner-Club-Bedürfnisse zusammengeschrumpelte kleine Bruder der Utrecht-Show. Dabei hätte ich eine längere Wunschliste gehabt – ich hätte gerne „Bühnenshow“ gegen „ein paar Lieder mehr“ getauscht, gerade die neuen Songs of the Month wie „Sweep Your Ashes“ oder „Butterfly Effect“ wären es wert, live gespielt und gehört zu werden. Oder „Vigor & Valor“, einer meiner Favoriten. Und ich plädiere für eine „Lost Songs Of The Month“-Tour mit allen Songs, die noch nie live gespielt wurden. Und außerdem eine Neuaufnahme aller Songs mit echten Musikern im Live-Arrangement. Und überhaupt (mit-dem-Fuß-auf-den-Boden-stampf)!

Nach diesem Gebruddel will ich aber einordnenderweise nochmal betonen, dass ich hier unterm Strich wirklich über unbedeutende Randdetails referiere. Das Gesamterlebnis „Tales From 6 Feet Under – Live In Concert“ ist einfach nur in der Kategorie „großartig und unvergesslich“ einzustufen. Ich will es mal so ausdrücken: wenn mich einer fragt, ob ich morgen nochmal 1000km per KfZ zurücklegen will, um erneut dabei zu sein: ja, klar, auf jeden Fall. Und jederzeit wieder. Und dann nochmal.

Ich schließe mit dem ebenso traditionellen wie verdienten „Very well done, Charlotte Wessels“. Für alle, die Weert verpasst haben: es gibt noch drei weitere Chancen. Obligatorischer Hinweis: Unterstützung über Patreon ist auch eine valide Option. Und alle Fans eint die Hoffnung, dass es mit dem kommenden Album auch wieder eine Tour geben wird – Daumen drücken! Do The Thing, Charlotte!

Nur Optimisten hatten das schon 2023 für möglich gehalten. Ich gehörte nicht dazu.

Es gibt nun tatsächlich nicht weniger als vier Möglichkeiten im Rahmen ihrer „Dutch Clubtour“, im April und Mai die wunderbare Charlotte Wessels live in concert zu genießen. Mit Blackbriar als Support Act. Und der hierzulande weitestgehend unbekannten Aafke Romeijn als Duettpartnerin bei Alles Wat Ik Wil bei den ersten beiden Konzerten.

Also zum Vormerken (direkte Kartenkauflinks über Charlottes Homepage):

Jeder sollte mindestens einmal im Leben Soft Revolution live gesehen haben. Obligatorischer Hinweis: Unterstützung über Patreon ist auch eine valide Option.

Randnotiz: Schön zu sehen, dass die Niederländer unseren Karfreitagsveranstaltungsverbotsquatsch nicht mitmachen.

Es ist noch nicht allzu lange her, als ich irgendwo in den Weiten des Free-TVs (RTL 2 vielleicht?) ein paar Stunden Musikdoku über bekannte und weniger bekannte Cover-Versionen gesehen habe. Unter anderem mit Kommentaren des von mir sehr geschätzten Markus Kavka. Und des von mir weniger geschätzten Nils Bokelberg – der sich meiner Abneigung seit Viva-Zeiten sicher sein kann – der aber in diesem einen speziellen Fall durchaus erkenntnisgewinnbringend kommentierte, wie ich ehrlicherweise sagen muss.

Nun gibt es ja unterschiedliche Herangehensweisen und Varianten, wenn ein Künstler sich dazu entscheidet, einen meist schon gut abgehangenen Song zu covern. Manchmal nimmt man einen Top-Hit, ändert möglichst wenig, und hofft auf die eigene Bekanntheit, um das zum Hit zu machen. Ich denke da an „Father And Son“ von Cat Stevens und die spätere Version von Ronan Keating. Oder „Freedom“ von George Michael, später neu interpretiert von Robbie Williams. Oder im deutschen Sprachraum „Junimond“ von Rio Reiser bzw. als Cover von Echt. Ein wirklich guter Song überlebt eben jeden Interpreten.

Auch gerne genommen: Top-Hit ist schon älter, d.h. die junge Generation kennt den Song nur in Ausnahmefällen. Und dann wird am Cover kräftig soundtechnisch geschraubt und wirklich eine neue Version draus gemacht. Da kommt mir „Sound Of Silence“ in den Sinn (Simon & Garfunkel vs. Disturbed).

Dann gibt es die Variante, einen eher unbekannten Song zu nehmen und daraus einen Hit zu machen. Ich denke da an Natalie Imbruglia mit „Torn“ (da darf jeder gerne recherchieren, wo da die Originalversion herkommt, das ist eher überraschend). Oder vielleicht sogar an „Flugzeuge im Bauch“, das im Grönemeyer-Original ja eher weniger erfolgreich war, und dann durch eine…interessante Version von Oli P. zum absoluten Top-Hit wurde – inklusive weitgehenden Abwandlungen und eigentlich eines ganzen Genrewechsels.

Und Genrewechsel führen da durchaus manchmal zu interessanten Neuauflagen. Zwei Beispiele, die ich im Ohr habe: „Irgendwie, Irgendwo, Irgendwann“ – das ist von Nena schon ziemlich anders als das Cover von den Absolute Beginners mit der sehr…speziellen? charakteristischen? Stimme von Jan Delay. Oder wie wäre es mit „Ding“ – Seeed vs. Feuerschwanz. Letztere Band hat übrigens auch sehr besondere Cover-Versionen einer Manowar-Hymne und eines Abba-Klassikers anzubieten.

Nun habe ich durch eine Reihe komischer Zufälle und dank der ein einziges Mal funktionierenden AI von YouTube die Band Fleesh gefunden. YouTube-Kanal hier für die volle Dröhnung. Genauer gesagt gelang der Einstieg über einen meiner All-Time-Favourites, Sugar Mice von Marillion aus der guten alten Fish-Zeit. Hier die Fleesh-Version auf YouTube. Es passiert mir sehr selten, dass ich mich kaum entscheiden kann, ob ich bei einem Lieblingssong die Cover-Version nicht vielleicht sogar ein wenig besser finde. Und weil sich das so gut anließ, habe ich mir gleich das nächste Marillion-Cover reingezogen: Script For A Jester’s Tear. Verdammt noch mal großartig. Und es gibt ein komplettes Marillion-Tribute-Album von Fleesh. Aber bevor ich dazu kam, bin ich stattdessen auf drei Pink Floyd-Coverversionen gestoßen: Comfortably Numb, On The Turning Away, High Hopes. Oder wie wäre es mit einer der besten Balladen der Scorpions namens „Send Me An Angel“?

Sechs absolute Volltreffer. Die Stimme passt sensationell zu diesen Songs – was angesichts der Originalsänger doch einigermaßen erstaunlich ist (und wer jetzt denkt, Fleesh könnten keine Cover-Versionen von Songs mit Sängerinnen machen, wird durch ein Nightwish-Cover eindrucksvoll widerlegt). Und musikalisch sind die Cover-Versionen extrem nah am Original – weil was könnte man bei solchen Klassikern der Rock-Geschichte schon verbessern? Eben.

Jetzt unterstütze ich Fleesh auf Patreon. Da scheint sich ein Muster abzuzeichnen.

Der vorherige Blog-Post konzentrierte sich mehr auf die allgemeinen Dinge des großartigen Konzertereignisses „Tales From Six Feet Under – Live In Concert“ von und mit der ebenso großartigen Charlotte Wessels im TivoliVredenburg in Utrecht am vergangenen Wochenende.

In diesem zweiten Beitrag zum Thema will ich mehr aus der und über die Community-Perspektive schreiben. Wie ich früher schon erwähnte, bin ich seit kurzem Unterstützer von Charlotte bei Patreon, und im Rahmen dieser Patreon-Community wurde beim Utrecht-Wochenende wirklich so einiges geboten. Nicht zuletzt soll dieser Beitrag ein großes Dankeschön an alle sein, die dazu beigetragen haben, dass dieses erlebte Wochenende mir wirklich unvergesslich bleiben wird. Es gibt in dieser Patreon-Community eine ganze Menge netter Menschen, die zudem viel Zeit und Kreativität investieren, wovon dann auch Leute wie ich profitieren dürfen.

Beginnen wir mit dem organisatorischen Vorlauf zum Wochenende hin. Die Rahmenbedingungen waren gegeben: die meisten Patrons würden schon mindestens am Abend vorher in der Stadt sein, Konzert dann am Sonntagabend, und als krönender Abschluss der „Hangover Hangout“ am Montagmorgen. Dazu muss man wissen, dass ein (zumindest für mich) nicht unwichtiger Teil von Charlottes Patreon-Bemühungen die monatlichen „Hangouts“ sind, ein Online-Videostream, wo sie Fragen beantwortet, Lieder für uns singt, Neuigkeiten verkündet und generell die Community pflegt. Sehr kurzweilige 90 bis 120 Minuten, teils sympathisch-chaotisch, ein echtes monatliches Highlight. Und nun also ein erster „Live-und-in-Präsenz“-Hangout am Morgen nach dem Konzert. Und so wurde im Discord-Chat um diese Rahmenbedingungen herum das Wochenende weiter angereichert.

Denn dankenswerterweise fanden sich freundliche Menschen, die Meetups vor dem Konzert organisierten, damit sich die Patrons vorher treffen, kennenlernen und austauschen konnten. Mein erstes Hineinschnuppern begann Samstag Abend in einem sehr wenig irisch anmutenden Pub namens „Little Dublin“, wo ich einige Leute treffen konnte, die ich vorher nur aus dem Discord-Chat kannte. Herausforderungen: Konversationen auf Englisch folgen in einer eher „lauten“ Umgebung, und immer versuchen den Realnamen und das Discord-Pseudonym und das Gesicht irgendwie im Gedächtnis zu verankern. Ich war nur mäßig erfolgreich. Das tat dem vergnüglichen Abend aber keinen Abbruch, besonderer Dank an die „Stuttgart-Gang“. Und der Rückweg in der Nacht vom Pub zum Hotel zeigte einmal mehr, dass Google Maps auf dem Smartphone ein unverzichtbares Werkzeug der Neuzeit ist. Wie hat das früher funktioniert? Patentgefalteter Falk-Stadtplan und Taschenlampe? Ich erinnere mich nicht mehr.

Zum Lunch am Sonntag traf man sich dann in kleiner geselliger Runde im „Karibu“, einem afrikanischen Restaurant im Norden der Innenstadt von Utrecht, direkt jenseits der rund-um-Utrecht-Inner-City-Gracht (klingt komisch – ein Blick auf Google Maps macht hoffentlich klar, was ich meine). Günstig gelegen für den anschließenden Besuch bei Pien im Griftpark – das ist eine sehr spezielle Story, in der erwachsene Menschen in einen Streichelzoo pilgern um eine beinahe berühmte Ziege zu besuchen. Die Sinnhaftigkeit des Unterfangens erschließt sich hier nur dem wahren Fan und Insider. Jedenfalls war es in Summe kein kulinarisches Highlight, aber definitiv ein tierisches. Und ein kommunikatives. Und ich konnte den freundlichen Utrechter treffen, der sich die viele Mühe gemacht hat, zwei der Pre-Show-Meetups zu organisieren. Wer jemals versucht hat, so viele Menschen unter einen Hut zu bringen, weiß das zu schätzen. Nebenerkenntnis: Bargeld ist in den Niederlanden weitgehend aus der Mode. Und deutsche EC-Karten funktionieren nicht immer. Google Pay und V-Pay aka Visa Debit hat es in meinem Falle gebracht.

Es folgte Dinner im „Bunk“-Restaurant, einer umgebauten ehemaligen Kirche, in etwas größerer Runde. Was sich später als etwas kompliziert in der Abwicklung der Zahlungen herausstellte, aber gute Organisation ist eben nicht jedem Restaurant gegeben. Auch hier kein kulinarisches, aber ein kommunikatives Highlight, wo ich ein paar neue Gesichter schon bekannten Discord-Pseudonymen zuordnen konnte. Auch wenn es im Hirn langsam etwas eng wurde, mein Personengedächtnis ist sowieso eher miserabel. Danach ging es dann gemeinsam zum TivoliVredenburg und der großen „Wartetreppe“ rauf zum Konzertsaal, wo schon jede Menge Fans den Einlass begehrten, um entweder beim Merchandise zuzuschlagen oder sich die besten (Steh-)Plätze im Saal zu sichern. Ich bin da traditionell nie in vorderster Front, habe geduldig beim Merchandise auf die Chance zum Kauf des unvermeidlichen Konzert-T-Shirts gewartet, und mich hinten im Saal einsortiert. Da hat man nicht nur die Künstler, sondern auch die Fans im Blick und etwas mehr Bewegungsfreiheit, ohne anderen Besuchern auf die Nerven zu fallen.

Zum Konzert selbst habe ich im vorigen Post ja schon einiges geschrieben, also direkt weiter zum Nachkonzertgeschehen. Vor allem die NSFW-Crew wartete geduldig auf das traditionelle Post-Concert-Meetup mit der Band. Ich bin nicht so der meet-and-greet-Fanatiker und bin generell immer eher der Auffassung gewesen, dass man den Künstlern gerne auch nach der Show ein bisserl Ruhe gönnen darf. Aber die Herzlichkeit von beiden Seiten beim nachkonzertlichen Austausch nebst unvermeidlicher Fotosessions und Signierung diverser Devotionalien hat mich da nachdenklich gemacht – ich hatte wirklich den Eindruck, dass Charlotte und Band da einen speziellen Draht zu den Fans haben und das ganze keine Last und Pflichtaufgabe, sondern echtes Vergnügen war. Schön zu sehen. Derweil pflegte ich zwei längere Konversationen mit höchst sympathischen Zeitgenossen – es hat seinen Vorteil, wenn man die Community schon vorher etwas kennengelernt hat, da fühlt man sich auch als Alleinreisender alles andere als allein. Ein echtes Highlight für mich.

Am nächsten Morgen dann das, was sich als das eigentliche Highlight nichtmusikalischer Natur herausstellen sollte: der Hangover Hangout, live im Gys, einem vegetarisch-vegan-biologisch-dynamisch angehauchten Restaurant gleich ums Eck des Hotels, in dem ich übernachtete. Die zwei Stunden dort vergingen wie im Flug, und trotz der Enge und des nicht unerheblichen Lärmpegels war es einfach super. Jetzt wieder nicht kulinarisch gesehen, sondern kommunikativ. Und Community-technisch, denn die Patrons haben zum Abschluss für Charlotte die wirklich wunderschönen Zeilen aus „Soft Revolution“ gesungen, und es ist wohl den „Vorsängern“ zu verdanken, dass das wirklich sensationell gut geklappt hat – ich hatte da vorher so meine Bedenken, als ich die Idee gehört habe, aber die waren schon nach der ersten Zeile wie weggeblasen.

I call for a soft revolution tonight
A soft spoken yet deafening battle cry
We’ll drive out the demons with only a dream
We’ll sing till we’re sore even if we can’t sing

I call for a soft revolution tonight
A soft spoken yet deafening battle cry
I’ll do all the things they said I couldn’t do
I’ll run for my life, I’m not running from you

Die Veranstaltung endete dann mit einer weiteren Selfie-Foto-Signier-Session, wo ich nicht umhinkam, erneut die Geduld und Freundlichkeit von Charlotte zu bewundern. Beardboy erzählte uns, während wir in der Schlange warteten, von den derzeit stattfindenden Renovierungsarbeiten im Nachbarhaus und dem daraus resultierenden Bohrer- und Sägeneinsatz ab 7 Uhr in der Früh. Es steht also zu erwarten, dass das nächste Album von Charlotte einen starken Industrial-Sound-Einschlag haben wird.

Wie ich schon erwähnte, bin ich nicht so der Autogrammjäger oder Foto-mit-Künstler-Interessierte. Jedes Foto von Charlotte könnte nur schlechter werden, wenn ich auch mit drauf bin. Aber ich habe die Chance genutzt, Charlotte persönlich meine große Wertschätzung und Freude über ihr Tun und Schaffen mitzuteilen. Ich hoffe, meine englischen Sprachkenntnisse haben ausgereicht, das adäquat rüberzubringen.

Und so endete diese „Community Experience“, ein unvergessliches Wochenende, ein echtes Highlight. Danke an alle Beteiligten, die das möglich gemacht haben.

Ich denke, Charlotte Wessels sollte Kurse und Beratungsleistung anbieten zum Thema „Community Building“. Was sie geschaffen hat mit ihrer Patreon-Community ist wirklich außergewöhnlich. Ich kann das gar nicht genug loben und meine Wertschätzung zum Ausdruck bringen. Man muss sich nur vor Augen führen, was alles im Vorfeld des Konzerts zusätzlich passiert ist. In einer Zeit der intensiven Vorbereitung auf ein so großes Event, in der es eigentlich keine freie Minute gibt, wurde das Release von „Tales From Six Feet Under Vol.II“ gebührend gefeiert, das Video zu „Venus Rising“ veröffentlicht nebst der Organisation der End Credits, der Hangover-Hangout ins Leben gerufen und geplant, neuer Merchandise auch fürs Konzert finalisiert, der Patreon-Rabatt für den Merchandise-Kauf beim Konzert organisiert, die Bilderserie für die Projektion während „Masterpiece“ beim Konzert organisiert, der Oktober-„Song of the Month“ finalisiert und released (ein Song von großartiger Qualität, nebenbei bemerkt: „Fool’s Parade“, eine erneute Zusammenarbeit mit Alissa White-Gluz). Wüsste man es nicht besser, man würde ein riesiges Team an Mitarbeitern hinter dieser Unternehmung vermuten.

Das ganze Ausmaß der Hingabe, des Engagements, der Professionalität, der liebevollen Detailarbeit – es lässt einen beinahe in Ehrfurcht erstarren.

Meine Liste von Menschen, die eine Community so pflegen, wie ich mir das idealerweise vorstelle, hat nun also zwei Einträge: Charlotte Wessels und Daniel Stenberg, Mastermind hinter curl bzw. libcurl. Den ehrenwerten dritten Platz würde ich an Alexej Melnikov aka Sorgelig vergeben, der treibenden Kraft hinter MISTer. Ja, ich bin halt etwas IT-lastig unterwegs.

Und ich schließe mit einem neuerlichen „Very well done, Charlotte Wessels“. Ich kann das nicht oft genug sagen. Und feiern. Und loben.

Es war nach langer Zeit mal wieder Konzertwochenende. Charlotte Wessels, „Tales From Six Feet Under – Live in Concert“ im TivoliVredenburg in Utrecht, Niederlande. 1200km Autofahrt und zwei Hotelübernachtungen für eine 3h-Veranstaltung? Ob hier Aufwand und Ertrag in einem vernünftigen Verhältnis stehen, liegt natürlich im Auge des Betrachters. Ich hatte irgendwann im Juli, als ich spontan die Karte gekauft habe, auch so meine Zweifel. Im Nachhinein muss ich feststellen, dass diese unbegründet waren. Im Rückblick würde ich sogar sagen „absurd unbegründet“.

Ich will das Gesamtereignis aus zwei unterschiedlichen Perspektiven beleuchten. Was folgt ist zunächst die Betrachtung als „normaler“ Besucher eines Rockkonzerts, der ich ja auch irgendwie war. Die zweite Perspektive wird die Patron-Perspektive sein und mehr den Community-Aspekt des ganzen Events beleuchten – da gab es extrem viele Eindrücke zu verarbeiten, ich arbeite noch dran und will kein Publikationsdatum versprechen.

Aber starten wir mit etwas persönlicher Historie. Die Geschichte meiner Besuche von Rockkonzerten irgendwo weit weg ist relativ kurz und umfasst wenig mehr als Fish-Fanclubkonzerte (Oberhausen, Duisburg, Enschede) und a-ha (Köln), alles andere spielte sich letztlich im Raum Stuttgart-München-Frankfurt ab. Wie man sieht, sind Besuche im Ausland extrem selten. Diesmal also Utrecht. Die Niederlande sind ja mautfreies Gebiet, warum also nicht mal ins Auto steigen, 600km fahren und sich mal Utrecht anschauen. Gilt als „Klein-Amsterdam“ ja durchaus als sehenswert.

Zunächst ist festzuhalten, dass die Erfindung von satellitengestützter Navigation zu den ganz großen Erfindungen der Menschheit gehört. Ich würde vermutlich heute noch planlos durch die Sträßchen von Utrecht fahren – immer auf der Hut vor dem nächsten Fahrradfahrer mit zweifellos selbstmörderischen Absichten – und nach dem Hotel suchen. Auch wenn sich das Navi kleinere Schwächen beim Thema „Einbahnstraßen“ geleistet hat und zur Streckenberechnung wirklich unglaublich viel Zeit braucht (viel länger als seine Vorgängerversion, die maximal im Ein-Sekunden-Bereich jemals den Hinweis „Route wird berechnet“ angezeigt hat). Besonders schlecht: das Navi stellt jedes Mal erneut fest, wo es eigentlich gerade ist, ganz so als ob es keine plausible Hypothese wäre, dass so ein Festeinbau-Navi doch immer noch an genau der Stelle sein könnte, wo das Auto das letzte Mal abgestellt wurde. Aber ich schweife ab.

Jedenfalls ist die Innenstadt von Utrecht ein Albtraum für Autofahrer – enge Gassen, viele Fahrräder, optimistische Fahrradfahrer und Fußgänger, und man tut gut daran, sich eher mal in Richtung Schrittgeschwindigkeit zu bewegen – was dann dazu führt, von den Fahrradfahrern überholt zu werden, was das Gefahrenmoment nicht unbedingt verringert. Münster auf Speed. Die Alternativen – Anreise mit Flieger und/oder Bahn, oder Auto irgendwo außerhalb parken und dann mit Öffis in die Innenstadt fahren – habe ich aufgrund von Risikoabwägungen und Planungsaufwand frühzeitig verworfen. In Anbetracht der gemachten Erfahrung würde ich nächstes Mal tatsächlich zur Park+Ride-Taktik tendieren und auf den letzten Kilometern den Öffis vertrauen.

Die Extra-Motivation, um ausgerechnet dieses Konzert zu besuchen, ist ehrlich gesagt eher trauriger Natur. Nach eingehender Beschäftigung mit der Gesamtsituation befürchte ich leider, dass dieses Konzert eine Einzelveranstaltung bleiben wird und die Chancen, dass daraus eine ganze Tour wird, leider recht gering sind. Kommerzielle Realitäten und das Gesamtsetting der Beteiligten, die auf vielen Hochzeiten tanzen, lassen mich das vermuten (und ich hoffe inständig, dass ich mich irre). Also: „once in a lifetime chance“, wenn das keine ausreichende Motivation entfaltet, was denn dann.

Wer die letzten Wochen meine Beiträge hierzublogs gelesen hat (ja, Euch beide meine ich – meine treuen regelmäßigen Leser!), weiß, dass ich mich bezüglich Charlotte Wessels ein wenig dem Fantum hingegeben habe. Ich finde sowohl ihre Sangeskünste als auch ihr Songwriting großartig und dementsprechend war meine Erwartungshaltung bezüglich des Konzerts durchaus im anspruchsvollen Bereich. Und was soll ich sagen: alle meine Erwartungen wurden weit übertroffen. Was Charlotte Wessels da auf die Beine gestellt hat – angefangen von den Musikern über die liebevolle Setlist bis zur Bühnenshow – Respekt. Für solche Dinge hat der Engländer Wörter wie „awesome“, „phantastic“, „marvellous“ oder „sensational“ erfunden. Unterstützung von Eli (Elianne Anemaat) am Cello, dazu als Gast Alissa White-Gluz für Toxic, Lizzie und Fool’s Parade – da bleiben keine Wünsche offen. Miteinbezug des Publikums, die Hymne „Masterpiece“ für die Patrons, die richtige Mischung bei der Ansprache des Publikums zwischen „für alle“ und „für die Hardcore-Fans“. Richtig gut gemacht. Müsste ich einen Kritikpunkt finden, es wäre die erwartet schwierige Umsetzung von „Soft Revolution“ in eine überzeugende Live-Version die meiner Wertschätzung für diesen Song gerecht werden würde.

Die Setlist:

  • Ouverture
  • Human To Ruin
  • Superhuman
  • Afkicken
  • Venus Rising
  • Source Of The Flame
  • Cry Little Sister
  • Good Dog
  • Toxic (mit Alissa White-Gluz)
  • Fool’s Parade (mit Alissa White-Gluz)
  • Lizzie (mit Alissa White-Gluz)
  • I forget (mit Eli am Cello)
  • Victor (mit Eli am Cello)
  • A Million Lives
  • FSU (2020)
  • Combustion
  • The Phantom Touch
  • Masterpiece
  • Soft Revolution

Zugaben:

  • The Final Roadtrip (mit Eli am Cello)
  • Against All Odds
  • All You Are

Outro:

  • Utopia

Eigentlich fehlt hier nur „Vigor & Valor“ und vielleicht „Go To Sleep“ unter meinen Favoriten. Aber ich könnte jetzt auch nicht sagen, was man dafür hätte weglassen sollen, also: alles gut.

Mit größter Freude habe ich außerdem zur Kenntnis genommen, dass viele der Songs in der Live-Performance durch echte Musiker (die „Six Feet Under“-Songs sind ja weitgehend in Isolation am Computer mit Instrumenten-Plugins in Cubase entstanden) wirklich gewonnen haben. Auf eine angenehme Weise wirkten sie für mich im Live-Arrangement rockiger, metalliger. Sehr schön. Außerdem hatte ich das ganze Konzert das Gefühl, dass da gute Freunde zusammen auf der Bühne einen Heidenspaß daran hatten, zusammen zu musizieren, und diese Stimmung ist letztlich auch im Publikum angekommen. Ein Abend unter Freunden, eine wirklich tolle Atmosphäre.

Erfreut kann ich außerdem berichten, dass ich auch dieses Mal viele der Songs textlich neu erfahren konnte. Das passiert mir bei englischsprachigen Künstlern immer wieder, dass ich beim Hören aus der Konserve nicht so auf den Text achte bzw. manchmal so meine Verständnisschwierigkeiten habe und dann zu faul bin die Lyrics nachzulesen. Um dann bei der Live-Performance durch die andere oder bessere Verständlichkeit die Texte neu auffassen zu können.

Nach Konzerten, auf der Heimfahrt, habe ich normalerweise die Angewohnheit, musikalisch eher ein Kontrastprogramm zu fahren. Das war diesmal anders: Tales From Six Feet Under Vol.I, Tales From Six Feet Under Vol.II, alle Songs Of The Month die nicht auf Vol.I und Vol.II zu finden waren, und dann nochmal von vorne. Ich werde dieser Musik nicht überdrüssig.

Very well done, Charlotte Wessels.

Update 2022-08-27: der aufmerksame Leser hat eine Lücke in der Ur-Liste gefunden…Eintrag ergänzt!

Welche Liste eigentlich? Ich hole etwas aus. Andeutungsweise und praktisch nur für Insider verständlich klang das schon mal hier und hier an.

Es war Ende der 80er, Anfang der 90er. Ein eingeschworener Kreis war regelmäßiger Besucher bei Tanzveranstaltungen klassischer Art, der Amerikaner sagt „Ballroom Dancing“ dazu. Tanztee bei der Tanzschule Sauber in WN, Tanzpartys der Katholischen Jugend WN in den Gemeindehäusern in Neustadt, Hegnach oder der Kernstadt. Eben was man so machte, wenn einem nach Stilvollerem und Kultivierterem als Disco-Gezappel war.

Während es für Tänze wie Cha-Cha-Cha, Rumba, Jive, (Disco-)Fox oder teilweise sogar Tango mehr als genug Pop-/Rock-Material gab, war die Auswahl für den „Wiener Walzer“ oder auch „Schneller Walzer“ (weil: recht wenig Wien am Start) schon eher dünn, und so war es eine Art Sport, eine ausreichende Anzahl walzertauglicher Songs zu sammeln. Die daraus resultierende (zumindest im oben genannten eingeschworenen Kreis bekannte) doch eher kurze Liste bestand aus folgenden Popsongs:

  • OMD – Maid Of Orleans
  • Sensus – Sensus
  • Depeche Mode – Clean
  • Erasure – Witch In The Ditch
  • Enya – Caribbean Blue
  • Mecano – Hijo De La Luna (oder als Cover von Loona oder von sehr vielen anderen Künstlern)
  • …und in schwachen Momenten der großen Verzweiflung auch Mandy Winter – Julian

Und nun: Neuzugänge für die Liste. Die Links führen zu YouTube, das heute offenbar das Musikarchiv der Neuzeit darstellt, und während ich das schreibe trauere ich bereits der guten alten Modem- und ISDN-Zeit mit Napster, Gnutella und edonkey nach.

Ergänzungen werden immer gerne per Mail entgegengenommen.

Ergänzung 1 2022-08-27: für die Ur-Liste, da fehlte doch tatsächlich Depeche Mode – Clean (vom Album „Violator“, von dem die meisten vermutlich nur „Personal Jesus“ und „Enjoy The Silence“ erinnern).