Nur Optimisten hatten das schon 2023 für möglich gehalten. Ich gehörte nicht dazu.

Es gibt nun tatsächlich nicht weniger als vier Möglichkeiten im Rahmen ihrer “Dutch Clubtour”, im April und Mai die wunderbare Charlotte Wessels live in concert zu genießen. Mit Blackbriar als Support Act. Und der hierzulande weitestgehend unbekannten Aafke Romeijn als Duettpartnerin bei Alles Wat Ik Wil bei den ersten beiden Konzerten.

Also zum Vormerken (direkte Kartenkauflinks über Charlottes Homepage):

Jeder sollte mindestens einmal im Leben Soft Revolution live gesehen haben. Obligatorischer Hinweis: Unterstützung über Patreon ist auch eine valide Option.

Randnotiz: Schön zu sehen, dass die Niederländer unseren Karfreitagsveranstaltungsverbotsquatsch nicht mitmachen.

Es ist noch nicht allzu lange her, als ich irgendwo in den Weiten des Free-TVs (RTL 2 vielleicht?) ein paar Stunden Musikdoku über bekannte und weniger bekannte Cover-Versionen gesehen habe. Unter anderem mit Kommentaren des von mir sehr geschätzten Markus Kavka. Und des von mir weniger geschätzten Nils Bokelberg – der sich meiner Abneigung seit Viva-Zeiten sicher sein kann – der aber in diesem einen speziellen Fall durchaus erkenntnisgewinnbringend kommentierte, wie ich ehrlicherweise sagen muss.

Nun gibt es ja unterschiedliche Herangehensweisen und Varianten, wenn ein Künstler sich dazu entscheidet, einen meist schon gut abgehangenen Song zu covern. Manchmal nimmt man einen Top-Hit, ändert möglichst wenig, und hofft auf die eigene Bekanntheit, um das zum Hit zu machen. Ich denke da an “Father And Son” von Cat Stevens und die spätere Version von Ronan Keating. Oder “Freedom” von George Michael, später neu interpretiert von Robbie Williams. Oder im deutschen Sprachraum “Junimond” von Rio Reiser bzw. als Cover von Echt. Ein wirklich guter Song überlebt eben jeden Interpreten.

Auch gerne genommen: Top-Hit ist schon älter, d.h. die junge Generation kennt den Song nur in Ausnahmefällen. Und dann wird am Cover kräftig soundtechnisch geschraubt und wirklich eine neue Version draus gemacht. Da kommt mir “Sound Of Silence” in den Sinn (Simon & Garfunkel vs. Disturbed).

Dann gibt es die Variante, einen eher unbekannten Song zu nehmen und daraus einen Hit zu machen. Ich denke da an Natalie Imbruglia mit “Torn” (da darf jeder gerne recherchieren, wo da die Originalversion herkommt, das ist eher überraschend). Oder vielleicht sogar an “Flugzeuge im Bauch”, das im Grönemeyer-Original ja eher weniger erfolgreich war, und dann durch eine…interessante Version von Oli P. zum absoluten Top-Hit wurde – inklusive weitgehenden Abwandlungen und eigentlich eines ganzen Genrewechsels.

Und Genrewechsel führen da durchaus manchmal zu interessanten Neuauflagen. Zwei Beispiele, die ich im Ohr habe: “Irgendwie, Irgendwo, Irgendwann” – das ist von Nena schon ziemlich anders als das Cover von den Absolute Beginners mit der sehr…speziellen? charakteristischen? Stimme von Jan Delay. Oder wie wäre es mit “Ding” – Seeed vs. Feuerschwanz. Letztere Band hat übrigens auch sehr besondere Cover-Versionen einer Manowar-Hymne und eines Abba-Klassikers anzubieten.

Nun habe ich durch eine Reihe komischer Zufälle und dank der ein einziges Mal funktionierenden AI von YouTube die Band Fleesh gefunden. YouTube-Kanal hier für die volle Dröhnung. Genauer gesagt gelang der Einstieg über einen meiner All-Time-Favourites, Sugar Mice von Marillion aus der guten alten Fish-Zeit. Hier die Fleesh-Version auf YouTube. Es passiert mir sehr selten, dass ich mich kaum entscheiden kann, ob ich bei einem Lieblingssong die Cover-Version nicht vielleicht sogar ein wenig besser finde. Und weil sich das so gut anließ, habe ich mir gleich das nächste Marillion-Cover reingezogen: Script For A Jester’s Tear. Verdammt noch mal großartig. Und es gibt ein komplettes Marillion-Tribute-Album von Fleesh. Aber bevor ich dazu kam, bin ich stattdessen auf drei Pink Floyd-Coverversionen gestoßen: Comfortably Numb, On The Turning Away, High Hopes. Oder wie wäre es mit einer der besten Balladen der Scorpions namens “Send Me An Angel”?

Sechs absolute Volltreffer. Die Stimme passt sensationell zu diesen Songs – was angesichts der Originalsänger doch einigermaßen erstaunlich ist (und wer jetzt denkt, Fleesh könnten keine Cover-Versionen von Songs mit Sängerinnen machen, wird durch ein Nightwish-Cover eindrucksvoll widerlegt). Und musikalisch sind die Cover-Versionen extrem nah am Original – weil was könnte man bei solchen Klassikern der Rock-Geschichte schon verbessern? Eben.

Jetzt unterstütze ich Fleesh auf Patreon. Da scheint sich ein Muster abzuzeichnen.

Der vorherige Blog-Post konzentrierte sich mehr auf die allgemeinen Dinge des großartigen Konzertereignisses “Tales From Six Feet Under – Live In Concert” von und mit der ebenso großartigen Charlotte Wessels im TivoliVredenburg in Utrecht am vergangenen Wochenende.

In diesem zweiten Beitrag zum Thema will ich mehr aus der und über die Community-Perspektive schreiben. Wie ich früher schon erwähnte, bin ich seit kurzem Unterstützer von Charlotte bei Patreon, und im Rahmen dieser Patreon-Community wurde beim Utrecht-Wochenende wirklich so einiges geboten. Nicht zuletzt soll dieser Beitrag ein großes Dankeschön an alle sein, die dazu beigetragen haben, dass dieses erlebte Wochenende mir wirklich unvergesslich bleiben wird. Es gibt in dieser Patreon-Community eine ganze Menge netter Menschen, die zudem viel Zeit und Kreativität investieren, wovon dann auch Leute wie ich profitieren dürfen.

Beginnen wir mit dem organisatorischen Vorlauf zum Wochenende hin. Die Rahmenbedingungen waren gegeben: die meisten Patrons würden schon mindestens am Abend vorher in der Stadt sein, Konzert dann am Sonntagabend, und als krönender Abschluss der “Hangover Hangout” am Montagmorgen. Dazu muss man wissen, dass ein (zumindest für mich) nicht unwichtiger Teil von Charlottes Patreon-Bemühungen die monatlichen “Hangouts” sind, ein Online-Videostream, wo sie Fragen beantwortet, Lieder für uns singt, Neuigkeiten verkündet und generell die Community pflegt. Sehr kurzweilige 90 bis 120 Minuten, teils sympathisch-chaotisch, ein echtes monatliches Highlight. Und nun also ein erster “Live-und-in-Präsenz”-Hangout am Morgen nach dem Konzert. Und so wurde im Discord-Chat um diese Rahmenbedingungen herum das Wochenende weiter angereichert.

Denn dankenswerterweise fanden sich freundliche Menschen, die Meetups vor dem Konzert organisierten, damit sich die Patrons vorher treffen, kennenlernen und austauschen konnten. Mein erstes Hineinschnuppern begann Samstag Abend in einem sehr wenig irisch anmutenden Pub namens “Little Dublin”, wo ich einige Leute treffen konnte, die ich vorher nur aus dem Discord-Chat kannte. Herausforderungen: Konversationen auf Englisch folgen in einer eher “lauten” Umgebung, und immer versuchen den Realnamen und das Discord-Pseudonym und das Gesicht irgendwie im Gedächtnis zu verankern. Ich war nur mäßig erfolgreich. Das tat dem vergnüglichen Abend aber keinen Abbruch, besonderer Dank an die “Stuttgart-Gang”. Und der Rückweg in der Nacht vom Pub zum Hotel zeigte einmal mehr, dass Google Maps auf dem Smartphone ein unverzichtbares Werkzeug der Neuzeit ist. Wie hat das früher funktioniert? Patentgefalteter Falk-Stadtplan und Taschenlampe? Ich erinnere mich nicht mehr.

Zum Lunch am Sonntag traf man sich dann in kleiner geselliger Runde im “Karibu”, einem afrikanischen Restaurant im Norden der Innenstadt von Utrecht, direkt jenseits der rund-um-Utrecht-Inner-City-Gracht (klingt komisch – ein Blick auf Google Maps macht hoffentlich klar, was ich meine). Günstig gelegen für den anschließenden Besuch bei Pien im Griftpark – das ist eine sehr spezielle Story, in der erwachsene Menschen in einen Streichelzoo pilgern um eine beinahe berühmte Ziege zu besuchen. Die Sinnhaftigkeit des Unterfangens erschließt sich hier nur dem wahren Fan und Insider. Jedenfalls war es in Summe kein kulinarisches Highlight, aber definitiv ein tierisches. Und ein kommunikatives. Und ich konnte den freundlichen Utrechter treffen, der sich die viele Mühe gemacht hat, zwei der Pre-Show-Meetups zu organisieren. Wer jemals versucht hat, so viele Menschen unter einen Hut zu bringen, weiß das zu schätzen. Nebenerkenntnis: Bargeld ist in den Niederlanden weitgehend aus der Mode. Und deutsche EC-Karten funktionieren nicht immer. Google Pay und V-Pay aka Visa Debit hat es in meinem Falle gebracht.

Es folgte Dinner im “Bunk”-Restaurant, einer umgebauten ehemaligen Kirche, in etwas größerer Runde. Was sich später als etwas kompliziert in der Abwicklung der Zahlungen herausstellte, aber gute Organisation ist eben nicht jedem Restaurant gegeben. Auch hier kein kulinarisches, aber ein kommunikatives Highlight, wo ich ein paar neue Gesichter schon bekannten Discord-Pseudonymen zuordnen konnte. Auch wenn es im Hirn langsam etwas eng wurde, mein Personengedächtnis ist sowieso eher miserabel. Danach ging es dann gemeinsam zum TivoliVredenburg und der großen “Wartetreppe” rauf zum Konzertsaal, wo schon jede Menge Fans den Einlass begehrten, um entweder beim Merchandise zuzuschlagen oder sich die besten (Steh-)Plätze im Saal zu sichern. Ich bin da traditionell nie in vorderster Front, habe geduldig beim Merchandise auf die Chance zum Kauf des unvermeidlichen Konzert-T-Shirts gewartet, und mich hinten im Saal einsortiert. Da hat man nicht nur die Künstler, sondern auch die Fans im Blick und etwas mehr Bewegungsfreiheit, ohne anderen Besuchern auf die Nerven zu fallen.

Zum Konzert selbst habe ich im vorigen Post ja schon einiges geschrieben, also direkt weiter zum Nachkonzertgeschehen. Vor allem die NSFW-Crew wartete geduldig auf das traditionelle Post-Concert-Meetup mit der Band. Ich bin nicht so der meet-and-greet-Fanatiker und bin generell immer eher der Auffassung gewesen, dass man den Künstlern gerne auch nach der Show ein bisserl Ruhe gönnen darf. Aber die Herzlichkeit von beiden Seiten beim nachkonzertlichen Austausch nebst unvermeidlicher Fotosessions und Signierung diverser Devotionalien hat mich da nachdenklich gemacht – ich hatte wirklich den Eindruck, dass Charlotte und Band da einen speziellen Draht zu den Fans haben und das ganze keine Last und Pflichtaufgabe, sondern echtes Vergnügen war. Schön zu sehen. Derweil pflegte ich zwei längere Konversationen mit höchst sympathischen Zeitgenossen – es hat seinen Vorteil, wenn man die Community schon vorher etwas kennengelernt hat, da fühlt man sich auch als Alleinreisender alles andere als allein. Ein echtes Highlight für mich.

Am nächsten Morgen dann das, was sich als das eigentliche Highlight nichtmusikalischer Natur herausstellen sollte: der Hangover Hangout, live im Gys, einem vegetarisch-vegan-biologisch-dynamisch angehauchten Restaurant gleich ums Eck des Hotels, in dem ich übernachtete. Die zwei Stunden dort vergingen wie im Flug, und trotz der Enge und des nicht unerheblichen Lärmpegels war es einfach super. Jetzt wieder nicht kulinarisch gesehen, sondern kommunikativ. Und Community-technisch, denn die Patrons haben zum Abschluss für Charlotte die wirklich wunderschönen Zeilen aus “Soft Revolution” gesungen, und es ist wohl den “Vorsängern” zu verdanken, dass das wirklich sensationell gut geklappt hat – ich hatte da vorher so meine Bedenken, als ich die Idee gehört habe, aber die waren schon nach der ersten Zeile wie weggeblasen.

I call for a soft revolution tonight
A soft spoken yet deafening battle cry
We’ll drive out the demons with only a dream
We’ll sing till we’re sore even if we can’t sing

I call for a soft revolution tonight
A soft spoken yet deafening battle cry
I’ll do all the things they said I couldn’t do
I’ll run for my life, I’m not running from you

Die Veranstaltung endete dann mit einer weiteren Selfie-Foto-Signier-Session, wo ich nicht umhinkam, erneut die Geduld und Freundlichkeit von Charlotte zu bewundern. Beardboy erzählte uns, während wir in der Schlange warteten, von den derzeit stattfindenden Renovierungsarbeiten im Nachbarhaus und dem daraus resultierenden Bohrer- und Sägeneinsatz ab 7 Uhr in der Früh. Es steht also zu erwarten, dass das nächste Album von Charlotte einen starken Industrial-Sound-Einschlag haben wird.

Wie ich schon erwähnte, bin ich nicht so der Autogrammjäger oder Foto-mit-Künstler-Interessierte. Jedes Foto von Charlotte könnte nur schlechter werden, wenn ich auch mit drauf bin. Aber ich habe die Chance genutzt, Charlotte persönlich meine große Wertschätzung und Freude über ihr Tun und Schaffen mitzuteilen. Ich hoffe, meine englischen Sprachkenntnisse haben ausgereicht, das adäquat rüberzubringen.

Und so endete diese “Community Experience”, ein unvergessliches Wochenende, ein echtes Highlight. Danke an alle Beteiligten, die das möglich gemacht haben.

Ich denke, Charlotte Wessels sollte Kurse und Beratungsleistung anbieten zum Thema “Community Building”. Was sie geschaffen hat mit ihrer Patreon-Community ist wirklich außergewöhnlich. Ich kann das gar nicht genug loben und meine Wertschätzung zum Ausdruck bringen. Man muss sich nur vor Augen führen, was alles im Vorfeld des Konzerts zusätzlich passiert ist. In einer Zeit der intensiven Vorbereitung auf ein so großes Event, in der es eigentlich keine freie Minute gibt, wurde das Release von “Tales From Six Feet Under Vol.II” gebührend gefeiert, das Video zu “Venus Rising” veröffentlicht nebst der Organisation der End Credits, der Hangover-Hangout ins Leben gerufen und geplant, neuer Merchandise auch fürs Konzert finalisiert, der Patreon-Rabatt für den Merchandise-Kauf beim Konzert organisiert, die Bilderserie für die Projektion während “Masterpiece” beim Konzert organisiert, der Oktober-“Song of the Month” finalisiert und released (ein Song von großartiger Qualität, nebenbei bemerkt: “Fool’s Parade”, eine erneute Zusammenarbeit mit Alissa White-Gluz). Wüsste man es nicht besser, man würde ein riesiges Team an Mitarbeitern hinter dieser Unternehmung vermuten.

Das ganze Ausmaß der Hingabe, des Engagements, der Professionalität, der liebevollen Detailarbeit – es lässt einen beinahe in Ehrfurcht erstarren.

Meine Liste von Menschen, die eine Community so pflegen, wie ich mir das idealerweise vorstelle, hat nun also zwei Einträge: Charlotte Wessels und Daniel Stenberg, Mastermind hinter curl bzw. libcurl. Den ehrenwerten dritten Platz würde ich an Alexej Melnikov aka Sorgelig vergeben, der treibenden Kraft hinter MISTer. Ja, ich bin halt etwas IT-lastig unterwegs.

Und ich schließe mit einem neuerlichen “Very well done, Charlotte Wessels”. Ich kann das nicht oft genug sagen. Und feiern. Und loben.

Es war nach langer Zeit mal wieder Konzertwochenende. Charlotte Wessels, “Tales From Six Feet Under – Live in Concert” im TivoliVredenburg in Utrecht, Niederlande. 1200km Autofahrt und zwei Hotelübernachtungen für eine 3h-Veranstaltung? Ob hier Aufwand und Ertrag in einem vernünftigen Verhältnis stehen, liegt natürlich im Auge des Betrachters. Ich hatte irgendwann im Juli, als ich spontan die Karte gekauft habe, auch so meine Zweifel. Im Nachhinein muss ich feststellen, dass diese unbegründet waren. Im Rückblick würde ich sogar sagen “absurd unbegründet”.

Ich will das Gesamtereignis aus zwei unterschiedlichen Perspektiven beleuchten. Was folgt ist zunächst die Betrachtung als “normaler” Besucher eines Rockkonzerts, der ich ja auch irgendwie war. Die zweite Perspektive wird die Patron-Perspektive sein und mehr den Community-Aspekt des ganzen Events beleuchten – da gab es extrem viele Eindrücke zu verarbeiten, ich arbeite noch dran und will kein Publikationsdatum versprechen.

Aber starten wir mit etwas persönlicher Historie. Die Geschichte meiner Besuche von Rockkonzerten irgendwo weit weg ist relativ kurz und umfasst wenig mehr als Fish-Fanclubkonzerte (Oberhausen, Duisburg, Enschede) und a-ha (Köln), alles andere spielte sich letztlich im Raum Stuttgart-München-Frankfurt ab. Wie man sieht, sind Besuche im Ausland extrem selten. Diesmal also Utrecht. Die Niederlande sind ja mautfreies Gebiet, warum also nicht mal ins Auto steigen, 600km fahren und sich mal Utrecht anschauen. Gilt als “Klein-Amsterdam” ja durchaus als sehenswert.

Zunächst ist festzuhalten, dass die Erfindung von satellitengestützter Navigation zu den ganz großen Erfindungen der Menschheit gehört. Ich würde vermutlich heute noch planlos durch die Sträßchen von Utrecht fahren – immer auf der Hut vor dem nächsten Fahrradfahrer mit zweifellos selbstmörderischen Absichten – und nach dem Hotel suchen. Auch wenn sich das Navi kleinere Schwächen beim Thema “Einbahnstraßen” geleistet hat und zur Streckenberechnung wirklich unglaublich viel Zeit braucht (viel länger als seine Vorgängerversion, die maximal im Ein-Sekunden-Bereich jemals den Hinweis “Route wird berechnet” angezeigt hat). Besonders schlecht: das Navi stellt jedes Mal erneut fest, wo es eigentlich gerade ist, ganz so als ob es keine plausible Hypothese wäre, dass so ein Festeinbau-Navi doch immer noch an genau der Stelle sein könnte, wo das Auto das letzte Mal abgestellt wurde. Aber ich schweife ab.

Jedenfalls ist die Innenstadt von Utrecht ein Albtraum für Autofahrer – enge Gassen, viele Fahrräder, optimistische Fahrradfahrer und Fußgänger, und man tut gut daran, sich eher mal in Richtung Schrittgeschwindigkeit zu bewegen – was dann dazu führt, von den Fahrradfahrern überholt zu werden, was das Gefahrenmoment nicht unbedingt verringert. Münster auf Speed. Die Alternativen – Anreise mit Flieger und/oder Bahn, oder Auto irgendwo außerhalb parken und dann mit Öffis in die Innenstadt fahren – habe ich aufgrund von Risikoabwägungen und Planungsaufwand frühzeitig verworfen. In Anbetracht der gemachten Erfahrung würde ich nächstes Mal tatsächlich zur Park+Ride-Taktik tendieren und auf den letzten Kilometern den Öffis vertrauen.

Die Extra-Motivation, um ausgerechnet dieses Konzert zu besuchen, ist ehrlich gesagt eher trauriger Natur. Nach eingehender Beschäftigung mit der Gesamtsituation befürchte ich leider, dass dieses Konzert eine Einzelveranstaltung bleiben wird und die Chancen, dass daraus eine ganze Tour wird, leider recht gering sind. Kommerzielle Realitäten und das Gesamtsetting der Beteiligten, die auf vielen Hochzeiten tanzen, lassen mich das vermuten (und ich hoffe inständig, dass ich mich irre). Also: “once in a lifetime chance”, wenn das keine ausreichende Motivation entfaltet, was denn dann.

Wer die letzten Wochen meine Beiträge hierzublogs gelesen hat (ja, Euch beide meine ich – meine treuen regelmäßigen Leser!), weiß, dass ich mich bezüglich Charlotte Wessels ein wenig dem Fantum hingegeben habe. Ich finde sowohl ihre Sangeskünste als auch ihr Songwriting großartig und dementsprechend war meine Erwartungshaltung bezüglich des Konzerts durchaus im anspruchsvollen Bereich. Und was soll ich sagen: alle meine Erwartungen wurden weit übertroffen. Was Charlotte Wessels da auf die Beine gestellt hat – angefangen von den Musikern über die liebevolle Setlist bis zur Bühnenshow – Respekt. Für solche Dinge hat der Engländer Wörter wie “awesome”, “phantastic”, “marvellous” oder “sensational” erfunden. Unterstützung von Eli (Elianne Anemaat) am Cello, dazu als Gast Alissa White-Gluz für Toxic, Lizzie und Fool’s Parade – da bleiben keine Wünsche offen. Miteinbezug des Publikums, die Hymne “Masterpiece” für die Patrons, die richtige Mischung bei der Ansprache des Publikums zwischen “für alle” und “für die Hardcore-Fans”. Richtig gut gemacht. Müsste ich einen Kritikpunkt finden, es wäre die erwartet schwierige Umsetzung von “Soft Revolution” in eine überzeugende Live-Version die meiner Wertschätzung für diesen Song gerecht werden würde.

Die Setlist:

  • Ouverture
  • Human To Ruin
  • Superhuman
  • Afkicken
  • Venus Rising
  • Source Of The Flame
  • Cry Little Sister
  • Good Dog
  • Toxic (mit Alissa White-Gluz)
  • Fool’s Parade (mit Alissa White-Gluz)
  • Lizzie (mit Alissa White-Gluz)
  • I forget (mit Eli am Cello)
  • Victor (mit Eli am Cello)
  • A Million Lives
  • FSU (2020)
  • Combustion
  • The Phantom Touch
  • Masterpiece
  • Soft Revolution

Zugaben:

  • The Final Roadtrip (mit Eli am Cello)
  • Against All Odds
  • All You Are

Outro:

  • Utopia

Eigentlich fehlt hier nur “Vigor & Valor” und vielleicht “Go To Sleep” unter meinen Favoriten. Aber ich könnte jetzt auch nicht sagen, was man dafür hätte weglassen sollen, also: alles gut.

Mit größter Freude habe ich außerdem zur Kenntnis genommen, dass viele der Songs in der Live-Performance durch echte Musiker (die “Six Feet Under”-Songs sind ja weitgehend in Isolation am Computer mit Instrumenten-Plugins in Cubase entstanden) wirklich gewonnen haben. Auf eine angenehme Weise wirkten sie für mich im Live-Arrangement rockiger, metalliger. Sehr schön. Außerdem hatte ich das ganze Konzert das Gefühl, dass da gute Freunde zusammen auf der Bühne einen Heidenspaß daran hatten, zusammen zu musizieren, und diese Stimmung ist letztlich auch im Publikum angekommen. Ein Abend unter Freunden, eine wirklich tolle Atmosphäre.

Erfreut kann ich außerdem berichten, dass ich auch dieses Mal viele der Songs textlich neu erfahren konnte. Das passiert mir bei englischsprachigen Künstlern immer wieder, dass ich beim Hören aus der Konserve nicht so auf den Text achte bzw. manchmal so meine Verständnisschwierigkeiten habe und dann zu faul bin die Lyrics nachzulesen. Um dann bei der Live-Performance durch die andere oder bessere Verständlichkeit die Texte neu auffassen zu können.

Nach Konzerten, auf der Heimfahrt, habe ich normalerweise die Angewohnheit, musikalisch eher ein Kontrastprogramm zu fahren. Das war diesmal anders: Tales From Six Feet Under Vol.I, Tales From Six Feet Under Vol.II, alle Songs Of The Month die nicht auf Vol.I und Vol.II zu finden waren, und dann nochmal von vorne. Ich werde dieser Musik nicht überdrüssig.

Very well done, Charlotte Wessels.

Update 2022-08-27: der aufmerksame Leser hat eine Lücke in der Ur-Liste gefunden…Eintrag ergänzt!

Welche Liste eigentlich? Ich hole etwas aus. Andeutungsweise und praktisch nur für Insider verständlich klang das schon mal hier und hier an.

Es war Ende der 80er, Anfang der 90er. Ein eingeschworener Kreis war regelmäßiger Besucher bei Tanzveranstaltungen klassischer Art, der Amerikaner sagt “Ballroom Dancing” dazu. Tanztee bei der Tanzschule Sauber in WN, Tanzpartys der Katholischen Jugend WN in den Gemeindehäusern in Neustadt, Hegnach oder der Kernstadt. Eben was man so machte, wenn einem nach Stilvollerem und Kultivierterem als Disco-Gezappel war.

Während es für Tänze wie Cha-Cha-Cha, Rumba, Jive, (Disco-)Fox oder teilweise sogar Tango mehr als genug Pop-/Rock-Material gab, war die Auswahl für den “Wiener Walzer” oder auch “Schneller Walzer” (weil: recht wenig Wien am Start) schon eher dünn, und so war es eine Art Sport, eine ausreichende Anzahl walzertauglicher Songs zu sammeln. Die daraus resultierende (zumindest im oben genannten eingeschworenen Kreis bekannte) doch eher kurze Liste bestand aus folgenden Popsongs:

  • OMD – Maid Of Orleans
  • Sensus – Sensus
  • Depeche Mode – Clean
  • Erasure – Witch In The Ditch
  • Enya – Caribbean Blue
  • Mecano – Hijo De La Luna (oder als Cover von Loona oder von sehr vielen anderen Künstlern)
  • …und in schwachen Momenten der großen Verzweiflung auch Mandy Winter – Julian

Und nun: Neuzugänge für die Liste. Die Links führen zu YouTube, das heute offenbar das Musikarchiv der Neuzeit darstellt, und während ich das schreibe trauere ich bereits der guten alten Modem- und ISDN-Zeit mit Napster, Gnutella und edonkey nach.

Ergänzungen werden immer gerne per Mail entgegengenommen.

Ergänzung 1 2022-08-27: für die Ur-Liste, da fehlte doch tatsächlich Depeche Mode – Clean (vom Album “Violator”, von dem die meisten vermutlich nur “Personal Jesus” und “Enjoy The Silence” erinnern).

Obwohl ich zur richtigen Generation gehöre, habe ich den originalen “Top Gun” nicht im Kino gesehen. Sondern später. Deutlich später. Im Fernsehen. Free-TV-Premiere, ich denke auf Sat.1. Davor hatte ich schon zwei Singles vom Soundtrack auf Vinyl, das “Top Gun Anthem” von Harold Faltermeyer und “Danger Zone” von Kenny Loggins (und dubioserweise nicht “Take My Breath Away” von Berlin, obwohl das definitiv in der Top 100 der allerbesten Pop-Balladen ist). Und man muss ja ehrlich gestehen, dass der Film nicht so sehr von seinem cleveren Skript und hochwertigen Drehbuch und grandioser Story lebt, sondern von den spektakulären Bildern und der großartigen Musik und der durchaus ansprechenden schauspielerischen Leistungen.

Über 35 Jahre später nun also die Fortsetzung. Ja, Tom Cruise ist älter geworden. Ja, die Tomcat-Dichte hat stark abgenommen (Spoiler-Alarm!). Ja, Kelly McGillis spielt nicht mit. Aber sonst: genau mein Ding. Sie hatten mich schon nach fünf Minuten mit “Top Gun Anthem” und “Danger Zone”. Die diversen unlogischen Teile der Story kann man locker ignorieren (und wenn man wenig genug Ahnung von Militärtechnik hat, fällt das umso leichter). Man darf sich halt nicht am “Maverick-ist-echt-der-Allerbeste”-Thema stören – das könnte den Filmgenuss versauen.

Und im Abspann habe ich gelernt, dass Danger Zone aus der Feder von Giorgio Moroder stammt. Endlich wieder was fürs Handbuch des nutzlosen Wissens.

Randnotiz: vorher endlich mal wieder lecker Burger bei “Grimms Burger”. Ich hatte schon mal drüber geschrieben (und die dort angekündigte möglichen Variationen habe ich natürlich nicht ausprobiert, sondern die klassische Konfiguration beibehalten). Immer noch super. Ich liebe es.

Ich hatte im vorigen Beitrag von einigen Musikneuentdeckungen berichtet, und entgegen meiner sonstigen Gewohnheit “erst mal kaufen, dann eine Weile abhängen lassen, dann auf den Auto-USB-Stick und nach und nach durchhören” kann ich schon jetzt von einigen ersten Ergebnissen und Erfahrungen berichten. Aber nur von einer Künstlerin und einer Band: Charlotte Wessels und Delain.

Das Schmerzhafte vorab: die Band hat sich 2021 getrennt, und wenn man sich die Interviews der Ex-Bandmitglieder danach so anhört oder durchliest, war das Auseinandergehen nicht ausschließlich freundschaftlich (aber immerhin scheinen sich alle Beteiligten recht professionell verhalten zu haben, was in diesem Business ja auch nicht selbstverständlich ist). Und warum ist es schmerzhaft? Weil die Lieder von Delain “genau meine Mucke sind” (wie die coolen Jungs in den 80ern zu sagen pflegten). Einfach mal auf YouTube ein paar der “Official Videos” probehören und dann tiefer in die diversen Alben einsteigen – meine Song-Favoriten sind derzeit: The Gathering, We Are The Others (vor allem die neuere Balladen-Version, die IMHO besser zum Thema des Songs passt), Are You Done With Me, Get The Devil Out Of Me, Breathe On Me, Here Come The Vultures, Stardust, Suckerpunch, Fire With Fire, Burning Bridges, Masters Of Destiny, The Greatest Escape…insgesamt kommt die Musik meinen Hörgewohnheiten sehr entgegen, denn die Alben sind durchgängig von hoher Qualität, quasi kein Song mit großartigem Durchhänger. Also “Alben hören” wie ich es am liebsten mache.

Nun kennt man bzw. mindestens ich das Thema “Band trennt sich” ja von früher. Ich habe Marillion jenseits von Kayleigh auch erst wirklich für mich entdeckt, als Fish schon auf Solopfaden wandelte – und nach der Trennung neigte ich deutlich mehr zu Fish als zur Rest-Band mit neuem Sänger, mit dem ich nie warm wurde. Und genau hier entwickelt sich die Parallele: Charlotte Wessels macht gerade (oder genauer: schon seit Mai 2020, aber ich bin ja “late to the party”) eigenständig weiter und hat sich quasi selbständig gemacht um mittels Fan-Unterstützung über Patreon ihre Kunst unabhängig weiterzutreiben. Und sie ist da sehr rührig: jeden Monat am 13. gibt es einen – der Name ist Programm – “Song Of The Month”, in ganz unterschiedlichen Stilrichtungen, die teils auch sehr weit weg sind vom Delain-Style. Vor allem zeigt das aber, dass Charlottes sensationelle Stimme zu wirklich vielen Stilrichtungen passt. Der beste Song dieser inzwischen 26 Kreationen ist meines Erachtens “Soft Revolution” (das in voller Länge bei YouTube genossen werden kann) – Anhören, gut finden, und vielleicht auch bei Patreon Unterstützer werden. Zugriff auf die “Song Of The Month”-Kollektion gibt es schon im niedrigsten Unterstützerlevel für gerade mal 3€ (zzgl. diverser Gebühren/Steuern) pro Monat, ab 5€ kann man an den “monthly hangouts” teilnehmen, was durchaus Unterhaltungswert hat, wie ich festgestellt habe. Um die ganze Bandbreite aufzuzeigen: direkt nach “Soft Revolution” am besten “Against All Odds” anhören.

Nun kann ich nicht gerade sagen, dass “Fantum” für irgendwas mein Ding ist. VfB-Abstiege habe ich eher achselzuckend zur Kenntnis genommen. Das letzte gecancelte Fish-Konzert – tja, was soll man machen. Keine Konzerte während der Corona-Zeit – einfach hingenommen. Eine Band hat sich getrennt, ohne dass ich sie je live gesehen habe – passiert, nicht so schlimm. Warum also die Patreon-Geschichte bei Charlotte Wessels? Ich habe keine Ahnung. Ich entdecke da einfach viele interessante Aspekte, beispielsweise teilt sie auch diverse Infos über ihren Songwriting-Prozess und wie man heutzutage mit den modernen Computer-Tools solche wirklich professionell anmutenden Produktionen im Alleingang zusammenbauen kann. Aufgrund völliger musischer Talentfreiheit werde ich in meinen Leben ganz sicher niemals einen Song produzieren, aber interessieren tut es mich trotzdem. Wer hätte gedacht, dass Cubase von Steinberg immer noch ein aktuelles Stück Software ist? Kenne ich noch aus den Atari ST-Gründerzeiten, als das noch die führende Low-Cost-MIDI-Plattform war.

Noch mal zurück zu Charlottes großartiger Stimme: ein Amazon-Rezensent hat bei irgendeinem Delain-Album für Charlotte Wessels den Begriff “Goldkehlchen” benutzt. Ich weiß nicht, ob die Verniedlichungsform dieser ausgewachsenen Stimme angemessen ist, aber “Gold” trifft es in jedem Fall.

Ich bin musiktechnisch der klassische CD-Käufer und eher-selten-Streamer. Weil ich sehr viel Wert auf Qualität lege und beim Streaming schon zu oft an dieser Stelle Schwächen identifiziert habe. Also selbst rippen von CD (natürlich mit der eigenen Software), denn natürlich will keiner im Zeitalter der Network-Player (sei es das Mobiltelefon oder der AV-Receiver oder der Blu-Ray-Recorder) dauerhaft zum CD-Discjockey werden. Wer jetzt “CD-Wechsler” sagt: da war das Maximum ja mit dem Sony-Modell für 400 CDs erreicht. Wem soll das denn reichen? Eben. Und für den Genuss im bewegten KfZ haben USB-Stick und Bluetooth eben auch klare Vorteile gegenüber CD-Wechslern.

Während ich früher eher so der immer-mal-wieder-eine-bis-drei-CDs-Käufer war (damals noch zu Lerche-Zeiten – Stuttgarter in meinem Alterskorridor erinnern sich), bin ich heute mehr so der “oh, cool, der Interpret gefällt mir, da kaufe ich gleich mal ein paar bis alle CDs von”-Käufer. Kaufanlässe sind Abi-Treffen (“alle Arena-CDs”), aber vor allem Musik-Dokus. “Metal Evolution”, eine großartige Serie über Heavy Metal und Hardrock, hat mir beispielsweise eine vollständige DragonForce-Sammlung eingebracht.

Nun bin ich seit einiger Zeit Nightwish-Fan (damals, als Musikfernsehen noch eine gute Sache war – “Nemo” gesehen, alle CDs gekauft). Und bin über die neue Sängerin Floor Jansen und Amazon Prime über eine Musik-Doku namens “Soaring Highs and Brutal Lows: The Voices of Women in Metal” gestolpert. Nebenbei bemerkt: inhaltlich interessant und entgegen meiner ersten Befürchtung recht wenig feministisches Gejammere dabei. Jedenfalls veranlasste mich das zum Kauf eines größeren Konvoluts an CDs von After Forever (Floor Jansen), Epica (Simone Simons) und Delain (Charlotte Wessels). Und nach etwas YouTube-Gestöbere auch von Evergrey, Threshold, Visions of Atlantis und Within Temptation. Dabei festgestellt: es gibt eine neue CD von Beyond the Black.

OK, das wird jetzt ein bisserl dauern bis ich mich da durchgehört habe…

In Zeiten erhöhter Inflationsraten hat die Schnäppchenjagd Hochkonjunktur. Da kommt das folgende ziemlich spektakuläre Angebot einer meiner Banken gerade recht: wenn ich zusätzlich zur “inklusiven” Visa-Debit-Karte auch noch eine klassische EC-Karte haben will, kann ich die dazubuchen für gerade mal 99ct pro Monat. So weit, so unspektakulär. Man kann aber auch die jährliche Zahlungsweise wählen, dann kostet es 11,98€ im Jahr.

Klar, Vorkasse, dazu nur ein Zahlungsvorgang statt zwölf einzelnen, das muss zwangsläufig billiger…äh…teurer sein. Ah ja.

Erklärungsversuch: die EU hat vielleicht neulich beschlossen, dass das Jahr jetzt in 18 Monate unterteilt wird, weil 20 Tage pro Monat viel besser sind als 30 Tage. Nachdem man aber schon an der Abschaffung der Sommerzeit gescheitert ist, glaube ich da erst mal nicht dran.

Ich bin bekennendes Gewohnheitstier. Nur wenn man etwas oft genug tut, erkennt man Optimierungspotenzial und kann z.B. beim Zeitmanagement sich kontinuierlich verbessern. Selbst so etwas Schnödes wie “Wocheneinkauf” fällt bei mir unter diese Rubrik – denn das knappste Gut ist “freie Zeit”, und wer würde die schon unnötig lange im Supermarkt verbringen wollen. Wenn man schon weiß, was wo steht, geht es einfach schneller. Damit gewinnt man wichtige Zeit z.B. für belanglose Blog-Artikel.

Und so habe ich eine lange Tradition, immer denselben großen Supermarkt am Rande der Stadt für den Wocheneinkauf zu besuchen. Fing mal an als “SB-Halle” und wandelte sich über “Broma” und “Multi-Center” schließlich zu “real”. Einmal hin, alles drin – Experten wissen: das bezog sich nur auf die Dinge, die auch tatsächlich vorrätig waren. Denn die Lager- und Vorratshaltung atmete bei real nicht immer den Geist der Professionalität, Angebotsartikel waren regelmäßig schon Mitte der Woche ausverkauft. Aber kein Problem: man konnte sich vom Personal eine Art “Gutschein” ausstellen lassen, und man konnte dann in der kommenden Woche zum Angebotspreis diesen Artikel kaufen. Habe ich lange Zeit konsequent gemacht in der Hoffnung, dass “Lernen durch Schmerz” hier eine Verbesserung herbeiführen würde – diese Hoffnung scheiterte.

Ich war kein Fan von real. Standardmarkenprodukte waren eher am oberen Preisrand der verschiedenen Supermarktketten, aber die Discount-Ware unter der eigenen Marke “Tip” war in Ordnung und preislich auf Aldi- und Lidl-Niveau. Überflüssigerweise wurde dann, als die meisten real-Märkte bereits an Kaufland (aka Lidl aka Schwarz-Gruppe) verkauft war, “Tip” noch durch “Jeden Tag” abgelöst, aber da müsste man nur Packungsfarben neu lernen. Auch blieb bis zuletzt unklar, warum real den Titel “beliebtester Wochenmarkt Deutschlands” für seine Obst- und Gemüseabteilung tragen durfte. “Unspektakulär” wäre das netteste, was man darüber sagen könnte.

Nun wird real also auch hier vor Ort zu Kaufland, mit längerer Umbaupause Für eine schnellere Eingewöhnung übe ich schon mal an zwei anderen Kaufland-Standorten das Produktsortiment ein. Bisher kann ich keine großen Verbesser- oder Verschlechterungen feststellen. Aber das stellt sich ja erst raus, wenn man auf die Suche gehen muss nach Artikeln, die man nur alle Schaltjahre mal braucht. Sojasauce. Zuckercouleur. Worcester-Sauce. Meringe.

Sehr spannend war mein letzter Einkauf bei real, als schon der “Alles muss raus”-Modus aktiv war – teilweise sehr leere Regale, wie es wohl damals in der DDR auch ausgesehen haben muss. Der Getränkemarkt hatte immerhin noch zwei Biersorten und ein paar Saftkisten, der Rest war schon leergeräumt. Ich hätte nicht gedacht, dass man den ganzen Lagerbestand mit nicht übermäßig viel Rabatt – meist so 20-30% – komplett losschlagen kann innerhalb von etwa einer Woche. Deutschland bleibt Schnäppchenjägerland. Aber wahrscheinlich unterschätzt man aufgrund der immer vollen Regale auch einfach nur, was für ein Artikeldurchsatz da über einen Tag herrscht.