Bevor die Erinnerung endgültig verblasst, noch eine lose Sammlung von Notizen zu einem Konzertereignis im März 2024(!) im legendären Longhorn in Stuttgart-Wangen.

Der Titel sagt es ja schon – im Prinzip ist es musikphilosophisch mein zweiter Versuch, drei Metal-Bands während eines einzigen Konzertbesuchs zu genießen und teilweise sogar kennenzulernen. Diesmal am Start: Amaranthe und DragonForce als Double-Headliner-Acts und Infected Rain als Support Act. Im Gegensatz zum ersten Versuch hatte ich zuhause schon eine vollständige CD-Sammlung der Jungs von DragonForce (wie sich dann beim Konzert rausstellte: der Jungs und des Mädels von DragonForce), Tonträger von Amaranthe und Infected Rain hingegen hatte (und, ich nehme es vorweg: habe) ich nicht auf Lager.

Generell könnte man sagen, dass ich von Infected Rain vorher nie gehört hatte, Amaranthe hingegen wird von Fans diverser Bands aus dem Genre „Symphonic Metal“ und manchmal auch „Female-Fronted Metal“ hoch geschätzt und viel gelobt. DragonForce hingegen fand und finde ich absolut genial, ich wurde durch die – ebenso geniale wie aufschlussreiche – TV-Doku „Metal Evolution“ darauf aufmerksam und bin seither Fan. Das Gitarrenspiel der Herren Li und Totman ist sensationell, die Melodien kompatibel mit meinem Harmonieempfinden, die Double Base Drum ständiger Begleiter und die beiden bisherigen Sänger ebenfalls talentiert.

Es begann also mit Infected Rain, einer Band aus Moldawien. Rockt gut, muss man sagen. Die Sängerin war jedenfalls sofort im „wir-reißen-die-Hütte-ab“-Modus und bestach nicht nur durch Power-Gesang, sondern auch durch durchaus humorvolle Ansagen („We are a band from Moldavia. If you don’t know where Moldavia is – google it!“). Melodisch war es nicht immer mein Fall, aber keineswegs nervig oder so. Das Publikum war durchweg angetan nach meiner Beobachtung, aber nicht enthusiastisch oder frenetisch mitsingend. Ich stand eher weiter hinten und konnte so die Dame am Mischpult beobachten – neben der Sängerin vermutlich eine der wenigen in der Halle, die absolut textsicher war und sehr enthusiastisch bei der Sache war. Ich hatte keinen Einblick in die vorderen Zuschauerreihen, aber ich würde für die hinteren zwei Drittel der Halle sagen, dass besagte Dame am Mischpult der größte Fan der Band war – aber auch soundtechnisch einen sehr guten Job machte, es klang bis in den hinteren Bereich gut bis sehr gut. Jedenfalls erfüllte der Support Act seine Aufgabe, und die Stimmung in der Halle war ausgezeichnet.

Kommen wir zu DragonForce. Zwei überdimensionale Spielautomaten auf der Bühne (R-Type und Dragon’s Lair habe ich dekomäßig im Kopf, allerdings war auf den eingebauten Displays allerhand Gaming-Mischmasch zu sehen, von Rygar über Street Fighter 2 bis Out Run, wenn ich mich recht erinnere), die, wie sich rausstellte, auch „begehbar“ waren. Wenn die Gitarrenfraktion da oben drauf steht und abrockt, hatte man unweigerlich Bilder von abstürzenden Gitarristen vor dem geistigen Auge. Wozu es Gott sei Dank nicht kam. Generell ist DragonForce ja sehr Gaming-orientiert, egal ob sie Lieder bereitstellen für Guitar Hero oder ob sie auf ihren Gitarren Klänge erzeugen, die Chiptunes nicht unähnlich sind. Oder eines ihrer neueren Lieder performen, „The Power of the Triforce“, im Prinzip eine Hommage an den Nintendo-Gaming-Klassiker „The Legend of Zelda“. Aber der Kernpunkt ist eben, dass DragonForce in meinen Ohren ganz wunderbare Musik macht. Power-Metal, aber mit einer – Metal-Fans verzeihen mir die Ausdrucksweise – pop-rock-inspirierten harmonischen Melodieführung und sauberem Gesang. Untermalt von einem absolut treibenden Double-Base-Drum-Rhythmus, wo man unweigerlich dem Schlagzeuger am Ende des Konzerts ob seiner zur Schau gestellten Ausdauer gratulieren möchte. Gesanglich fand ich die Darbietung erstklassig, und generell sorgt die Energie der Band, verbunden mit dem hymnentauglichen Songmaterial, für ein erstklassiges Konzerterlebnis. Dabei habe ich beim Konzert zum ersten Mal festgestellt, dass der typische DragonForce-Sound sehr wenig Tiefbass enthält. Zuerst dachte ich, der Klang in der Halle sei falsch abgemischt, weil der Kontrast zu Infected Rain augen- oder besser ohrenfällig war. Aber schon kurze Zeit später merkte ich, dass das gewollt und gewünscht war, weil die Songs genau so klangen wie ich es abgespeichert hatte. Auf der Heimfahrt habe ich die Gegenprobe gemacht mit dem Autoradio – passt.

Die Setlist war für meinen Geschmack etwas zu neues-Album-lastig – verständlich, weil es die Tour zum neuen Album war, aber man wünscht sich halt alle liebgewonnenen Klassiker. Blöd, wenn es ein Double-Headliner-Konzert ist, wo die Setlists naturgemäß sparsamer ausfallen müssen. Ich wünsche mir für die Zukunft ein 3h-DragonForce-Konzert, und ich bestimme die Setlist. Vor dem Konzert hätte ich nicht gedacht, dass die Cover-Nummer „My Heart Will Go On“ (ja genau, Titanic, Celine Dion!) Platz auf so einer Setlist haben könnte, aber das Live-Erlebnis war überraschend vergnüglich.

Dann zum Abschluss, nach einer längeren Umbaupause, Amaranthe. Wie immer versagte ich bei der Konzertvorbereitung und kannte kein einziges Lied. Das ist für Bands immer eine besondere Herausforderung, weil ich selten beim ersten Hören Songs gut finde, aber Blackbriar, Ad Infinitum und Phantom Elite hatten das schließlich auch geschafft. Amaranthe gelang es hingegen nicht. Obwohl das Konzept der multiplen Sänger eigentlich ziemlich cool ist – vor allem Frauenschwarm Nils Molin (Rufname unter seinen weiblichen Fans: „Niiiiiiiiiiiiiils“), der die „cleane Männergesangsstimme“ übernimmt, überzeugt absolut mit seiner wundervollen Stimme, die auch perfekt zu den Songs passt. Die Dame im Sangesbunde, Elize Ryd, fand ich hingegen stimmlich nicht so auf der Höhe, deutliche Detailschwächen beim Treffen der Töne, was selbst mir als Nicht-Kenner der Songs auffiel. Der dritte Sänger kümmert sich um die „harsh vocals“, was überhaupt nicht mein Geschmack ist, aber die Mehrheit der Metal-Fan-Fraktion wird mir da sicher widersprechen. Auffällig fand ich, dass die Songs teilweise recht keyboard-/synthilastig sind, aber kein Keyboarder auf der Bühne steht. Kann man machen, komisch fand ich es trotzdem. Auch das Konzept „nur ein Gitarrist“ fand ich tendenziell zu dünn. Bei aller Detailkritik – wenn einem die Songs nicht besonders zusagen, ist eh schon alles verloren. Ich fand es jetzt nicht nervig oder so, die meisten Songs sind schon durchaus gefällig, nach meinem persönlichen Empfinden aber irgendwie zu generisch. Könnten größtenteils auch von einer Symphonic-Metal-KI geschrieben sein. Ausnahme vielleicht „Amaranthine“, was auch ein Fanliebling zu sein scheint. Und das muss man schon festhalten: das Publikum ging gut mit und schien zufrieden. Und das ist ja das Wichtigste bei einer Band-Performance: zufriedene Fans.

Ironischerweise werde ich „aus Gründen“ auch 2026 bei zwei Amaranthe-Konzerten zugegen sein. Experten werden wissen, warum. Vielleicht nehme ich mir diesmal die Zeit, in diverse Songs vorher intensiver reinzuhören. Vielleicht komme ich auf den Geschmack.

Wer das Bedürfnis hat, zu diesem Konzertereignis aus berufenerem Mund informiert zu werden – hier entlang.

Abschließend stelle ich fest, dass, wenn ich mal mit dem Schreiben anfange, durchaus noch ein paar Erinnerungen hoch kommen. Dass ein derart langer Post wird aus den wenigen Zeilen Notizen, die ich im März 2024 angefertigt hatte – überraschend. Und dabei wollte ich den Artikel eigentlich nur schreiben, damit die zeitliche Abfolge der Konzert-Notizen hierzublogs einigermaßen gewahrt bleibt. Denn es gibt noch viele weitere Konzertbesuche zu verbloggen. Stay tuned, wie der Engländer sagt.

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