Der Oktober letzten Jahres war ein echter Konzert-Marathon für mich. Während ich das erste sehr zeitnah und das zweite mit nur wenigen Monaten Verspätung verbloggt hatte, hat es nun ein paar Monate länger gedauert. Und danach kamen ja nochmal zwei – ich bin in echtem Konzert-Blog-Rückstand.

Diesmal geht es um einen besonderen Künstler und ein besonderes Konzert: mein voraussichtlich letztes Fish-Konzert – ever. Der Meister setzt sich zur Ruhe auf irgendeiner einsamen schottischen Insel, und befand sich auf Abschluss- und Abschiedstour. Mein erstes Fish-Konzert war im Dezember 1991 in Ludwigsburg im Rahmen der „Internal Exile“-Tour, und es war sowas wie der Start regelmäßiger Besuche von Rockkonzerten. Nicht mein allererstes Konzert, aber nah dran. Die Eintrittskarte wusste noch nichts vom Namen des zweiten Soloalbums, und verkündete „Aktuelles Album erscheint in Kürze“. Es war die Zeit, als Konzertkarten im Vorverkauf noch unter 30 DM kosteten. Damals…ich erinnere mich noch lebhaft an „Vigil“ als Opener, bin aber nicht mehr sicher ob es das Konzert war mit der eher schlechten Vorgruppe namens „Rubikon“, deren Namen sich aus unerfindlichen Gründen bei mir ins Gedächtnis eingebrannt hat. Schade, dass ich damals noch nicht gebloggt habe, ich hätte gerne herausgefunden, ob es nur Vergangenheitsverklärung ist oder ich das Konzert wirklich damals auch schon als sehr gut empfunden hatte. Und ich könnte jetzt einfach nachzählen, wieviele Fish-Konzerte ich in den 34 Jahren insgesamt besucht habe – ich schätze mindestens 40, mit den insgesamt 5 Fanclub-Konzerten als absolute Höhepunkte.

Ursprünglich war die Abschiedstour und das Konzert in Stuttgart 2020/2021 geplant, aber das ist dem Virus zum Opfer gefallen. Da Fish nun ja auch schon ein älteres Semester ist, hatte ich mich schon damit abgefunden, dass der Auftritt 2018 im Rahmen der Weltschmerz-Tour tatsächlich schon der letzte war. Aber Gott sei Dank war das ein Irrtum. Der alte Mann ging nochmal auf große Tour.

Fish war der erste Künstler aus dem Bereich Progressive Rock, dessen Musik ich intensiv hörte, zuerst noch als Marillion-Sänger, später dann solo. Und lange Zeit blieb er der einzige in diesem Genre. Warum? Keine Ahnung, Geschmack ist schwer erklärbar.

Zum Konzert. Es war glaube ich das teuerste bei dem ich je war – satte 65€, für Besucher von größeren Konzerten in den letzten 10 Jahren nix besonderes, für mich schon. Fast schon ein „Investment“. Ort der Handlung: die „Halle“ im Wizemann. Das Wizemann ist seit einiger Zeit in Baden-Württemberg meine Lieblings-Konzertlocation geworden, egal ob „Halle“ oder „Club“ – der Sound ist dort ausgezeichnet, das Parkhaus preiswert, das Personal auf Zack. Absolut empfehlenswert.

Ich habe über die Jahre die vielen Änderungen im Line-Up der Live-Band nicht mehr verinnerlicht, war aber hoch erfreut, als ich weitestgehend bekannte Gesichter auf der Bühne sehen konnte: Steve Vantsis am Bass, Mickey Simmonds an den Keyboards, Robin Boult an der Gitarre, und Liz Antwi als Background-Sängerin ist den Hardcore-Fish-Fans als Duett-Partnerin von „Incomplete“ vielleicht noch bekannt. Schlagzeuger? Musste ich gerade nachlesen, war wohl Gavin Griffiths, sagt mir irgendwie nix. Aber ich erinnere mich gerade an keinen einzigen Drummer bei Fish außer Dave „Squeaky“ Stewart. Egal. Jedenfalls stellte sich heraus, dass durch die Präsenz von Liz der gute alte Robin von seinen Backing-Vocals-Aufgaben entbunden war. Ich hatte das Gefühl, er verlebte einen recht entspannten Abend. Die Bühnenaufstellung war irgendwie spiegelverkehrt zu sonst, Keyboards ganz links und Bass links und Gitarre eher rechts. Es irritierte mich nur ganz kurz.

Beginn war pünktlich um 20.00h, keine Vorgruppe, kein Vorgeplänkel – gute Sache. Die Setlist gibt es hier zur Ansicht – sehr schön, dass sich quasi der Kreis zu meinem ersten Fish-Konzert schloss und „Vigil“ der Opener war. Ist ja auch irgendwie der natürliche Opener-Song – „Listen to me“ und so. Über Setlisten kann man generell viel schreiben und diskutieren, ich war weitgehend zufrieden. „Pipeline“ hätte ich nicht in meiner Top 50 gehabt, und mit „Big Wedge“ konnte ich noch nie so richtig viel anfangen, aber der Song gehört definitiv zu den meistgespielten Fish-Songs live. Der Rest vom Publikum schien zufrieden, und überhaupt war die Stimmung sehr gut. Sehr cool war natürlich Plague of Ghosts, in voller Länge (und direkt nach Slàinte Mhath, einem meiner Lieblingssongs aus der Marillion-Zeit). Auf anderen Konzerten der Tour wurde die nicht weniger epische „High Wood Suite“ gespielt, auch nicht schlecht.

Sehr amüsant, aber vermutlich nur für mich: die Ansage für „Shadowplay“. Ich glaube es war beim Fanclub-Konzert in Enschede, als die Fans abstimmen durften welcher Song auf jeden Fall gespielt wird, und es gewann Shadowplay. Damals hat sich Fish etwa 5 Minuten darüber beschwert, weil ja der Text so elendig lang und komplex sei und er ihn nochmal lernen musste und dass das live ein ganz schwieriger Song sei und er zelebrierte sogar das Aufstellen eines Notenständers mit zwei Blättern Papier mit dem Liedtext, für den Fall, dass das Auswendiglernen doch noch so gut geklappt hätte. Ich meine er machte auch noch eine Bemerkung dahingehend, dass es viel klüger gewesen wäre, sich bei der Komplexität der Lyrics eher bei den Beatles zu orientieren. Und diesmal? Sinngemäß meinte er schlicht: ja, schon lange nicht mehr gespielt, und es sei doch ein wunderschöner Song, und seine Frau (die den Merchstand betreute) hätte ihn sich gewünscht. Aha! Wenn natürlich die Dame des Hauses einen Wunsch äußert, kann man sich natürlich die Meckerei wie bei den Fans nicht leisten, is‘ klar 🙂

Ich war nicht besonders traurig, dass Songs der Alben „Feast of Consequences“ und „Weltschmerz“ sehr sparsam in der Setlist vertreten waren. M.E. ist das kein gutes Live-Material wenn man es z.B. mit den ersten beiden Alben vergleicht. Aber ich bin auch ein alter konservativer Sack. Insgesamt gab es dank „Vigil“, „Credo“, „Slàinte Mhath“, „Kayleigh“, „Lavender“, „Internal Exile“ und natürlich „A Gentleman’s Excuse Me“ eigentlich keinen Grund für große Mecker von der Retro-Fraktion. Am Ende waren es rund 135 Minuten feinste Musik. Klar, man hätte sich als dritte Zugabe noch „The Company“ gewünscht, und auf einigen Konzerten mit ähnlicher Setlist wurde das auch gespielt – nicht jedoch an diesem Abend. Schade, aber verkraftbar, denn in Summe war es ein wunderbares Konzert.

Und doch muss man eines konstatieren: Fish war stimmlich nicht mehr so richtig auf der Höhe. Über die Jahrzehnte war das ja oft „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“, mit unterschiedlicher Tagesform. Diesmal schien er der doch recht langen und eng getakteten Tour Tribut zollen zu müssen. Es war außerordentlich hilfreich, hier Liz Antwi als Background-Sängerin mit auf der Bühne zu haben, denn die konnte diverse gesangliche Schwächeperioden von Fish durchaus ansprechend füllen und etwas in den Hintergrund schieben. Manche Songs wurden so beinahe zum Duett, was wiederum ein sehr schönes Erlebnis war.

Und wer bis zum Schluss durchgehalten hat, den belohne ich mit einem Link zu einem anderen Konzertbericht, der absolut lesenswert ist.

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