Auch im gesetzten Alter muss man offen für Neues sein. In meinem Falle hat das nun dazu geführt, dass ich bei meinem ersten Country-Konzert war. Truck Stop gastierte im Rahmen der Jubiläumstour „40 Jahre Truck Stop“ im Longhorn (welches übrigens gerade sein 30-jähriges Bestehen feiert und – man muss es so hart sagen – wirklich abgef*ckt aussieht).

Meine „Beziehung“ zu Truck Stop begann Anfang der 80er als kleiner Bub. Mein Bruder hatte eine Musikkassette „Truck Stop – Nicht zu bremsen“ geschenkt bekommen. Eine Best-Of-Zusammenstellung, die von da an – ich formuliere vorsichtig – relativ häufig lief. Damals, als an Fasching noch das klassische Cowboy-und-Indianer-Programm lief, man Karl-May-Bücher las und des Englischen noch nicht mächtig war, war die Anziehungskraft von Country-Musik mit deutschen Texten von Menschen mit Cowboyhüten natürlich nicht zu unterschätzen.

Dann war lange Zeit Truck-Stop-Pause. Einzelne Country-Lieder hörte ich höchstens mal auf den diversen Grachmusikoff-Konzerten. Bis ich Mai 2014 im EasyTicket-Newsletter die Ankündigung des Konzerts im Longhorn las. Kurz entschlossen verschenkte ich zwei Karten an den größten Truck Stop-Fan den ich kenne, und mit einer davon war ich dann gestern im Longhorn.

Der erste interessante Moment war, als die sechs Cowboys auf die Bühne kamen. Ich hab‘ keinen davon erkannt, und so war ich mir nicht sicher, ob das nicht vielleicht erst die Vorgruppe war, denn es wurde ganz pünktlich begonnen – das ist ja doch recht ungewöhnlich. Aber als gleich zu Anfang „Ich möcht‘ so gern Dave Dudley hör’n“ erklang, war die Sache klar. Die Band wurde zwischenzeitlich stark verjüngt, von der Urbesetzung ist nur noch der Schlagzeuger dabei, die zwei anderen älteren stießen 1978 bzw. 1983 zur Band. Die anderen drei sind erst seit jüngerer Zeit (2012 bzw. 2014) Teil der Besetzung.

Aber was soll ich sagen – es tat der Performance keinen Abbruch. Die Jungs hatten sichtbar Spaß auf der Bühne, das Publikum war begeistert, der typische Truck-Stop-Sound war unverkennbar und von exzellenter Qualität. Da konnten selbst die sporadischen Tonprobleme des linken Boxenturms die Begeisterung nicht trüben. Und am Ende gab es noch zwei Songs als Zugabe-Zugabe, ein würdiger Abschluss eines 3-Stunden-Konzerts (mit kurzer Pause in der Mitte, wie man es von älteren Herrschaften gewohnt ist).

Die alten Klassiker wie „Take it easy, altes Haus“, „Der wilde, wilde Westen“ oder „Ich möcht‘ so gern Dave Dudley hör’n“ klingen jedenfalls erstaunlich frisch, und mein Langzeitgedächtnis hatte die Texte gut konserviert. Die Textzeile „wer morgens länger schläft hält’s abends länger aus“ ist jedenfalls bei mir nach wie vor Programm.

Der Zutritt zum Konzert war übrigens auch ohne Stetson und Cowboy-Boots problemlos möglich.

Am Samstag, im Rahmen des SWR4-Fests im Blühenden Barock in Ludwigsburg, konnte ich mal wieder ein (wenn auch viel zu kurzes) Konzert der alten Herren von der Spider Murphy Gang genießen. Es ist sowas wie eine Tradition, diese regelmäßigen Besuche bei den Spider-Konzerten. Egal ob die großen Ereignisse in München (typischerweise die Jubiläumskonzerte – vor allem das 25-jährige ist legendär) oder „auf jedem Feuerwehrfest“, die Jungs sind live einfach großartig. Und egal wo – wenn die ersten Keyboard-Töne von „Skandal im Sperrbezirk“ zum Ende des Konzerts hin erklingen, dann rastet die Menge aus. Und da ist es gleichgültig, ob im Festzelt oder im Circus-Krone-Bau.

Leider mussten wir diesmal auf Ludwig Seuss verzichten, sein Ersatzmann Wolfgang Götz hat die Sache aber recht gut gemacht.

Ich kann nur jedem, der auch nur ein wenig Rock’n’Roll im Blut hat empfehlen, mal ein Konzert der Spiders zu besuchen. Sie haben nix von ihrem Sound verloren, aber jünger werden sie auch nicht. Also, nix wie hin! Noch eine persönliche Empfehlung: Unplugged-Konzerte eher vermeiden.

Und Michael Branik ist auch echt alt geworden. Stört es mich eigentlich, jetzt zur SWR4-Zielgruppe zu gehören?