Mitte Dezember hatte ich darüber berichtet, dass ich aus gesundheitlichen Gründen ein wenig abgespeckt habe. Erstaunlich viele Leute haben sich für “das Erfolgsgeheimnis” interessiert, deshalb wollte ich hier mal meine Strategie zur Gewichtsreduktion aufschreiben. In den Weiten des Internets weiß ja fast jeder etwas zum Thema “Abnehmen”, von den tausenden Printerzeugnissen vor allem aus dem Genre Frauenzeitschrift ganz zu schweigen. Und jeder hat sein Patentrezept. Natürlich auf streng wissenschaftlicher Basis.
Meine Strategie hat keinerlei wissenschaftliche Basis. Ich weiß gar nicht, ob sowas wie Ernährungsratschläge überhaupt eine saubere wissenschaftliche Basis haben können, zumindest bezüglich dem, was ich als “wissenschaftlich” akzeptieren würde. Doppelblindanordnung. Streng kontrollierte Bedingungen. Reproduzierbarkeit. Da jeder Mensch anders ist, erscheint mir das unmöglich. Also: keine wissenschaftliche Basis für meine Strategie. Aber meine Strategie hat einen unschlagbaren Vorteil: ihr Erfolg ist experimentell nachgewiesen. Bei genau einer Person – mir. Und darauf kommt es schließlich an. Zumindest mir.
Zwei Überlegungen standen am Anfang: Eher den Input (Kalorienaufnahme) zu reduzieren, oder eher den Output (Kalorienverbrennung) erhöhen. Nach allem, was ich gelesen habe, ist es fast unmöglich, allein mit Erhöhung des Outputs signifikante Gewichtsreduktion zu erzielen. Denn Bewegung – zumindest im notwendigen Umfang – kostet unglaublich viel Zeit. Es ist praktisch unmöglich, das im Alltag einzubauen. Und alles, was signifikant Zeit kostet, für das man Aufwand treiben muss, erfordert sehr viel Konsequenz und Disziplin. Beim Input hingegen kostet das Drehen an ein paar Schrauben kaum Aufwand.
Aus gesundheitlichen Gründen jenseits der Gewichtsabnahme habe ich mein Bewegungspensum trotzdem etwas erhöht – einmal die Woche Schwimmen (ca. 1h), einmal die Woche Tischtennis (ca. 1,5h), jeden Tag ein flotter Spaziergang (30min). Ehrlich gesagt glaube ich nicht, dass dieses Minimalprogramm signifikant Einfluss auf das Gewicht hatte. Aber vielleicht unterstützt es etwas. Geschadet hat es vermutlich nicht.
Also zum Input. Ernährungsumstellung ist das Zauberwort, ohne das kein “Erfolgsgeheimnis” auskommt. Hier sollte man sich dringend vorher sehr gut überlegen, inwieweit man in der Lage ist, so eine Umstellung dauerhaft durchzustehen. Ständiger Hunger, Verzicht auf Genuss, das sind die Bausteine für einen frühen Fehlschlag. Quintessenz: überlegen, was man den Rest seines Lebens essen will, und das dann optimieren. Meine grundlegende Idee: Reduzierung der Kohlenhydrate, vor allem die mit dem hohen glykämischen Index, Verlagerung hin zu Gemüse, “Five-a-day” in der Zusammensetzung 4x Gemüse/Salat und 1x Obst, leichte Erhöhung bei den Ballaststoffen. Es hilft ungemein, wenn man viele verschiedene Dinge sehr gerne isst, so dass man ein wenig jonglieren kann, was man forciert und was man reduziert. Und man sollte sich klarmachen, dass es ohne ein wenig Verzicht auf keinen Fall geht. Man muss eben nur den Verzicht so gering wie möglich halten, damit man keine übermenschliche Disziplin zum Durchhalten braucht.
Der Tag beginnt mit dem Frühstück, und mein Tag begann immer mit einem “süßen” Frühstück. Himbeermarmelade, Honig, mal Vollkorn-Brot, mal klassisches Weißmehl-Brot oder -Brötchen Das habe ich umgestellt auf konsequent Vollkorn (gerne selbst gebacken – wer weiß schon, was der Bäcker um die Ecke unter “Vollkorn” versteht), sowie Schinken oder Filet oder Putenbrust oder Hähnchenbrust sowie Frischkäse (Empfehlung hier: Exquisa Joghurt – wenig Fett, wenig Zucker, schmeckt fast wie das doppelrahmige Original). Ei geht auch immer, ob weichgekocht oder als Spiegelei oder als Rührei.
Das Mittagessen habe ich kaum verändert – rund um meinen Arbeitsplatz gibt es eine Menge Restaurants mit Mittagstisch, und so pendele ich zwischen Abacco, Block-House, Sonnengarten, Attimi, Nordsee und MagIstanbul. Generell öfter Fisch statt Fleisch und eher Gemüse statt Beilage. Aber keine grundlegende Änderung. Gerne genommen sind die Block-House-Lunchtime-Tages- oder Wochengerichte mit Gemüse, da hat man zusammen mit dem Salat schon zwei der fünf empfohlenen Portionen Gemüse, Salat oder Obst.
Als Zwischenmahlzeit zwischen Mittagessen und Abendessen hatte ich früher recht viel Obst – Apfel, Banane, Orange, Mandarine, dazu ein Joghurt mit etwas Ahornsirup. Das ist blutzuckertechnisch keine gute Idee. Ich habe das auf ein paar Nüsse (30-50g) und einen Apfel reduziert. Obst enthält eben eine Menge Fruchtzucker, und den Gesundheitseffekt kann man mit Gemüse ebenso erzielen.
Das Abendessen habe ich ebenfalls nicht so sehr verändert. Ein wenig mehr Vollkorn, etwas häufiger Fisch (früher ca. alle 2 Wochen mal eine geräucherte Forelle, inzwischen eher 2x die Woche Forelle oder Stremel-Lachs), Portionen im Einzelfall etwas reduziert, die Berge von Ketchup zum Schinken-Käse-Toast durch deutlich kleinere Berge von zuckerreduziertem Ketchup ersetzt.
Wenn zuhause gekocht wird: mehr Gemüse, weniger Beilage. Salat ist immer eine gute Idee, noch besser ist es beim Salatdressing aus dem Supermarkt mal die Nährwerte zu studieren. Nudeln nur noch als Vollkorn (Barilla oder Buitoni Integrale schmecken einwandfrei, Zabler macht prima Vollkorn-Bandnudeln, von Rapunzel gibt es gar Vollkorn-Lasagne-Platten und von Alb-Gold gibt es Vollkorn-Spätzle) und max. 80g zur Mahlzeit. Pizza schmeckt prima mit Vollkornteig. Genauso Lauchkuchen oder Spinatkuchen. Burgerbrötchen gibt es auch in der Vollkornvariante, so dass selbst diesem Genuss nichts im Wege steht. Das Studium von Nährwerttabellen ist nicht nur bei Salatdressing sehr instruktiv – Kalorien- und Zuckergehalt von Varianten, die sehr ähnlich schmecken, unterscheiden sich teilweise drastisch. Hier kann man billig optimieren.
Ansonsten habe ich alle “Snacks” zwischendurch einfach wegoptimiert. Nachts keine Chips, nachmittags keine Schoki oder Kekse. Geht einfach, wenn man sich mal daran gewöhnt hat. Dazu habe ich die Kalorienaufnahme aus Getränken auf 0 reduziert. Espresso und Cappucchino jetzt ohne Zucker, keine Coke und keine Fruchtsäfte mehr sondern nur noch “Zero”-Getränke wenn es süß sein muss, ansonsten Tee und Mineralwasser. Das scheint mir überhaupt ein echtes Erfolgsrezept zu sein: Kalorien aus Getränken sättigen nicht, lassen nur den Blutzuckerspiegel und damit den Insulinspiegel Achterbahn fahren und der Genussfaktor hält sich doch auch in Grenzen. In solchen Momenten bin ich allerdings froh, dass ich mir nie was aus alkoholischen Getränken gemacht habe – die Wirkung von Alkohol auf Gewicht und Blutzucker ist ziemlich ungünstig.
Unterm Strich ist die Strategie vielleicht eine Mischung aus Pseudo-Low-Carb und Logi-Methode mit Einsprengseln von gesundem Menschenverstand. Ich denke, ich erfinde einen coolen Namen, schreibe einen Ratgeber darüber und werde reich. Mit dem gewaltigen Erfahrungsschatz von 1 Person, die das nun 5 Monate macht, scheint mir das mindestens so fundiert wie das, was man andernorts kaufen und/oder lesen kann. Immerhin waren in diesen 5 Monaten eine Gewichtsreduktion von 20% möglich, praktisch ohne Verlust an Muskelmasse.