Nein, dieser Blog-Post kommt nicht deshalb so spät, weil ich so lange den Schmerz verarbeiten musste. Tatsächlich hat mich der Abstieg des VfB emotional relativ kalt gelassen, vermutlich weil er hochverdient war – so viel Gurkengekicke wie am Ende der Saison hat man selten gesehen. Bei uns läuft das unter dem Label “schlimmer als damals bei Trapattoni”.

Mein Unkenruf vor dem Beginn der Saison war also leider allzu berechtigt – obwohl es ja zwischendurch aussah, wie wenn der VfB noch die oberen Tabellenplätze, vielleicht gar die CL-Qualifikation erreichen könnte. Aber es war eben nur ein Zwischenhoch, das letztlich die Saat des Abstiegs in sich trug. Und nachdem sich die zwischenzeitlich von mir auserkorenen Abstiegskandidaten plötzlich entschieden, auch mal ein paar Spiele zu gewinnen, war der Abstieg letztlich nicht vermeidbar angesichts der gezeigten Leistungen.

Dreimal mit einem blauen Auge davon gekommen, beim vierten Mal hat es uns erwischt. Egal, ich memoriere derweil die Anstoßzeiten der zweiten Liga. Freitag 18.30h, Samstag 13.00h, Sonntag 13.30h, Montag 20.15h…und vielleicht gibt es dann ja wieder ein paar Siege zu sehen.

Wer die Berichterstattung über die Vorbereitung des VfB Stuttgart verfolgt und Sympathien für den Verein hegt, muss alarmiert sein. Alle Signale weisen darauf hin, dass wir erneut vor einer ganz schwierigen Saison stehen.

Der Trainer lobt die Mannschaft. Die Mannschaft lobt den Trainer. Alle loben die Vorbereitung. Alles ist superharmonisch. Man ist zufrieden mit den Neuzugängen. Und außerdem haben die letzten drei gewonnenen Spiele in der abgelaufenen Saison ja das wahre Gesicht der Mannschaft gezeigt. Jetzt auch noch der 4:2-Sieg gegen Manchester City, mit einer stellenweise großartigen Offensivleistung.

Wer sich noch an die Formel 1-Zeit zurück erinnert, als David Coulthard mit Mika Hakkinen für McLaren-Mercedes gefahren ist, wird verstehen was ich meine. Vor der Saison hat sich David Coulthard auch immer für den Top-Favoriten gehalten und die Vorbereitung und das Auto über den grünen Klee gelobt. Die gute Stimmung währte nur bis zum ersten Rennen. Am Ende war er aber immer mindestens hinter seinem Teamkollegen.

Und so befürchte ich nun den “Coulthard-Effekt” beim VfB. Der Konsens und das gegenseitige Schulterklopfen vernebeln die Sinne. Das böse Erwachen, der Reality Check, kommt am ersten Spieltag.

Anpfiff 15.30h. Frühes Gegentor. Schon wieder. Nervenzerfetzende Spannung. Alle anderen spielen wieder gegen uns. Wieder werden zig Chancen vergeben. Immerhin der Ausgleich noch vor der Pause. Es wird immer klarer, dass nur ein Sieg das rettende Ufer bringt. Und wieder werden beste Chancen vergeben – hüben wie drüben, aber eher hüben. Dann Minute 72 – jetzt hinten dicht, und der Klassenerhalt ist gesichert. Aber wann war in dieser Saison schon mal hinten dicht? Zittern bis zur letzten Minute. Schlusspfiff. Erlösung.

Am Ende ist alles wie letzte Saison: VfB gerettet, HSV in die Relegation. Noch so eine Saison werde ich nervlich wohl nicht durchstehen. Das habe ich aber auch schon letzte Saison gesagt.

Gerade habe ich versucht, als Unbeteiligter (jetzt rein fan- und sympathietechnisch) auf Sky das Spiel Eintracht Frankfurt gegen Werder Bremen zu genießen. An den Beteiligten auf dem Spielfeld lag es nicht – ein sehr unterhaltsames 5:2 – dass das nicht mal im Ansatz gelang.

Nein, mein Lieblingskommentator Fritz von Thurn und Taxis hat mal wieder den Genuss empfindlich gestört. Es gibt wohl keinen anderen Kommentator, der derart häufig derart unqualifiziert das Spiel totquatscht. Dass er nur selten Spieler auf Anhieb beim richtigen Namen zu nennen vermag ist da noch das kleinere Problem. Dazwischen erfreut er uns regelmäßig mit kreativen Komposita, heute war es “Binsenwahrheit”. Wobei das immerhin laut Duden ein echtes Wort ist.

Absolut unerträglich. Und ich muss ihn leider oft ertragen, den Fritz, da er aus mir unerfindlichen Gründen von Sky gerne bei VfB-Spielen eingesetzt wird. Immerhin bietet Sky einen Tonkanal an, wo niemand kommentiert – ich wette, intern wird der “Anti-Fritz-Kanal” genannt.

Fritz von Thurn und Taxis hat sich den letzten Platz auf meiner Kommentatoren-Hitliste redlich verdient. Und ich meine wirklich “Kommentatoren”, nicht etwa “Fußballkommentatoren” oder “Sportkommentatoren”. Und da gibt es wahrlich große Konkurrenz um die hinteren Plätze – wer sich mal Leichtathletik von Wolf-Dieter Poschmann versauen hat lassen, weiß, wovon ich rede.

5 Minuten Googeln bringt immerhin ans Licht, dass ich mit meiner Abneigung nicht völlig allein auf dieser Welt bin. Ist es nicht tröstlich, wenn andere den eigenen Schmerz teilen?