Wieviel Potenzial könnte eine Robin-Hood-Neuverfilmung wohl haben? Stärker besetzt als Kevin Costners Variante mit Morgan Freeman und Sean Connery? Oder als – unter der Regie von Ridley Scott – die Neuverfilmung von 2010 mit Russell Crowe und Cate Blanchett? Akkurater als die 1991er Variante mit Uma Thurman und Jürgen Prochnow? Lustiger als die 1993er Variante von Mel Brooks? Langlebiger als der Klassiker mit Erol Flynn? Kindgerechter als die Disney-Zeichentrick-Variante?

Keine Ahnung, ob es da noch unbekanntes und ungehobenes Potenzial gibt. Die 2018er Variante, von der ich hier berichten will (und die Anfang 2019 in die deutschen Kinos kam – Deutschlandstart erst 2 Monate nach den USA, das ist selten ein gutes Zeichen), lässt jedenfalls sämtliche positiven Aspekte vermissen. Lausige schauspielerische Leistung, verworrene Story wenn sie von der bekannten Hauptgeschichte abweicht, mysteriöse Technikvermischungen mit der Neuzeit, dämliche Dialoge, wenig zeitgenössisch wirkende Kostüme. Und die CGI-Effekte sahen aus wie von einer deutschen Low-Budget-Produktion – hier wurden aber angeblich 100 Millionen US$ versenkt.

Schlechtester Robin Hood ever. Das war wohl das Potenzial, das es zu heben gab: eine neue untere Grenze für die Qualität von Robin-Hood-Verfilmungen. Verschwendete Lebenszeit.

Als Kind der 80er (“Kind” im Sinne von “damals in der Musikcharts- und Bravo-Phase”) bin ich natürlich geprägt von den klassischen 4-Minuten-Popsongs dieser Zeit. Im Gegensatz zu den eher schwermütig-experimentell-flower-powerigen 70ern echte musikalische Zuckerwatte – süß und leicht verdaulich.

Nun habe ich in meiner großen 80er Playlist vielleicht 200 bis 300 Titel gesammelt (und das ist nur Stilrichtung “Pop” bis “Rock”, also ohne die NDW-, die ProgRock- und die Heavy-Fraktion, aber auch ohne die “ganz klassischer Rock”-Fraktion wie Pink Floyd oder Dire Straits – ja, das ist die pure Willkür, aber es ist meine Willkür!), und so wurde ich letztens von der Frage nach meiner persönlichen “Top 3” der 80er doch kalt erwischt. Die Lieder, die mir nach kurzem Hirnen eingefallen sind, sind nach längerem Nachdenken vielleicht doch eher so Top 20 statt Top 3, und so wollte ich – solange die Frage noch frisch und präsent ist – mal schriftlich festhalten, was nach etwas längerem Nachdenken nun tatsächlich Sache ist. In meinem Alter braucht man ja oft Gedächtnisstützen, man kann sich ja nix mehr merken…

Hauptmerkmal all dieser Song-Erinnerungen ist die Tendenz zu lautem Mitsingen (natürlich nur in “geschützten Räumen”, in denen ich gleichzeitig einziger Zuhörer bin – Folter ist ja generell untersagt) zu verleiten, und zwar schon bei den ersten Takten. Ebenfalls eine Tendenz zum “Repeat”. Und der niemals-dran-satthören-Effekt. Die Latte liegt also hoch.

Genug der Vorrede, nachfolgend die Liste. Es sind dann doch ein paar mehr Titel geworden als die zunächst angepeilten 20…die ersten drei dürfen als die gesuchte “Top 3” betrachtet werden, könnte aber nächste Woche schon anders aussehen. Es ist eben sauschwer, da eine Reihenfolge festzulegen. Wie entscheidet man sich zwischen der Ballade und dem fetzigen Gassenhauer? Das ist wie die Frage, ob eine Komödie oder ein Actionfilm “besser” ist.

  • Marillion – Kayleigh
  • Foreigner – Juke Box Hero
  • Alphaville – Forever Young
  • Slade – My Oh My
  • Rick Springfield – Celebrate Youth
  • a-ha – Take On Me
  • Don Henley – The Boys Of Summer
  • Kenny Loggins – Welcome To Heartlight
  • Billy Idol – Rebel Yell
  • Whitesnake – Here I Go Again
  • Queen – Who Wants To Live Forever
  • Richard Marx – Right Here Waiting
  • Camouflage – The Great Commandment
  • Depeche Mode – People Are People
  • Bon Jovi – Runaway
  • Kim Wilde – Kids In America
  • Cyndi Lauper – Time After Time
  • The Police – Every Breath You Take
  • Michael Jackson – Billie Jean
  • U2 – With Or Without You
  • Blondie – Call Me
  • Men At Work – Down Under
  • Survivor – Burning Heart
  • Berlin – Take My Breath Away
  • Bryan Adams – Summer of ’69
  • Bangles – Eternal Flame
  • Toto – Africa
  • Hall & Oates – Maneater
  • Simple Minds – Belfast Child
  • Scorpions – Still Loving You
  • New Order – True Faith
  • Soft Cell – Tainted Love
  • Billy Joel – Leningrad
  • White Lion – When The Children Cry
  • OMD – Maid Of Orleans
  • Duran Duran – Wild Boys
  • Frankie Goes To Hollywood – Relax
  • Van Halen – Jump
  • Pat Benatar – Love Is A Battlefield
  • Cat Stevens – Father And Son
  • Phil Collins – In The Air Tonight
  • Genesis – Land Of Confusion
  • Jan Hammer – Crockett’s Theme
  • Spandau Ballet – Through The Barricades
  • Heart – Alone
  • John Waite – Missing You
  • REO Speedwagon – Can’t Fight This Feeling
  • Mr Mister – Kyrie
  • John Parr – St. Elmo’s Fire
  • Asia – Voice Of America
  • Peter Cetera – Glory Of Love
  • Cheap Trick – The Flame
  • Starship – We Built This City
  • Chris de Burgh – Don’t Pay The Ferryman
  • Midnight Oil – Beds Are Burning
  • Bronski Beat – Smalltown Boy
  • Erasure – Oh L’Amour
  • Ultravox – Hymn
  • Twisted Sister – We’re Not Gonna Take It
  • Yazoo – Don’t Go
  • Pet Shop Boys – It’s A Sin
  • Jennifer Rush – The Power Of Love
  • Mike Oldfield – Shadow On The Wall
  • Fiction Factory – Feels Like Heaven
  • John Farnham – You’re The Voice
  • Roxette – It Must Have Been Love
  • Marillion – Incommunicado
  • a-ha – The Sun Always Shines On TV
  • Billy Idol – White Wedding
  • Kenny Loggins – Danger Zone
  • Survivor – Eye Of The Tiger
  • Foreigner – I Want To Know What Love Is
  • Alphaville – Jerusalem
  • Simple Minds – Don’t You Forget About Me
  • Mr Mister – Broken Wings

Ich hoffe, ich habe mich bei keinem Titel im Jahrzehnt geirrt…

Das waren also die 80er. Wer nicht bei jedem Titel direkt mindestens den Refrain im Kopf hat, war nicht dabei.

Und dazu das aktuelle Quiz: wer als erstes herausfindet, welche der drei Titel zu den guten Erinnerungen an die sonntäglichen Besuche des “Tanztees” in der Tanzschule Sauber in WN gehören, bekommt eine Einladung zum Essen. Nützlicher Tipp: man tanzt auf die gesuchten drei Titel Jive, Rumba und Schneller (denn mit Wien hat es wirklich nichts zu tun) Walzer. Insider, die damals mit dabei waren, sind von der Teilnahme selbstverständlich ausgeschlossen 🙂 Teilnahme per E-Mail, Einsendeschluss ist der 31.12.2019 (macht ein Einsendeschluss Sinn, wenn nur der erste richtige Einsender gewinnt?). Es gilt das Datum der Mail. Bonuspunkte für das Erraten meiner ersten Vinyl-Maxi-Single.

Bisher erschienen in der Reihe “Playlists”:

Letztes Jahr hat es gerade noch im Januar gereicht, die Zusammenfassung des Kino-Jahres zu posten. Jetzt ist schon Ende März. Unglaublich.

Egal, für Jahresrückblicke und Traditionen ist es nie zu spät. Hier also die Top 10 laut unserer unbestechlichen Kino-Statistik aus dem Jahre 2018.

  1. Ballon
  2. Deadpool 2
  3. Ready Player One
  4. Die Unglaublichen 2
  5. Avengers – Infinity War
  6. Death Wish
  7. Dieses bescheuerte Herz
  8. Venom
  9. Mission: Impossible – Fallout
  10. Nur ein kleiner Gefallen

Ein deutscher Film ganz vorne, das hat Seltenheitswert.

Flops waren relativ rar, mit “Verpiss’ Dich Schneewittchen” als negativem Höhepunkt (ich schrieb schon darüber). Unlustige Komödien scheinen in Mode zu sein, 2017 mit “Girl’s Night Out” und 2019 mit “Holmes & Watson”.

Ansonsten war “Renegades – Mission of Honor” auch ziemlich grausam, oder der neueste “Predator”-Versuch. Oder “Alpha”. Aber nichts war so richtig gruselig schlecht, um in die All-Time-Flop-Historie einzuziehen.

Ich bin durchaus Fan von Filmen, die sich dokumentationsartig mit historischen Ereignissen befassen. Selbst wenn sie so weit von der historischen Wahrheit sich entfernen wie Oliver Stones “JFK”. Ein gutes Beispiel für ein gelungenes Exemplar ist “13 Days”, den selbst Kevin Costner nicht ruinieren konnte.

Nun habe ich “Vice” angeschaut, ein angeblich dokumentarischer Spielfilm über Dick Cheney, der breiten Masse der Bevölkerung bekannt als Vizepräsident von George H.W. Bush (2001-2009). Der Film leitet ein mit einem textuellen Hinweis, dass hier ausschließlich nachgeprüfte Fakten gezeigt werden (und endet auch mit einer heutzutage scheinbar unvermeidlichen Trump-und-seine-Wähler-Bashing-Szene, die ebenfalls stark suggeriert, dass hier nur geprüfte Fakten Basis des Films seien), aber es sehr schwierig gewesen sei, aufgrund der Geheimniskrämerei von Cheney viele Details historisch abzusichern. Das legt die Latte ziemlich hoch. Und im Prinzip alle Filmszenen, die Dialoge und der Zusammenschnitt der Bilder unterqueren diese Latte berührungslos. Für solche Fälle wurde das Adjektiv “unterirdisch” geboren.

Die deutsche Wikipedia klassifiziert den Film allerdings als “satirische Filmbiografie” – die Ausrede “Satire” wird ja heutzutage gerne verwendet, wenn man der Lüge überführt wird und es plötzlich gar nicht ernst gemeint hat. Zumindest nicht die Details. Also nicht die falschen Details. Das läuft dann unter künstlerischer Freiheit. Eine Umfrage unter den (in ihrer Anzahl überschaubaren) Mitkinobesuchern hätte vermutlich die beinahe einhellige Meinung “Dokumentation” hervorgebracht.

Der Film ist aus meiner Sicht ein propagandistisches Machwerk, das für jeden historisch Interessierten ein Schlag ins Gesicht ist. Allerdings passt das allgemein im Film verfolgte Narrativ natürlich hervorragend zur in Deutschland veröffentlichten Meinung über die Regierung Bush, den Irakkrieg, Krieg für Öl, die amerikanische Wirtschaft, Carter vs. Reagan, 9-11, den Krieg gegen den Terror und das amerikanische Justizsystem mit dem Supreme Court im Zentrum. Für amerikanische Zuseher endet die Glaubwürdigkeit des Filmes vermutlich spätestens bei der Glorifizierung von Jimmy Carter, der nach allgemeiner Ansicht jenseits des Atlantiks völlig zurecht als einer der schlechtesten Präsidenten in der Geschichte gilt.

Auch in scheinbar nebensächlichen Details biegt der Film die Wahrheit in die gewünschte Richtung. Die Aussage, dass gerade Israel den Krieg gegen den Irak nach 9-11 nicht wollte, ist lachhaft und kann durch 5 Minuten Recherche (sofern man die historischen Begebenheiten nicht sowieso noch im Kopf hat – besonders der Vorlauf zum Irakkrieg sollte als Zentrum Schröderscher Wahlkampfpolemik ja noch im kollektiven Gedächtnis des bundesdeutschen Wählers präsent sein) falsifiziert werden.

Merkwürdig ist das nahezu vollständige Ignorieren der Amtszeit Cheneys als Verteidigungsminister in der Bush-Ära (Bush senior natürlich!) – gerade seine Rolle als Manager des ersten Irakkriegs hat Cheney einen parteiübergreifend guten Ruf bei Politikern und Wählern eingebracht. Kommt im Film nicht vor, der vermutlich sein Basisnarrativ nicht unnötig durch Details belasten will. Ebenso merkwürdig eine Szene, in der nahegelegt wird, dass Cheney zu Anfang seiner politischen Karriere gar keine Grundüberzeugungen hatte und irgendwie durch ein Wunder (oder alternativ den – selbstverständlich schlechten – Einfluss von Rumsfeld, der im Film geradezu als lächerliche Gestalt dargestellt wird) zu einer konservativen Einstellung fand.

Besonders die Darstellung der Geschichte in der Folge von 9-11 ist extrem einseitig, entspricht aber weitestgehend der typischen linksliberalen Sichtweise, dass alle offiziell genannten Gründe für diesen Krieg künstlich fabriziert wurden und lediglich der Sturz Saddams samt Übernahme der irakischen Ölreserven durch US-Firmen, insbesondere von Cheneys Ex-Arbeitgeber Haliburton, wären die wahren Motive dahinter gewesen. Sicher eine mögliche, aber eher unwahrscheinliche Erklärung für die Ereignisse.

Aber vollends absurd wird es, als Cheney auch noch verantwortlich gemacht wird für den Aufstieg des IS samt der daraus resultierenden Toten. Man mag die – historisch verbriefte – öffentliche Nennung von al Zarquawi als (un)freiwillige Starthilfe für dessen Terroristenkarriere interpretieren, aber dann zu unterschlagen, dass dieser bereits 2006 getötet wurde durch die eben noch verdammten Mittel des Kriegs gegen den Terror, und er trotzdem irgendwie noch für den zeitlich viel späteren Aufstieg des IS in Syrien und dem Irak verantwortlich sein soll…wie gesagt, absurd.

Und der Film reichert das Ganze noch phantasievoller an, mit einer Geschichte rund um den Tod der Schwiegermutter Cheneys – es wird im Film zumindest nahegelegt, das diese von ihrem Mann ermordet wurde und die Polizei unzureichend ermittelt habe. Mir war diese Story völlig neu, und tatsächlich hält sie auch keiner Recherche stand. Natürlich lügt der Film hier nicht direkt, aber Auslassung nebst Übertreibung mit Einstreuungen von Halbwahrheiten war schon immer das Lieblingsstilmittel begabter Lügner. Dazu Geraune und “Guilt by Association”, ebenfalls bewährte Stilmittel der Desinformation. Gerne lässt man Bilder “für sich sprechen” und wehrt sich dann gegen naheliegende Interpretation derselben. Propaganda eben.

Leider setzt die deutsche Synchronisation noch einen einsamen negativen Höhepunkt auf die ganze Misere, indem doch tatsächlich das amerikanischer “liberal” mit dem deutschen “liberal” übersetzt wird. Das ist ungefähr so, als wenn man “silicon” mit “Silikon” übersetzt (was ja auch leider recht häufig passiert).

Immerhin ist der Film begrenzt lehrreich, was den heute üblichen Umgang mit den Tatsachen angeht, wie “Framing” funktioniert, was die Amerikaner mit “talking points” meinen, und warum eine Mehrheit der Amerikaner es tatsächlich übers Herz gebracht haben, Donald Trump zu ihrem Präsidenten zu wählen.

Vice war für 8 Oscars nominiert, was vermutlich mehr über das Hollywood-Mindset als über die Qualitäten des Films aussagt. Insbesondere die Nominierung in den Kategorien “Beste Regie”, “Bestes Originaldrehbuch” und “Beste Nebendarstellerin” sind schwer nachvollziehbar, die schauspielerischen Leistungen jenseits von Christian Bale (das einzige Highlight des Films) sind irgendwas zwischen unterirdisch, holzschnittartig und unfreiwillig slapstickhaft, und vermutlich zu guten Teilen ein Problem von Drehbuch und Regie. Zur Ehrenrettung Hollywoods sei gesagt, dass er letztlich nur in der Kategorie “Bestes Make-up und beste Frisuren” einen Oscar gewonnen hat, was durchaus sinnbildlich für die Qualität des Films zu sehen ist.

Nun ja. Auf historische Erkenntnisse gehofft und ein Michael-Moore-artiges Machwerk bekommen. Kann passieren, bleibt aber ärgerlich.

In letzter Zeit war mein Verhältnis zu Pixar-Filmen eher durchwachsen. Die Jungs hatten eine sensationelle Serie mit “Die Monster-AG”, “Findet Nemo”, “Die Unglaublichen”, “Cars”, “Ratatouille” und “Wall-E”. Danach war aus meiner Sicht eher nicht-so-gut, man schwankte zwischen ultraschlechten Fortsetzungen (Cars 2, Cars 3), Filmen mit zu ernstem Hintergrund (“Oben”, “Alles steht Kopf”, “Coco”) und kindischem Schwachsinn (“Toy Story 3”, “Die Monster-Uni”). Nur wenige ordentliche Zwischenhochs (“Merida – Legende der Highlands”, “Findet Dorie”). In besonders schlechter Erinnerung blieb der Vorfilm “Lava” vor “Alles steht Kopf” mit dem unerträglichen singenden Vulkan. Und das nach grandiosen Kurzfilmen wie “For The Birds”, “Lifted” oder “Mike’s New Car”.

Nun, heutzutage übernimmt den Unerträglich-Faktor die unsägliche IQOS-Werbung, die einen zum militanten Nichtraucher werden lässt. Diese Werbung kämpft definitiv mit dem ultralangen H&M-Spot von vor einigen Jahren um den Spitzenplatz. Der “echte” Vorfilm war dann OK, mehr aber auch nicht. Bisserl rührselig für meinen Geschmack.

“Die Unglaublichen 2” entschädigte dann aber für alles. Coole Story, sehr erfindungsreich was neue Superhelden angeht, und Jack-Jack ist ein echter Sympathieträger. Sein Kampf mit dem Waschbären im Garten ist einfach großartig. Und der Running Gag “Was, Jack-Jack hat Superkräfte?” wird auch großartig durch den Film gezogen.

Schön zu sehen, dass Disney die Pixar-Kreativität noch nicht abgewürgt hat.

Deutschland in der Vorrunde gescheitert. Spanien im Achtelfinale raus, gegen alles andere als überzeugende Russen. Barcelona im Viertelfinale der Champions League raus.

Man muss ja vorsichtig sein mit so weitreichenden Prognosen. Aber es scheint so, dass der Ballbesitzfußball aka “Tiki Taka” auf dem absteigenden Ast ist. Der Trend ist ja schon länger das “Umschaltspiel”, kombiniert mit einer soliden Defensive. 0:0 und vorne hilft ein schneller Konter.

Ich hasse Ballbesitzfußball, aber es kommt selten was besseres nach – “Umschaltspiel” mag ich nur in der Klopp-Variante, aber ich fürchte es könnte sich die französische Variante (Deschamps-Variante) durchsetzen – eine turboschnelle Spitze reicht. Das Anforderungsprofil für den “modernen Innenverteidiger” wird sich ändern.

 

Die Vorrunde ist vorbei, das Achtelfinale steht an – Zeit, die alte Weisheit “es ist schon alles gesagt, nur noch nicht von jedem” mit Leben zu füllen.

Deutschland ist bekanntlich als Gruppenletzter in der Vorrunde ausgeschieden – die große Überraschung der WM. Manche führten das auf den “Weltmeister-Fluch” zurück, demzufolge der Titelverteidiger stets in der Vorrunde ausscheidet. Frankreich 2002, Italien 2010, Spanien 2014 sind die letzten Beispiele. Und nun Deutschland 2018.

Bei näherer Betrachtung ist das Ausscheiden eines Favoriten in der Vorrunde kein wirklich seltenes Ereignis. Und da Fußball zu seinem Gutteil aus Zufall und Glück besteht, ist die Wahrscheinlichkeit für ein solches Ereignis eben nicht besonders klein. Zumal die Leistungsdichte ja eher zugenommen hat. Schon Berti Vogts wusste: “Die Breite an der Spitze ist dichter geworden.” Und bekanntlich gibt es ja auch keine kleinen Gegner mehr, da kann man Rudi Völler fragen (EM-2004-Qualifikation gegen die Färoer-Inseln mit dem knappen 2:1-Sieg nach unterirdischem Spiel – die Älteren erinnern sich).

Überhaupt hat der Fußball ja jede Menge Weisheiten und Lehren aus der Vergangenheit zu bieten. Jede Menge Statistiken und Serien, die ebenso schnell beginnen wie sie ebenso sicher irgendwann enden. Aber natürlich auch die weiterhin als gültig betrachteten. Der schon genannte “Fluch des Weltmeisters”. Deutschland ist noch nie in der Vorrunde ausgeschieden. Deutschland hat noch nie bei einem Turnier gegen Mexiko oder Südkorea verloren. Deutschland ist seit 2006 immer mindestens im Halbfinale gewesen. Deutschland ist eine Turniermannschaft. Form schlägt Klasse. Mit ausreichend Qualität und Erfahrung übersteht man die Vorrunde locker, auch im Formtief. Ein Erfolgserlebnis schweißt die Truppe zusammen. Und so weiter und so weiter.

Woran lag es jetzt bei Deutschland? Wie so häufig ist es sehr unwahrscheinlich, dass es einen einzelnen Grund dafür gab. Erklärungsversuche gab es ja reichlich, ich will nur einige davon nennen: Özil und Gündogan und die Erdogan-Affäre? Das spartanische deutsche Quartier Watutinki? Die Bayern-Spieler in der Krise nach der “schlechten” Saison mit nur einem Titel? Wagner und Sane nicht dabei? Rudy nach guten Minuten schwer verletzt raus? Boateng mit Gelb-Rot fürs entscheidende Gruppenspiel gesperrt? Angst der Mannschaft, bei einem Weiterkommen wieder von Frau Merkel in der Kabine heimgesucht zu werden? Atmosphärische Störungen in der Mannschaft, z.B. zwischen den Weltmeistern und den Confed-Cup-Siegern? Formschwäche der Führungsspieler? Alle satt nach dem WM-Titel 2014? Keine Topspieler auf den Außenpositionen? Manuel Neuer nicht rechtzeitig fit? Falsche Taktik von Löw? Falsche Auswechslungen im Südkorea-Spiel? Zu viele Änderungen in der Startelf? Oder einfach Pech? Glück nach dem Last-Minute-Sieg gegen Schweden aufgebraucht? Kein personeller Umbruch nach der WM 2014? Warum mit Özil im dritten Spiel, obwohl das erste mit ihm katastrophal war und das zweite ohne ihn erfolgreich war? Warum das “spielt – spielt nicht – spielt” mit Khedira? Warum ausgerechnet Goretzka im letzten Gruppenspiel? Und hätte nicht mal jemand Kimmich im Mexiko-Spiel erklären können, dass er auch Defensivaufgaben zu erledigen hat? War es die verhaltene Stimmung der Fans in der Heimat?

Aber letztlich gab es ja auch im gruseligen Spiel gegen Südkorea ausreichend Torchancen, um das Spiel für Deutschland zu entscheiden. Und da sind wir wieder bei “Glück” und “Zufall” als wichtige Faktoren im Fußball.

Nun hat es ja immer Kritik an Löw gegeben. Aber er hatte die Ergebnisse auf seiner Seite. Jetzt, wo das Ergebnis so unzufriedenstellend war, gibt es natürlich reichlich Ansatzpunkte für Kritik. Mein wichtigster Kritikpunkt: Löw favorisiert genau eine Spielweise. Spielt man gegen einen Gegner, der diese erfolgreich bekämpfen kann, oder sind die Spieler nicht in der Lage, diese Spielweise umzusetzen, geht es schief. Es gibt keinen Plan B. Spätestens nach dem Spiel gegen Mexiko (aber eigentlich schon in den Vorbereitungsspielen) hätte Löw den einfachsten aller Pläne entwickeln müssen: Torgefahr über Standards. Im Kader standen mit Hummels, Boateng, Gomez und Khedira außergewöhnliche Kopfballspieler. Mit Draxler, Werner und Reuss gibt es drei schnelle Spieler, die Standardsituationen forcieren können. Und mit Kroos gibt es einen Spieler, der zentimetergenau Bälle schlagen kann. Warum hat man so oft die Ecken kurz ausgeführt? Warum spielte Gomez nicht stets von Anfang an gegen die “kleinen” Abwehrreihen von Mexiko und Südkorea?

Das wäre alles nicht nötig gewesen, wenn Deutschland die bei der WM 2014 und teilweise bei der EM 2016 und der WM-Quali gezeigte Qualität im Kombinationsspiel gehabt hätte. Ballsicherheit, tödliche Pässe in die Tiefe. Nachdem das aber erkennbar nicht der Fall war, hätte man sich eben wieder auf die Grundtugenden des Fußballs konzentrieren müssen. Löw wollte das offenbar nicht. Er hat ja schon früher gesagt, dass er nix von Standards hält und diese auch nicht trainiert. Die WM hat m.E. gezeigt, dass es aber unabdingbar ist, gute Standardsituationen zu nutzen, um gegen defensiv gut stehende Gegner wenigstens ein Tor zu erzielen. Sowohl Portugal als auch England haben das gezeigt.

Wie geht die WM nun weiter? Ein Blick auf den Turnierbaum lässt mich ein Finale Frankreich-Kroatien vermuten. Aber bisher schlechte Spiele schützen nicht vor Titeln, siehe Portugal 2016 oder Griechenland 2004. Und so ist eben nicht auszuschließen, dass die Argentinier heute locker Frankreich aus dem Turnier kegeln. Das ist eben Fußball. Das Spiel ist so attraktiv, weil Überraschungen verhältnismäßig häufig vorkommen.

Blog-Kollege Werwohlf hat auch einen sehr lesenswerten Artikel mit Fokus auf das deutsche Abschneiden verfasst. Lesen! https://werwohlf.wordpress.com/2018/06/28/was-zum-rest-der-ehemals-besten/

Neulich im Supermarkt. Der Prospekt versprach, mit dem unvermeidlichen aktuellen WM-Bezug, “weltmeisterliche Party-Grillplatten”. Also schön gerichtete Platten mit einem Grillfleischsortiment. Servier-Platte inklusive. Aber mit einem wichtigen Hinweis: “Bei größeren Mengen bitten wir Sie, im Markt vorzubestellen.” Alles klar.

Der Mitarbeiter hinter der Fleischtheke hingehen vertrat die Ansicht, dass selbstverständlich überhaupt keine Grillplatten vorbereitet zum Mitnehmen existieren und man stattdessen stets diese mindestens einen Tag vorher bestellen müsse. Meine Frage, ab wann denn die “größere Menge” beginne, beantwortete er vielsagend mit einem Schulterzucken. Ebenso meinen Ratschlag, solche für Kunden nicht ganz unwichtigen Details doch etwas breiter zu publizieren. Nun ja. Talent zur Kundenkommunikation ist nicht jedem gegeben.

Wir lernen daraus: mancherorts gilt eben schon “Eins” als “größere Menge”. Und kaufen das Fleisch lieber wieder woanders.

Ich hatte zuletzt schon die Befürchtung, dass der HSV erneut dem Abstieg von der Schippe springt, nachdem die Hamburger spät aber potenziell noch rechtzeitig mit einer Serie an guten Leistungen überraschten. Womöglich wieder Rettung über die Relegation, womöglich wieder völlig unverdient wie damals gegen den KSC.

Unter all den Traditionsvereinen – nicht zuletzt dem VfB – die zuletzt den Gang in die zweite Liga antreten mussten, ist es beim HSV schon ein ganz besonderer Fall. Denn die Hamburger hatten nie ein Budgetproblem, und trotz erheblicher Investitionen ist es nicht gelungen, sich in der ersten Tabellenhälfte zu etablieren, wie es dem Budget angemessen gewesen wäre.

Nun ist es aber Platz 17 geworden, und damit der direkte Abstieg. Unwiderruflich. Inklusive der Gewissheit, dass ein nicht unerheblicher Teil von “Fans” des HSV gehörig einen an der Klatsche hat. Man fragt sich immer wieder, wie diese Menge an Pyrotechnik unerkannt ins Stadion kommt, und warum die Täter nicht ganz einfach mit lebenslangem Stadionverbot belegt werden. Aber das ist ja ein generelles Problem, wie man schon in Hamburg bei den G8-“Protesten” gesehen hat – bürgerkriegsähnliche Zustände dank jahrzehntelanger Appeasement-Haltung gegenüber den Tätern. Geliefert wie bestellt.

Die Überschrift ist übrigens eine Hommage an die Gesänge der VfB-Fans bei der Meisterschaft 1992, die gleichzeitig den Abstieg des Lokalrivalen Stuttgarter Kickers feierten. Kam mir spontan in den Sinn, auch wenn ich die Gehässigkeit insbesondere bei Fußballfans gegenüber anderen Vereinen nie so richtig gut fand – Fair Play geht anders, aber möglicherweise ist es einfach ein Spiegel einer gesellschaftlichen Schicht intellektuell eher einfach strukturierten Menschen, die vermutlich in den Reihen der Fans überproportional vertreten ist. Da geht nichts über ein vernünftiges Feindbild.

Man wird von den Marvel-Studios-Filmen selten enttäuscht, wenn man mit der richtigen Erwartungshaltung reingeht. Es ist Krachbumm und Action und sensationelle Special Effects. Und meist eine erträgliche Story mit meist gut eingewobenen Schmunzlern oftmals in Form feiner Selbstironie.

Der neueste Avengers-Teil macht da keine Ausnahme. 160 Minuten, sowohl ILM als auch Weta mit voller Kapelle bei den Special Effects dabei, und wieder einmal steht das Schicksal des halben Universums auf dem Spiel.

Allerdings muss ich zugeben, dass mir inzwischen diverse Feinheiten der Story entgehen, weil ich schlicht den Überblick im Marvel-Universum verloren habe (oder noch nie hatte) und mich nicht an die vielen Details und Anspielungen der bisherigen Filme erinnern kann. Das Alter, und fehlende Vorbildung. In meiner Kindheit war halt Superman und Batman angesagt, Roter Blitz wurde toleriert und die Grüne Leuchte nebst Wonder Woman (hieß damals “Wundergirl” wenn ich mich recht erinnere) gehasst. “Die Spinne” (so hieß Spider-Man damals im deutschen Sprachraum) spielte nur eine Rolle am Rande, und man wunderte sich über die anderen Gestalten aus dem Marvel-Universum wie den Silver Surfer oder die fantastischen Vier. Oder Thor. Und so fehlte mir unter anderem das Wissen um das Logo von “Captain Marvel” in der Nach-Abspann-Szene zu identifizieren. Nervt ein bisschen. Aber ich werde es mannhaft ertragen.