Seit der VfB Stuttgart wieder anständigen Fußball spielt, lese ich wieder gerne Berichterstattung. Nicht immer eine gute Idee. Nebenan im Politik-Blog ist “Qualitätsjournalismus” ein wiederkehrendes Thema, aber Schludrigkeit und Schlampigkeit ist eben allgemeines Journalismusproblem und kein exlusives Politikjournalismusproblem.

Heute also die sport1-Nachberichterstattung zum VfB-Sieg gegen Darmstadt mit dem Artikeltitel “Die „komplette Palette Guirassy“”. Man lobt den glänzenden Saisonstart, und dann kommt der Grund für die Überschrift dieses Blog-Posts – ich zitiere: “Besser waren die Schwaben nur vor 37 Jahren mit Trainer Joachim Löw und dem „magischen Dreieck“ Krassimir Balakow, Giovane Elber und Fredi Bobic in die Saison gestartet (fünf Siege).” 2023 – 37 ist 1986. Da war Fredi Bobic 15 Jahre alt. Ich halte es für unwahrscheinlich, dass er damals beim VfB Teil des Bundesliga-Teams war, geschweige denn Teil des “magischen Dreiecks” mit dem nochmal ein Jahr jüngeren Elber. VfB-Experten werden jetzt sogar kurz drüber nachdenken müssen, wer eigentlich 1986 Trainer war. Kleiner Tipp: es waren sogar drei, und Benthaus (Meistertrainer von 1984, den werden die meisten noch kennen) war es nicht mehr.

Und immerhin dafür taugt schlampige Berichterstattung: als Recherche-Trigger.

Nun hat die Bundesliga-Saison trotz Corona ein gutes Ende genommen, in der zweiten Liga ist der VfB aufgestiegen und der HSV nicht, gescheitert an Heidenheim in der Tabelle und an Sandhausen im letzten Spiel – die Geschichten vom Scheitern sind immer die schönsten.

In allen Sonntagsreden – und auch neulich in unserer lokalen Tageszeitung in einer Kolumne – wurden reichlich Krokodilstränen vergossen, dass die armen Fans ja nicht im Stadion dabei sein können und man die Atmosphäre so doll vermisst und das ja die Fans letztlich das Wichtigste am Fußball sind und ohne Fans im Stadion das ja alles nix sei.

Ich bin völlig anderer Meinung. Ich habe die hochgelobten Choreos nicht vermisst. Genau wie die Ultra-Plakate gegen dies und das (wobei ein paar Banner sich ja auch jetzt ins Stadion verirrt haben). Fahnenschwenker brauche ich nicht zum Fußballgenuss. Pyro-Schwachsinn ebenfalls nicht. Das sinnlose Gepfeife und Gegeifere gegen jede Schiedsrichterentscheidung, die in die falsche Richtung geht, nervt einfach nur. Das gänzlich unfaire Gegnerbeschimpfe, gerne als “Fankultur” verbrämt, ebenfalls. Hasslieder getarnt als Fangesänge. Niemals Applaus für gute Aktionen des Gegners. Fairplay nur auf Plakaten.

Nein, ich vermisse das Publikum im Stadion nicht so besonders.

Natürlich ist der Grund für die oben beschriebenen Krokodilstränen diverser Vereinsverantwortlicher hauptsächlich monetärer und PR-Natur. Das sehe ich ihnen gerne nach – es geht schließlich ums Geschäft.

Deutschland in der Vorrunde gescheitert. Spanien im Achtelfinale raus, gegen alles andere als überzeugende Russen. Barcelona im Viertelfinale der Champions League raus.

Man muss ja vorsichtig sein mit so weitreichenden Prognosen. Aber es scheint so, dass der Ballbesitzfußball aka “Tiki Taka” auf dem absteigenden Ast ist. Der Trend ist ja schon länger das “Umschaltspiel”, kombiniert mit einer soliden Defensive. 0:0 und vorne hilft ein schneller Konter.

Ich hasse Ballbesitzfußball, aber es kommt selten was besseres nach – “Umschaltspiel” mag ich nur in der Klopp-Variante, aber ich fürchte es könnte sich die französische Variante (Deschamps-Variante) durchsetzen – eine turboschnelle Spitze reicht. Das Anforderungsprofil für den “modernen Innenverteidiger” wird sich ändern.

 

Die Vorrunde ist vorbei, das Achtelfinale steht an – Zeit, die alte Weisheit “es ist schon alles gesagt, nur noch nicht von jedem” mit Leben zu füllen.

Deutschland ist bekanntlich als Gruppenletzter in der Vorrunde ausgeschieden – die große Überraschung der WM. Manche führten das auf den “Weltmeister-Fluch” zurück, demzufolge der Titelverteidiger stets in der Vorrunde ausscheidet. Frankreich 2002, Italien 2010, Spanien 2014 sind die letzten Beispiele. Und nun Deutschland 2018.

Bei näherer Betrachtung ist das Ausscheiden eines Favoriten in der Vorrunde kein wirklich seltenes Ereignis. Und da Fußball zu seinem Gutteil aus Zufall und Glück besteht, ist die Wahrscheinlichkeit für ein solches Ereignis eben nicht besonders klein. Zumal die Leistungsdichte ja eher zugenommen hat. Schon Berti Vogts wusste: “Die Breite an der Spitze ist dichter geworden.” Und bekanntlich gibt es ja auch keine kleinen Gegner mehr, da kann man Rudi Völler fragen (EM-2004-Qualifikation gegen die Färoer-Inseln mit dem knappen 2:1-Sieg nach unterirdischem Spiel – die Älteren erinnern sich).

Überhaupt hat der Fußball ja jede Menge Weisheiten und Lehren aus der Vergangenheit zu bieten. Jede Menge Statistiken und Serien, die ebenso schnell beginnen wie sie ebenso sicher irgendwann enden. Aber natürlich auch die weiterhin als gültig betrachteten. Der schon genannte “Fluch des Weltmeisters”. Deutschland ist noch nie in der Vorrunde ausgeschieden. Deutschland hat noch nie bei einem Turnier gegen Mexiko oder Südkorea verloren. Deutschland ist seit 2006 immer mindestens im Halbfinale gewesen. Deutschland ist eine Turniermannschaft. Form schlägt Klasse. Mit ausreichend Qualität und Erfahrung übersteht man die Vorrunde locker, auch im Formtief. Ein Erfolgserlebnis schweißt die Truppe zusammen. Und so weiter und so weiter.

Woran lag es jetzt bei Deutschland? Wie so häufig ist es sehr unwahrscheinlich, dass es einen einzelnen Grund dafür gab. Erklärungsversuche gab es ja reichlich, ich will nur einige davon nennen: Özil und Gündogan und die Erdogan-Affäre? Das spartanische deutsche Quartier Watutinki? Die Bayern-Spieler in der Krise nach der “schlechten” Saison mit nur einem Titel? Wagner und Sane nicht dabei? Rudy nach guten Minuten schwer verletzt raus? Boateng mit Gelb-Rot fürs entscheidende Gruppenspiel gesperrt? Angst der Mannschaft, bei einem Weiterkommen wieder von Frau Merkel in der Kabine heimgesucht zu werden? Atmosphärische Störungen in der Mannschaft, z.B. zwischen den Weltmeistern und den Confed-Cup-Siegern? Formschwäche der Führungsspieler? Alle satt nach dem WM-Titel 2014? Keine Topspieler auf den Außenpositionen? Manuel Neuer nicht rechtzeitig fit? Falsche Taktik von Löw? Falsche Auswechslungen im Südkorea-Spiel? Zu viele Änderungen in der Startelf? Oder einfach Pech? Glück nach dem Last-Minute-Sieg gegen Schweden aufgebraucht? Kein personeller Umbruch nach der WM 2014? Warum mit Özil im dritten Spiel, obwohl das erste mit ihm katastrophal war und das zweite ohne ihn erfolgreich war? Warum das “spielt – spielt nicht – spielt” mit Khedira? Warum ausgerechnet Goretzka im letzten Gruppenspiel? Und hätte nicht mal jemand Kimmich im Mexiko-Spiel erklären können, dass er auch Defensivaufgaben zu erledigen hat? War es die verhaltene Stimmung der Fans in der Heimat?

Aber letztlich gab es ja auch im gruseligen Spiel gegen Südkorea ausreichend Torchancen, um das Spiel für Deutschland zu entscheiden. Und da sind wir wieder bei “Glück” und “Zufall” als wichtige Faktoren im Fußball.

Nun hat es ja immer Kritik an Löw gegeben. Aber er hatte die Ergebnisse auf seiner Seite. Jetzt, wo das Ergebnis so unzufriedenstellend war, gibt es natürlich reichlich Ansatzpunkte für Kritik. Mein wichtigster Kritikpunkt: Löw favorisiert genau eine Spielweise. Spielt man gegen einen Gegner, der diese erfolgreich bekämpfen kann, oder sind die Spieler nicht in der Lage, diese Spielweise umzusetzen, geht es schief. Es gibt keinen Plan B. Spätestens nach dem Spiel gegen Mexiko (aber eigentlich schon in den Vorbereitungsspielen) hätte Löw den einfachsten aller Pläne entwickeln müssen: Torgefahr über Standards. Im Kader standen mit Hummels, Boateng, Gomez und Khedira außergewöhnliche Kopfballspieler. Mit Draxler, Werner und Reuss gibt es drei schnelle Spieler, die Standardsituationen forcieren können. Und mit Kroos gibt es einen Spieler, der zentimetergenau Bälle schlagen kann. Warum hat man so oft die Ecken kurz ausgeführt? Warum spielte Gomez nicht stets von Anfang an gegen die “kleinen” Abwehrreihen von Mexiko und Südkorea?

Das wäre alles nicht nötig gewesen, wenn Deutschland die bei der WM 2014 und teilweise bei der EM 2016 und der WM-Quali gezeigte Qualität im Kombinationsspiel gehabt hätte. Ballsicherheit, tödliche Pässe in die Tiefe. Nachdem das aber erkennbar nicht der Fall war, hätte man sich eben wieder auf die Grundtugenden des Fußballs konzentrieren müssen. Löw wollte das offenbar nicht. Er hat ja schon früher gesagt, dass er nix von Standards hält und diese auch nicht trainiert. Die WM hat m.E. gezeigt, dass es aber unabdingbar ist, gute Standardsituationen zu nutzen, um gegen defensiv gut stehende Gegner wenigstens ein Tor zu erzielen. Sowohl Portugal als auch England haben das gezeigt.

Wie geht die WM nun weiter? Ein Blick auf den Turnierbaum lässt mich ein Finale Frankreich-Kroatien vermuten. Aber bisher schlechte Spiele schützen nicht vor Titeln, siehe Portugal 2016 oder Griechenland 2004. Und so ist eben nicht auszuschließen, dass die Argentinier heute locker Frankreich aus dem Turnier kegeln. Das ist eben Fußball. Das Spiel ist so attraktiv, weil Überraschungen verhältnismäßig häufig vorkommen.

Blog-Kollege Werwohlf hat auch einen sehr lesenswerten Artikel mit Fokus auf das deutsche Abschneiden verfasst. Lesen! https://werwohlf.wordpress.com/2018/06/28/was-zum-rest-der-ehemals-besten/

Ich hatte zuletzt schon die Befürchtung, dass der HSV erneut dem Abstieg von der Schippe springt, nachdem die Hamburger spät aber potenziell noch rechtzeitig mit einer Serie an guten Leistungen überraschten. Womöglich wieder Rettung über die Relegation, womöglich wieder völlig unverdient wie damals gegen den KSC.

Unter all den Traditionsvereinen – nicht zuletzt dem VfB – die zuletzt den Gang in die zweite Liga antreten mussten, ist es beim HSV schon ein ganz besonderer Fall. Denn die Hamburger hatten nie ein Budgetproblem, und trotz erheblicher Investitionen ist es nicht gelungen, sich in der ersten Tabellenhälfte zu etablieren, wie es dem Budget angemessen gewesen wäre.

Nun ist es aber Platz 17 geworden, und damit der direkte Abstieg. Unwiderruflich. Inklusive der Gewissheit, dass ein nicht unerheblicher Teil von “Fans” des HSV gehörig einen an der Klatsche hat. Man fragt sich immer wieder, wie diese Menge an Pyrotechnik unerkannt ins Stadion kommt, und warum die Täter nicht ganz einfach mit lebenslangem Stadionverbot belegt werden. Aber das ist ja ein generelles Problem, wie man schon in Hamburg bei den G8-“Protesten” gesehen hat – bürgerkriegsähnliche Zustände dank jahrzehntelanger Appeasement-Haltung gegenüber den Tätern. Geliefert wie bestellt.

Die Überschrift ist übrigens eine Hommage an die Gesänge der VfB-Fans bei der Meisterschaft 1992, die gleichzeitig den Abstieg des Lokalrivalen Stuttgarter Kickers feierten. Kam mir spontan in den Sinn, auch wenn ich die Gehässigkeit insbesondere bei Fußballfans gegenüber anderen Vereinen nie so richtig gut fand – Fair Play geht anders, aber möglicherweise ist es einfach ein Spiegel einer gesellschaftlichen Schicht intellektuell eher einfach strukturierten Menschen, die vermutlich in den Reihen der Fans überproportional vertreten ist. Da geht nichts über ein vernünftiges Feindbild.

Gerade läuft das Halbfinale DFB-Pokal Bayern gegen Dortmund. Läuft in der ARD oder auf Sky. Und dabei kommt mir spontan in den Sinn: entscheidend für den Genuss ist nicht nur, wer HD und wer SD sendet. Bildqualität ist nicht alles. Wenn der Ton nämlich FvTuT ist, würde ich Fußball sogar lieber mit (fast) jedem anderen Kommentator bei 320×200 sehen.

Im aktuellen Fall kommt also Tom Bartels zum Zug. Wann wird Sky meine Gebete erhören?

Nach vier Spieltagen der zweiten Bundesliga wage ich die Prognose: der VfB Stuttgart wird auf keinen Fall den direkten Wiederaufstieg schaffen, sondern sich eher im gesicherten Mittelfeld zwischen Platz 6 und 12 einsortieren.

Nach den ersten zwei Spielen war ich noch verhalten optimistisch – die Mannschaft war ja neu zusammengestellt, schon in der alten Zusammenstellung nicht gut eingespielt, konnte also nur besser werden. Und der neue Trainer kann ja – schaut man sich seine bisherigen Stationen an – auch kein Blinder sein. Klar, verloren in Düsseldorf, blöd – aber doch genug Chancen rausgespielt, um das Spiel locker zu gewinnen.

Dann kamen allerdings die Spiele 3 und 4, und es ist kein Fortschritt zu erkennen, was Spielidee, System, Sicherheit, Eingespieltheit usw. angeht. Ja, man muss von Rückschritt sprechen. Sogar von gewaltigem Rückschritt. Und das könnte auf ein Qualitätsproblem hindeuten. Oder ein Mentalitätsproblem. Oder ein Trainerproblem. Oder alles drei.

Auf was setzt der VfB-Fan seine Hoffnungen? Großkreutz wieder fit, Ginczek vielleicht demnächst auch wieder mit dabei. Vage Hoffnungen.

Portugal ist Fußball-Europameister geworden. Glückwunsch dazu. Es gibt mir Gelegenheit, noch ein paar weitere Fußballwahrheiten zu verkünden.

  • Jede Serie geht mal zu Ende – z.B. Deutschland gewinnt im Halbfinale gegen den Gastgeber, Frankreich gewinnt als Gastgeber das Finale, Deutschland gewinnt nicht gegen Italien, Portugal gewinnt nie einen Titel. Serien sind einfach nur Ausdruck der Normalverteilung bei vom Zufall beeinflussten Ereignissen – wie beispielsweise Fußballspielen im Rahmen eines Turnierformats.
  • Fußball ist nicht transitiv – nur weil Mannschaft A gegen Mannschaft B und Mannschaft B gegen Mannschaft C gewonnen hat, ist noch lange nicht sicher, dass Mannschaft A auch gegen Mannschaft C gewinnt.
  • Mannschaften haben oft Schlüsselspieler. Je mehr Schlüsselspieler sie haben, desto schwerer sind sie zu spielen. Es gibt Schlüsselspieler von derartiger Qualität, dass sie nie über 90 Minuten aus dem Spiel zu nehmen sind – Beispiele sind Müller (Thomas und Gerd), Messi, van Basten oder Bale. Von denen reicht oft auch einer, um Spiele zu entscheiden.
  • Fällt ein Schlüsselspieler aus, kann das oft kompensiert werden – manchmal ist das Spiel dann schwerer ausrechenbar. Fallen mehrere aus, endet das häufig in einer Niederlage. Selbiges gilt für Schlüsselspieler in der Formkrise.
  • Um zu entscheiden, ob absichtliches Handspiel vorliegt, muss man mindestens studiert haben.
  • Die Entscheidung eines Schiedsrichters, ob er für ein Foul oder eine Unsportlichkeit eine gelbe Karte gibt, gehört zu den willkürlichsten Tatsachenentscheidungen, die gleichzeitig aber innerhalb eines Turniers oder einer Saison entscheidende Bedeutung haben können.
  • Die Bedeutung von Standards wird immer noch unterschätzt. Aus dem Spiel heraus sind Torchancen viel schwieriger zu generieren, besonders natürlich von spielerisch schwächeren Teams. Und ja, auch Einwürfe können sehr gefährliche Standards sein, wenn man es genügend trainiert.

Immer bei großen Turnieren wie Welt- und Europameisterschaften schauen auch Menschen Fußball, die sonst maximal Zusammenfassungen in der Sportschau sehen. Mangels Erfahrung kommt es häufig vor, dass die Fußballzuschauanfänger diversen Irrtümern rund um den Sport mit dem runden Leder (auch wenn bekanntlich kein Leder mehr involviert ist) aufsitzen.

Hier ein paar Wahrheiten gestützt auf Jahrzehnte Erfahrung.

  • Die bessere Mannschaft gewinnt nur zu 60-80% das Spiel – Fußball zwischen qualitativ ähnlichen Mannschaften ist eine gesunde Mischung aus Glück und Zufall.
  • Experten können einen Spielausgang mit nur wenig höherer Wahrscheinlichkeit voraussagen als Laien.
  • Hinterher wissen es alle besser.
  • Zwei Halbzeiten können komplett gegensätzlich verlaufen.
  • Ein 2:0 ist noch lange keine Entscheidung, zumindest nicht wenn noch mehr als 20 Minuten zu spielen ist.
  • Wer mehr Verletzte zu beklagen hat, ist zwar tendenziell geschwächt, aber keineswegs chancenlos.
  • Ein Platzverweis ist nicht immer zum Nachteil der Mannschaft in Unterzahl.
  • Ein Elfmeterschießen ist zwar ein Glücksspiel, aber eher weniger als das Spiel selbst.
  • Die Qualität einer Mannschaft zeigt sich nur sehr langfristig (z.B. über mehrere Turniere hinweg), nicht aber notwendigerweise im einzelnen Spiel.
  • Wer auch immer die Reporterfloskel “er klärt zur Ecke” benutzt, unterschätzt gravierend die Gefährlichkeit eines Eckballs.
  • Der Wert der richtigen Trainerstrategie wird meist überschätzt, was man schon daran erkennt, dass vorher keiner die Wirksamkeit einer Strategie mit hoher Wahrscheinlichkeit richtig einordnen kann.
  • Während sich manche Fehlentscheidungen von Schiedsrichtern bei langen Wettbewerben wie der Bundesliga ab und zu ausgleichen, ist das in KO-Runden von Turnieren, besonders ohne Hin- und Rückspiel, keineswegs der Fall.
  • Form schlägt Klasse.

Am Ende gilt: wer keine Tore macht, kann das Spiel nicht gewinnen.

Eine meiner intensivsten Fußballschauerinnerungen meiner Kindheit ist das Halbfinale Deutschland-Frankreich bei der WM 1982 in Spanien. 1:1 nach regulärer Spielzeit, die Franzosen gingen 3:1 in der Verlängerung in Führung – alle Mitschauer gaben zu diesem Zeitpunkt das Spiel verloren, aber ich hatte kurz zuvor das Buch zur WM 1970 gelesen und wusste von den irren Verläufen von legendären Fußballspielen wie dem 3:2 gegen England im Viertelfinale und dem 3:4 gegen Italien, dass noch nix verloren war. OK, etwas kindliche Naivität gepaart mit Optimismus war schon dabei.

Und die deutsche Mannschaft schaffte noch das 3:3 unter anderem durch einen Fallrückzieher von Klaus Fischer. Ganz großes Kino. Dann Elfmeterschießen – Uli Stielike vergibt, aber Schumacher hält zwei der Franzosen, und Horst Hrubesch macht den entscheidenden Elfer rein.

Wegen all dieser historischen Begegnungen übrigens fand ich die Idee des “Golden Goal” in der Verlängerung immer komplett schwachsinnig.

Heute also Viertelfinale gegen Italien. Das Auf und Ab in den 11 Minuten des Elfmeterschießens war schlimmer als die letzten 3 Jahre Abstiegskampf des VfB. Aber eben mit dem guten Ausgang für “uns”. An den Italien-Fluch habe ich eh nie geglaubt, denn im Gegensatz zu vielen anderen habe ich lebhafte Erinnerungen an die Vorrunde der EM 1996, als Andi Köpke in seinem persönlichen Jahrhundertspiel alles hielt, was die Italiener aufs deutsche Tor schossen (inklusive einem Elfmeter), so das 0:0 sicherte und Italien damit ausgeschieden war.

Jetzt noch zwei Siege gegen Island und gegen Portugal, dann haben wir den Titel 🙂